David Hume – Gespräche über natürliche Religion

Allan Ramsey, David Hume (1711-1776)

 

 

 

David Hume, Gespräche über natürliche Religion.
192 Seiten, gebunden in Leinen, mit Leseband und einer Titelvignette von Karl Lagerfeld, L.S.D. Verlag 2016, 15,80 Euro.

 

 

David Hume gilt als einer der wichtigsten Philosophen des anglo-amerikanischen Raumes. Karl Lagerfeld bringt im L.S.D. Verlag dessen Gespräche über natürliche Religion neu heraus.


»Alle Philosophie der Welt und alle Religion, die nur eine besondere Art der Philosophie ist, wird niemals imstande sein, uns über den gewöhnlichen Lauf der Erfahrung hinauszuführen«, sagte David Hume (1711-1776). Diese Haltung wird in der Philosophie als Empirismus bezeichnet: Wir Menschen können noch so großartige Gedankengebäude konstruieren. Letztlich ist es ausschließlich die Sinneserfahrung, die der Mensch speichert und darauf aufbaut. Nur aus den gemachten Erfahrungen könne der Mensch Erkenntnis gewinnen.

 

In seinen posthum veröffentlichten Gespräche über natürliche Religion läßt der Empiriker drei Personen zwölf Gespräche führen. Dieser stilistische Trick dient allein der Klärung der Frage, ob die Existenz Gottes auch jenseits des Glaubens – durch vernunftgesteuertes Denken – zu beweisen ist.

 

Der Begriff ‚Natürliche Religion‘ bezeichnete in der Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts alles, was der Mensch als vernunftbegabtes Wesen über die Existenz und das Wesen Gottes durch Denken erkennen kann.

 

Humes‘ drei Gesprächspartner gehen alle davon aus, daß Gott existiert. Kleanthes vertritt die Position, die damals als Natürliche Religion bezeichnet worden ist. Er will sich Gott mit Rationalität und rationalen Schlußfolgerungen nähern – gestützt auf wissenschaftliche Welterkenntnis. Sein Gesprächspartner Demea dagegen vertritt eine theologische Orthodoxie. Für ihn bleibt Gottes Selbstoffenbarung schlicht ein Mysterium. Gottes Natur wird für uns Menschen immer unerforschlich sein. Philo schließlich ist der Skeptiker, der jeglichen Offenbarungsglauben ebenso ablehnt wie jede Form von philosophischer Theologie.

 

Dennoch baut Hume in seine Dialoge noch überraschende Wendungen ein. Im zwölften Gespräch betont Philo auf einmal, daß er ein religiöser Mensch sei und wie Seneca argumentiert: Gott zu kennen, heißt ihn zu verehren….

 

Genug Stoff, um heute über Religion und die Art und Weise wie sie vertreten wird, nachzudenken. Das 21. Jahrhundert scheint zu seinem Beginn die Talsohle des Nihilismus noch nicht durchschritten zu haben.

 

Im instruktiven Nachwort erläutert Jens Kulenkampff, Professor emeritus in Erlangen-Nürnberg, Hintergründe, Zusammenhänge und nicht zuletzt die Wirkungsgeschichte von Humes berühmten Text.

 

www.steidl.de

 

 

 

 


Ernst Jünger – Krieg als inneres Erlebnis

Ernst Jünger (1895-1998)
Photo von 1921 aus der 3. Auflage von In Stahlgewittern

 

 

Ernst Jünger, Krieg als inneres Erlebnis
Schriften zum Ersten Weltkrieg.
Gebunden, im Schuber, 693 Seiten, Klett-Cotta 2016, 39,95 Euro (D.)

 

 

Ernst Jüngers Kriegsbuch In Stahlgewittern gilt als eine der bedeutendsten Schilderungen der Frontgreuel des Ersten Weltkriegs. Nun erscheinen Jüngers Komplementärschriften in einem einzigen Band mit umfangreichen Anmerkungen.

 


»Dieser Krieg wird uns verinnerlichen«, schrieb Jünger in den 1920 erschienenen Stahlgewittern. »Auch er ist Werkzeug zu letzten Zielen. Wir stehen an einer Weltenwende, vielleicht der ungeheuersten, die je hereinbrach. Wenn ich im Unterstande Hefte der jüngsten Kunst durchblättere, finde ich vieles, das auch mich bewegt. Noch ist es ein Stammeln, wenigen verständlich und doch ein fernes Wetterleuchten. Das ist auch so ein Rätsel, daß sich zuzeiten über die Welt, über viele zugleich ein Geist ergießt, von dem niemand weiß, woher er kommt«, versucht der Frontoffizier seiner existentiellen Erfahrung Sinn abzugewinnen.

