Steven Klein

© Steven Klein, Case Study #13
Image 32, 2005

 

 

Ab heute, 7. Juli 2012,  präsentiert die CWC Gallery in der Berliner Auguststraße eine Ausstellung von Steven Klein. Der New Yorker gilt als einer der bedeutendsten Modephotographen. Die Schau in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule zeigt einen Querschnitt durch das Werk des 1965 Geborenen, das verbunden ist durch die cineastische Bildsprache, die häufig als provozierend wahrgenommen wird.

Bedeutende Stars lassen sich von Steven Klein photographieren, wissend, dass der Photokünstler eine bestimmte Facette von ihnen prononciert zu portraitieren weiß: Britney Spears, David Beckham und kürzlich Kate Moss und Lady Gaga. Die Ausstellung, die noch bis zum 8. September 2012 geht, zeigt auch Bilder aus der Serie Valley of the Dolls mit dem Modedesigner und Filmregisseur Tom Ford: Eine heftige künstlerische Abrechnung mit dem heutigen Schönheitsideal, das Menschen immer stärker wie Puppen aussehen lässt. Die Models in den Photographien sind komplett rasierte Männer und Frauen mit künstlichen Brüsten und Lippen.

 

 

 

© Steven Klein, Case Study #13
Image 18, 2005

 

 

© Steven Klein, Kate Moss, 2011

 

 

CWC GALLERY

Ehemalige Jüdische Mädchenschule Berlin
Auguststraße 11–13
10117 Berlin

7. Juli – 8. September 2012
Öffnungszeiten: dienstags – samstags  11–19 Uhr.

Jean Cocteau – Birthday




Der DANDY-CLUB erinnert am Geburtstag von Jean Cocteau (1889-1963) an den französischen Ausnahme-Künstler mit einer Dokumentation von arte.

Marcel Duchamp – Le mystère de Munich

Rudolf Herz, Marcel Duchamp – Le mystère de Munich vor der Alten Pinakothek München, 2012, Aufbau
© Horst Moser

 

 

Marcel Duchamp – Le mystère de Munich
22.06.2012 – 30.09.2012
Vor der Alten Pinakothek

Künstlerbuch zur Ausstellung:
Rudolf Herz, Marcel Duchamp – Le mystère de Munich, Moser Verlag, München 2012, 332 Seiten, Fadenheftung, Euro 59.

 

Marcel Duchamp (1887-1968) gilt heute nicht nur als einer der wichtigsten Avantgarde-Künstler des 20. Jahrhunderts, sondern gar als einer der bedeutendsten Erneuerer der Kunst im vergangenen Jahrhundert überhaupt.

Dazu beigetragen hat Duchamps Selbst-Stilisierung, zu der auch gehörte, über die eigene Biographie keine Angaben zu machen und die Biographen auf falsche Fährten zu schicken. Duchamp war davon überzeugt, weder Metaphysik noch Religion oder Philosophie könnten eindeutige Antworten geben. So könne auch die Kunst keine eindeutigen Aussagen treffen, weil erst der Betrachter das Kunstwerk durch seine Interpretation »mache«, also vollende.

Duchamps München-Aufenthalt vor genau 100 Jahren wird in der Kunstwissenschaft eine große Bedeutung beigemessen, hat doch der später berühmt Gewordene danach dem Kubismus abgeschworen und seine Haltung zur Kunst geändert. Er hatte fortan einen generelleren Ansatz und war der Meinung, es genüge nicht, wenn die Kunst in der klassischen Tradition etwas abbilde. Aus seinem mehrmonatigen Aufenthalt in München von Ende Juni bis Anfang Oktober 1912 machte Duchamp stets ein Geheimnis, bis er 1964 bei einem Vortrag vom »Schauplatz meiner endgültigen Befreiung« sprach.

 

 

Barer Straße um 1910, rechts im Vordergrund Haus Nr. 65, Wohnung Marcel Duchamps in München 1912
© Stadtarchiv München

 

 

 

Nun widmet sich neben der Ausstellung Marcel Duchamp in München im Lenbachhaus (noch bis 15. Juli 2012) eine zweite Veranstaltungsreihe diesem Aufenthalt, der die moderne Kunst nachhaltig beeinflussen sollte. In aufwendiger Recherche und Rekonstruktion hat Rudolf Herz, der sich seit Jahren mit Kunst im öffentlichen Raum beschäftigt, versucht Näheres zu Duchamps Münchner Zeit zu rekonstruieren. Als eines der Ergebnisse präsentiert er eine Nachgestaltung der Wohnung, in der Duchamp in München lebte im Maßstab 1:1.  Das temporäre Denkmal ist um 90 Grad gekippt, sodass der Grundriss von der Seite einsehbar wird. Es ist ganze 17 Meter lang und 7 Meter hoch und steht auf der Südwiese der Alten Pinakothek. Nicht weit entfernt von hier, 25 Hausnummern weiter, in der Barer Straße 65, befand sich die ungünstig geschnittene Wohnung in einem Haus, das im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. Sie war gemietet von einem jungen Ehepaar, einem Ingenieur und einer Schneiderin. Heute wird angenommen, dass die Beiden ihren zeitweiligen Untermieter nachhaltig beeinflussten, beschäftigte sich dieser doch fortan verstärkt mit Mechanik und Technik und ihren Bezügen zur menschlichen Wahrnehmung.

Die originalgetreue Skulptur soll Duchamp in das kulturelle Gedächtnis der Stadt München integrieren. »Marcel Duchamp. Le Mystère des Munich« steht noch bis zum 30. September 2012 und wird begleitet durch ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm.

Ein Highlight des ambitionierten Projektes ist das begleitende Künstlerbuch, dessen Titulierung als Katalog eine gelinde Untertreibung wäre: Auf über 300 Seiten präsentieren Rudolf Herz und der Moser Verlag nicht nur die Skulptur, sondern darüber hinaus Dutzende von Zeitzeugnissen, wie Werke von Duchamps Freunden aus der Zeit, Ansichten von München, dem Wohnhaus in der Barer Straße, süffisanten Photos aus dem Atelier des Freundes Max Bergmann und vieles andere. Rudolf Herz beschreibt detailliert den Forschungsstand zu Duchamps Werdegang und wie ihm viele sympathisierende Biographen auf den Leim gingen. Ein E-Mail-Gespräch mit Andreas Wutz bringt Hintergrund und Motivation von Spurensuche und Wohnungs-Skulptur näher.

Das bibliophile Buch weiß allein aufgrund seiner Materialfülle und Gestaltung zu gefallen und ergänzt die Sekundär-Literatur zu Duchamp prononciert, – ohne sich auf Fachkreise zu beschränken. Der Handbuch-ähnliche Bildband ist für alle, die sich für die Entwicklung der modernen Kunst interessieren, ein Ereignis.


Marcel Duchamp – Le mystère de Munich. Pinakothek der Moderne München



Irving Penn – Cigarettes

Irving Penn, Cigarette 37, New York, 1972
Four platinum/palladium prints
© Irving Penn Foundation

 

 

 

Als der Photograph Irving Penn im Oktober 2009 gestorben war, schrieb Klaus Honnef in seinem berührenden Nachruf, es sei »der einzige Klassiker unter den noch lebenden Fotografen in Manhattan gestorben«.

Irving Penn schuf über 160 Titel-Photos  für Vogue. Er galt bereits zu Lebzeiten als Klassiker.  1984 huldigte ihm das MoMA mit einer glanzvollen Retrospektive. Nun zeigt die Londoner Galerie Hamilton’s seine berühmte Zigaretten-Serie zum ersten Mal vollständig. Ab den 1930er Jahren beschäftigte sich Penn mit Gegenständen des Alltags und sublimierte sie in bisher ungesehene photographische Stilleben. Penns Zigaretten-Serie geht konsequent noch weiter:  Zigaretten-Stummel, die er auf der Straße findet, werden in seinen Photographien in minimalistische Kompositionen transzendiert. Achtlos weggeworfener Mini-Abfall entfaltet Wirkung als elegante Umwandlung in post-moderne Kunst-Praxis.