 

 

Dies schrieb er in seinem zweiten Buch Der Kampf als inneres Erlebnis.  Es machte zwei Jahre nach Erscheinen der Stahlgewitter den Anfang einer Reihe von Büchern, in denen Jünger sich nach der stilisierten Beschreibung des Schlacht-Wahnsinns bemühte, dieses gegenseitige Massenmorden mit Sinn und Bedeutung aufzuladen. Dazu gehören auch die Bücher Das Wäldchen 125 (1925) und Feuer und Blut (1925).

 

 

Während die Stahlgewitter noch den Kriegsverlauf aus Jüngers Sicht chronologisch schildern, sind die folgenden Bücher Versuche einer Generalisierung seiner Fronterfahrung. Jüngers Motiv ist eine Sinndeutung seines Kriegserlebnisses. Seine beiden Lehrmeister sind der Philosoph der griechischen Antike, Heraklit, nach dem der Krieg der Vater aller Dinge ist. Und auch Friedrich Nietzsche entlehnt der junge Autor wichtige Thesen, so die, daß dem neuen Menschen eine umfassende Barbarei vorausgehen müsse, die reinen Tisch macht.

 

 

Die Neuausgabe dieser drei Schriften Jüngers editiert diese in ihrer jeweiligen ersten Fassung. Passagen, die der Autor später strich, sind in hellerer Schrift gesetzt. Dies ist zum Verständnis des Autors und seiner Revisionen an den Texten sehr nützlich, kann der Leser sich nun selbst ein Bild davon machen, wie Jünger seine Bücher Veränderungen unterzog. Die Revisionen betreffen vor allem die Jahre 1926 und 1935. Hier hat Jünger viele nationalistische Stellen getilgt, weil er den neuen Machthabern nicht in die Hände spielen wollte.

 

 

Seine Abwendung vom primär politischen Autoren hin zum philosophischen, der sich von den Künsten inspirieren läßt, machte Jünger deutlich mit der ersten Fassung von Das abenteuerliche Herz. Es erschien 1929 und wendete die traumatische Kriegserfahrung hin zum Surrealismus: »Man muß die Messer des Schmerzes am eigenen Leibe fühlen, wenn man mit ihnen sicher und kaltblütig operieren will«, konzedierte er nun.

 

 

Der 700 Seiten starke Band schließt nun die Neuausgabe der Bücher Ernst Jüngers zum Ersten Weltkrieg durch Klett-Cotta ab. Den Anfang machte 2010 das Kriegstagebuch 1914-1918, Jüngers Original-Aufzeichnungen in den Kladden, die er im Schützengraben führte und die dann die Grundlage der Stahlgewitter bilden sollten. Wie groß das allgemeine Interesse an Autor und Texten nach wie vor ist, zeigt, daß das Kriegstagebuch mittlerweile in der fünften Auflage vorliegt. 2013 erschein die Historisch-kritische Ausgabe der Stahlgewitter, die wegen ihrer Gegenüberstellung der verschiedenen Textvarianten als literarische Sensation gefeiert worden ist. Nun legt Helmuth Kiesel, der bei allen Bänden als Herausgeber fungiert Krieg als inneres Erlebnis vor.

 

 

Abgerundet wird das schwere Buch durch mehrere kurze Texte, in denen Ernst Jünger im Laufe seines langen Lebens zum Ersten Weltkrieg Stellung bezog. Erwähnenswert vor allem seine Ansprache zu Verdun am 24. Juni 1979, in der er sein persönliches Fazit zog: »Die Zeit der Feindschaft zwischen unseren beiden Völkern, einer Feindschaft, zu der wir von früh auf erzogen wurden, ist vorbei. Ich habe sie nie akzeptiert.«

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2016






David Drebin – Dreamscapes

David Drebin, Central Park, 2006
© 2016 David Drebin. All rights reserved. www.daviddrebin.com

 

 

 

David Drebin, Dreamscapes
200 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, 93 Farbphotographien, teNeues 2016, 49,90 Euro.

 

 

David Drebin macht Photos, die Geschichten erzählen. Sein neues Photobuch Dreamscapes  präsentiert Landschafts- und Städte-Photos von enigmatischer Schönheit.


Der Blick auf den Eiffelturm aus dem Hotelzimmer; die Balkontür steht einen Spalt weit offen und gibt die Sicht frei auf das Pariser Wahrzeichen, dessen Spitze im wolkenverhangenen Himmel verschwindet.

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Ydessa Hendeles – From Her Wooden Sleep…

© Ydessa Hendeles, From Herr Wooden Sleep
Photo: Robert Keziere

 

 

Ydessa Hendeles, From Her Wooden Sleep…
496 Seiten mit 312 Abbildungen, mit beiliegender CD, Leinen, Hatje Cantz Verlag 2016, 75,- Euro (D.)

 

 

Die kanadische Künstlerin Ydessa Hendeles gestaltete im vergangenen Jahr eine außergewöhnliche Installation mit 150 Manikins. Ein opulentes Photobuch präsentiert nun auf beinahe 500 Seiten dieses berührende Kunstwerk: From Her Wooden Sleep…


150 Manikins sitzen wie in einer Schulklasse auf Holzbänken. Sie alle schauen nach vorne. Dort, wo ein lebensgroßer Manikin auf einem Podest steht. Sie alle sind aus Holz. In dem großen Raum befinden sich verschiedene Schaukästen und Vitrinen – in demselben dunklen Holz wie die Figuren. An der einen Wand hängen verzerrende Spiegel. Auch die Manikins, die auf Bänken an der Seite sitzen, richten ihren Blick nach vorn, zum Manikin auf dem Podest.

 

Es ist eine zutiefst berührende und dabei zugleich verstörende Veranstaltung, die die kanadische Künstlerin Ydessa Hendeles 2015 im Londoner Institut of Contemporary Arts (ICA) geschaffen hatte. Der Betrachter verliert den Glauben, dass es sich hier nur um hölzerne Figuren ohne Seele handelt. Darüber hinaus schafft der Raum mit der Anordnung der unterschiedlich großen Manikins eigene, ungewohnte Beziehungen. Irgendwie scheinen sie zusammen zu gehören. Dabei stammen die Holzfiguren mit beweglichen Gliedmaßen aus einem Zeitraum zwischen 1520 und 1930. Manikins dienen wissenschaftlichen Zwecken, häufig Anatomie-Studien in der Medizin. Heute werden Kunststoff-Manikins vor allem in der Automobil-Industrie eingesetzt, um die Sicherheit der Fahrzeuge bei Unfällen zu testen.

 

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Cora Pongracz – Das fotografische Werk

© Cora Pongracz, Thoedor W. Adorno, um 1966

Cora Pongracz, Das fotografische Werk.
Herausgegeben von der Fotosammlung OstLicht, 200 Seiten mit 348 Abbildungen, broschiert, Schlebrügge Editor, Wien 2016, 32 Euro (A.).

Die Photographin Cora Pongracz suchte während ihrer gesamten Schaffenszeit, die Grenzen der Photographie auszuloten. Die Sicherung und Aufarbeitung ihres Nachlasses durch die Fotosammlung OstLicht in Wien ermöglichte nun das Buch Cora Pongracz – Das fotografische Werk, in dem erstmals sämtliche Abschnitte ihres Wirkens dargestellt werden.

 

Cora Pongracz (1943-2003) traute dem Medium Photographie nicht: Die österreichische Künstlerin sah stets die Gefahr, dass das eine Photo, das eine Portrait für die einzige Wahrheit über diesen Menschen gehalten werden könnte. »Fotografie ist für mich weder Kunst noch Kunstgewerbe«, formulierte sie ihren eigenen Anspruch. »Fotografie ist eine Angelegenheit der Branche, die Auffassung einer Tätigkeit, ihr Ergebnis. Gute oder schlechte Fotografie – beides kann als Kompliment aufgefasst werden. Es anzunehmen, bleibt mir überlassen.«

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Marc Augé – Das Pariser Bistro

Eine echte Liebeserklärung: Marc Augés schönes Büchlein über das Französische Bistro
© Matthes & Seitz Berlin 2016

 

 

 

Marc Augé, Das Pariser Bistro. Eine Liebeserklärung.
Matthes & Seitz Berlin Verlag 2016, 118 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 15 Euro (D.).

 

 

Das Pariser Bistro. Gibt es ein stärkeres Emblem für die französische Lebensart? Marc Augé widmet dem Bistro ein literarisches Denkmal.



Das Pariser Bistro. Zugleich Treffpunkt und Anlaufstelle. Ein Ort, an dem man auf dem Nachhauseweg mal kurz halt macht, – wo man aber noch nicht zuhause ist. Oder doch? Oder von dem der Pariser seinen Tag beginnt. Eine Art von Zwischenraum zwischen zuhause und der Welt. Das Bistro ist zugleich ein öffentlicher Ort wie ein erweitertes Wohnzimmer. Marc Augé schenkt dieser französischen Kulturinstitution mit seinem Büchlein Das Pariser Bistro – Eine Liebeserklärung einen individuellen Dank, der Allgemeingültigkeit besitzt.