 

Irving Penn – Cigarettes

21st June – 17th August 2012

Hamiltons Gallery 13 Carlos Place, London W1K 2EU
Tel: +44 (0)20 74999493
Fax: +44 (0)20 76299919
www.hamiltonsgallery.com
Tues – Fri, 10am – 6pm, Sat 11am – 4pm

Diane Arbus im Martin-Gropius-Bau

Diane Arbus, Junger Mann mit Lockenwicklern zu Hause in der West 20th Street, N.Y.C. 1966
© The Estate of Diane Arbus

 

 

Der Berliner Martin-Gropius-Bau präsentiert noch bis zum 23. September 2012 eine große Retrospektive der New Yorker Photographin Diane Arbus (1923-1971). Diane Arbus hat die Photographie verändert durch die Wahl ihrer Sujets ebenso wie durch die kühle Formensprache der Dokumentation ohne Effekthascherei. Schockiert hat der junge Mann mit Lockenwicklern und langen Fingernägeln, den sie 1966 photographierte. Doch auch der US-amerikanische Alltag bot der Photokünstlerin stets genug Motive die allein durch ihre kommentarlose Dokumentation ihre Skurrilität preisgeben.

Die meisten ihrer Sujets fand Arbus in New York – einer Stadt, ihrer Stadt, die sie sowohl wie etwas Vertrautes als auch wie ein fremdes Land erkundet. Für sie ist die Photographie insbesondere in den 1960er und 70er Jahren ein Medium, das sich mit Common Sense und Veröffentlichter Meinung anlegen soll. Sie photographiert Mittelklassefamilien in ihrer behäbigen Spießigkeit ebenso wie Nudisten, die ihre errungene Freiheit stolz zur Schau tragen. Ihr Œuvre ist eine zeitgenössische Anthropologie, ein Zirkus der Selbstdarstellungen und Eitelkeiten, der dabei Beziehungen erkundet zwischen Schein und Sein, Einbildung und Glauben, Spiel und Realität ohne dabei anzüglich zu werden.

In dieser ersten großen Retrospektive in Deutschland zeigt der Martin-Gropius-Bau eine Auswahl von 200 Photographien, die es ermöglichen, die eigene Dokumentar-Sprache einer bedeutenden Photographin des 20. Jahrhunderts kennenzulernen.

 

 

Diane Arbus, Junge mit Strohhut, der darauf wartet, in einer Pro-Kriegsparade mitzumarschieren, N.Y.C. 1967
© The Estate of Diane Arbus

 

 

Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstr. 7, 10963 Berlin
Tel +49 (0)30 254 86-0
www.gropiusbau.de
Öffnungszeiten: Mi-Mo 10 -19 Uhr, Di geschlossen

 

 

 


Walther Rathenau in memoriam

Walther Rathenau (1867-1922)

 

 

 

Heute vor 90 Jahren wurde der AEG-Chef, Politiker, Schriftsteller und Dandy Walter Rathenau ermordet. Der DANDY-CLUB würdigt den Mann, der seiner Zeit voraus war.

Der 1867 geborene Rathenau entstammte einer Bankiers- und Industriellenfamilie.  1899 vom Vater ins Direktorium der AEG berufen, wurde der 32jährige zum Initiator einer neuen Phase der Industrialisierung in Deutschland, indem er Banken und Wirtschaft wesentlich enger miteinander verknüpfte. 1914 wurde Rathenau die Rohstoffversorgung für den Krieg überantwortet. Die damals wichtigste Schlüsselposition traute man einem Macher zu, der seine strategischen Fähigkeiten bereits unter Beweis gestellt hatte. Innerhalb kürzester Zeit schuf er als Minister eine Behörde, die die gesamte deutsche Industrie der Kriegswirtschaft unterwarf.