 

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Franz von Stuck in Wien – Sünde und Secession

Franz von Stuck, Die Sünde, um 1893
Sammlung Galerie Katharina Büttiker, Zürich
Photo: © Galerie Katharina Büttiker, Zürich

 

 

 

Sünde und Secession – Franz von Stuck in Wien
Ausstellung bis 9. Oktober 2016
Unteres Belvedere,  Wien.

Katalog im Hirmer Verlag, 304 Seiten mit 250 Farbabbildungen, gebunden, 45 Euro (D.).

 

 

Das Wiener Belvedere präsentiert das grafische, malerische und plastische Werk des Malerfürsten sowie die als Vorlage verwendete Photographie unter dem besonderen Fokus seiner Beziehung zur Stadt Wien.


Franz von Stücks Bild Die Sünde half dem talentierten Maler (1863-1928) berühmt zu werden: Auf Ausstellungen regelmäßig vom Publikum neugierig umlagert, wurde es von der Presse und damals konservativen Kunstkritik angeprangert. Dies konnte nicht verwundern, stellte Stuck doch als ‚Sünde‘ betitelt eine halbentblößte erotische Frau dar, die in einem starken Lichtkontrast die Inkarnation der Verführung und damit die Femme fatale zum Ende des 19. Jahrhunderts war.

 

 

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Isa Marcelli – Le laboratoire des rêves

© Isa Marcelli: Jardin 2014
Courtesy Johanna Breede Photokunst

 

 

Die französische Photographin Isa Marcelli schafft Bilder, die jedes für sich märchenhaften Erzählungen gleichen. Sie sind still, leise – und nur in Schwarz-Weiß. Da steht ein alter Stuhl einsam inmitten eines verwunschenen Gartens. Wer hat wohl schon auf ihm gesessen? Urgroßvater und Enkel? Welch rauschende Feste mag er erlebt haben?

 

Die in einem Dorf bei Paris lebende Künstlerin arbeitet ausschließlich mit (alter) Analog-Technik. Ihre Werke sind das genaue Gegenteil von Digital-Photos, bei denen mehr Zeit bei der Nachbearbeitung am Coputer aufgewendet wird als bei der Aufnahme.

 

Die feine Galerie Johanna Breede Photokunst in der Berliner Fasanenstraße zeigt nun erstmals eine Auswahl aus dem Werk der Autodidaktin.

 

 

Ausstellung bis 16. September 2016
Johanna Breede PHOTOKUNST
Fasanenstraße 69, 10719 Berlin
T +49 (0)30-889 13 590
kunsthandel@breede.de
www.johanna-breede.com
www.facebook.com/Johanna-Breede
Di-Fr 11-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr


Johanna Breede PHOTOKUNST

 

Am I Dandy? – Der Katalog

Der Katalog zur Ausstellung
© Hentrich & Hentrich 2016

 

 

 

Am I Dandy? Anleitung zum extravaganten Leben.
Katalog zur Ausstellung.
184 Seiten mit 54 Abbildungen, Broschur, Hentrich & Hentrich 2016, 19,90 Euro.

 

 

Am I Dandy? fragt eine kleine Ausstellung im Schwulen Museum in Berlin und versucht mit etwa 100 Ausstellungsstücken die Besucher zu animieren, sich dieser Sozialfigur zu nähern. Verstehen kann der Interessierte Dandys wie Oscar Wilde oder Beau Brummell jedoch erst mithilfe des begleitenden Katalogbuches.


Die Ausstellung in Berlin-Schöneberg ist gegliedert in die nach Auffassung der Kuratoren wesentlichen Lebensräume des Dandys: Straße, Ankleidezimmer, Club und Laufsteg. Diese Gliederung ist fraglich. Der Dandy will zwar bewundert werden und legt äußersten Wert auf sein Äußeres. Das Geistige, das der Entscheidung zum Dandydasein zugrunde liegt, wird in den Räumen nicht angedeutet.

 

Wer sich nach dem Besuch der Schau für das Dandytum interessiert, sollte sich unbedingt den Katalog kaufen. In Form eines kleinen Handbuches werden hier für den Dandy essenzielle Begriffe erläutert. Die Kuratoren, die auch die Autoren sind, erweitern nun die Orte des Dandys und gehen stärker in die Tiefe. Aura, Dilettantismus, Kälte und Müßiggang sind einige der Begriffe, die umrundet werden. Gelungen ist die Einbettung von wichtigen Zitaten aus Geschichte und Forschung zum dandysme. Hier erfährt der Leser, wie der heute als Ur-Dandy angesehene George ‚Beau‘ Brummell erst durch die Literatur zu dem gemacht worden war, was man heute in ihm sieht. Ohne die berühmte Schrift von Barbey d’Aurevilly, die in einer kongenialen Neuübersetzung vorliegt, hätte Brummell post mortem seinen Siegeszug über England hinaus kaum angetreten.

 

Schön ist auch die Gestaltung des Katalogs: In der Dandyfarbe Königsblau gehalten mit goldgeprägter Schrift führt das Buch auch ästhetisch passend ins Thema ein. Witzig die Idee, ein Stück in Form einer Krawatte aus dem Deckel auszuschneiden und als Lesezeichen ins Buch einzulegen.

 

Weiter gefällt an dem Paperback, dass man sich die Mühe gemacht hat, ein Namensregister anzufügen. Es ist äußerst hilfreich, will man in den Stoff tiefer eindringen und später etwas nachschlagen. Dazu dient auch die umfassende Literaturliste. Schmerzlich allerdings ist das Fehlen einiger weniger, aber für die Theorie des Dandytums bedeutender Werke, wie die erste große Brummell-Biographie von William Jesse von 1844. Die meisten späteren Biographien basieren auf diesem zweibändigen Werk. Dass die Kuratoren sich für das geistige Fundament des Dandys weniger interessierten als für sein Äußeres wird deutlich durch das Fehlen von Albert Camus‘ Der Mensch in der Revolte. In dem 1951 erschienenen Essay widmet Camus einige Seiten dem Dandy: »Der Dandy erschafft sich seine eigene Einheit mit ästhetischen Mitteln.« Auch der kurze Text von Virginia Woolf über Brummell gehörte in die Literaturliste. Ursprünglich als Radiosendung der BBC 1929 ausgestrahlt und erst danach in gedruckter Form veröffentlicht, bringt die Schriftstellerin zwar wenig Neues. Ihre Beschreibung des Ur-Dandys hatte aber großen Einfluss auf das Brummell-Bild der folgenden Jahre.





Anderson & Low – Spectre

Anderson & Low, Palazzo, Rome
© Anderson & Low All Rights Reserved. Photo aus dem Buch.

 

 

Anderson & Low, On the Set of James Bond’s Spectre.
64 Seiten mit 37 Abbildungen auf 170 g LuxoArt Samt. Englisch. Hatje Cantz Verlag 2016, 38 Euro (D).

Ausstellung Welcome to the World of Anderson & Low
noch bis 27. August 2016
CWC Gallery, Auguststraße 11-13, 10117 Berlin.

 

 

Das britische Künstlerduo Anderson & Low hat animiert durch den aktuellen James Bond-Film Spectre eine kongeniale Photo-Serie geschaffen. Sie dokumentiert die atemberaubenden Film-Kulissen der Pinewood Studios und damit zugleich die technisch hochgerüstete Welt der Traum-Schmiede.


Doch durch die frontale Kollision der phantastischen Szenarien mit den völlig schmucklosen Studiowänden entsteht eine eigene Photo-Gattung: Die Traumwelt von James Bond ist auf einmal eingebettet in ihre moderne Studio-Technik, die sie tatsächlich erst möglich macht.

 

So ist der Betrachter der höchst artifiziellen Aufnahmen plötzlich konfrontiert mit der Kollision von Phantasie und Wirklichkeit. Die Photos sind jeweils für sich enigmatische Kompositionen, die die märchenhaften Tableaux in ihrem Panoramablick und gleichzeitig ihrer Detailfülle festhalten.

 

Das Photo-Buch im Hatje Cantz-Verlag präsentiert im Querformat auf 64 Seiten 37 der großformatigen Aufnahmen, die jeden James Bond-Fan begeistern dürften. Wer den letzten Bond-Film Spectre gesehen hat,  kann hier noch einmal so manche Szene nachempfinden und den cineastischen Tricksereien ein wenig auf die Spur kommen. So wird der außergewöhnliche Band auch zu einem Photobuch, das jede Sammlung bereichert.

 

Die Photographien sind in der Ausstellung Welcome to the World of Anderson & Low in der CWC Gallery in Berlin-Mitte zu sehen.

 

Seit 1990 arbeiten Jonathan Anderson und Edwin Low als Künstlerduo Anderson & Low zusammen. Ihr photographisches Schaffen umfaßt die Sujets Portrait, Architektur, Abstraktion, Reportage und Landschaft, wovon die CWC Gallery mit etwa 100 Werken einen Querschnitt zeigt.