Heute kaum noch bekannt ist, daß Rathenau einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit war. Über viele Jahre stehen bei seinen Veröffentlichungen nicht etwa technische oder naturwissenschaftliche Themen im Mittelpunkt. Vielmehr galt Rathenaus Hauptaugenmerk kultur- und sozialphilosophischen Fragen. Er beschäftigte sich außerdem intensiv mit Literatur und Kunsttheorie. Rückblickend schrieb er selbst über den von ihm eingeschlagenen Weg: „Berufswahl: Schwanken zwischen Malerei, Literatur und Naturwissenschaft. Entscheidung für Physik, Mathematik und Chemie als Grundlage neuzeitlicher Technik und Wissenschaft.“ Bereits als junger Student hatte er ein Drama verfasst. Kurz vor seinem Einstieg in die Politik verriet er einem Freund: „Ich kaufe mir eine Klitsche und treibe Philosophie. Mein Plan steht ganz fest. Ich habe das fest beschlossen. Vielleicht in Mecklenburg.“ Letztlich durchringen konnte er sich dazu nicht. Seit dem Krieg veröffentlichte Rathenau eine Reihe von Schriften über seine Vorstellungen eines künftigen Wirtschaftssystems für Deutschland. In den Büchern Von kommenden Dingen (1915) und Die neue Wirtschaft (1917) versuchte der Grundlagendenker einen dritten Weg zu finden zwischen zügellosem Kapitalismus und gleichmachendem Sozialismus. Er hielt die Kritik der Arbeiterschaft an dem damaligen Wirtschafts- und Sozialsystem für gerechtfertigt. So galt Rathenau in der Weimarer Republik als Antipode zu Stinnes, dem ein Wirtschaftssystem nach US-amerikanischem Vorbild vorschwebte.

Und Rathenau blieb bei seiner Wahrnehmung nicht auf ökonomischer Ebene stehen. Er spürte die seelische Verarmung, die daraus entstand, daß die Masse in die Großstädte getrieben wurde. Weit über das Ökonomische hinaus war Rathenaus Bestreben eine ganzheitliche Wirklichkeitssicht, in der Intuition, Individualität und Seele im Zentrum standen. Der Zeitkritiker sah „die tiefste Sehnsucht unserer Zeit, die ihren Sinn sucht. Unbewußt fühlt sie sich angewidert vom Denken, vom mechanistischen Denken; sie hat alles schon einmal gehabt und durchgrübelt, jedes Gefühl sondiert und abgeleitet. Sie weiß, wie alle diese Rätsellösungen schmecken und wie lange sie vorhalten. Sie sehnt sich nach einem jenseits des Beweisbaren stehenden Sinn, und schrickt davor zurück, weil er ihr willkürlich scheint; und er ist willkürlich, weil er nicht in ihrer Seele liegt.“[i] Rathenau resümiert, die Zeit werde ihre Seele finden, „freilich gegen den Willen der Mechanisierung“. Der philosophierende frühere Wirtschaftslenker und jetzige Staatsmann war guter Hoffnung, daß die Menschen „unter dem Druck und Drang der Mechanisierung, der Unfreiheit, des fruchtlosen Kampfes, die Hemmnisse zur Seite schleudern“ werden.

Ein Dreivierteljahr vor seinem Tod sagte er in einer Rede prophetisch voraus: „Die Wirtschaft ist das Schicksal. Schon in wenigen Jahren wird die Welt erkennen, daß die Politik nicht das Letzte entscheidet.“ Rathenau war erst mit vierzig Jahren in die Politik eingestiegen, für die Nationalliberalen. Auch hier war er kein Opportunist, der vorrangig an seine Karriere dachte. Nachdem er 1907 und 1908 an zwei ausgiebigen Reisen in die deutschen Kolonien in Afrika teilgenommen hatte, sparte er in seinem Berichten nicht an Kritik. Nach verschiedenen Stationen wurde Rathenau zuerst Wiederaufbauminister und 1922 Außenminister.

Der Wirtschaftslenker und Staatsmann war gleichzeitig ein brillanter Redner und ein unaufdringlicher Gesellschafter. Damit war es ihm schnell gelungen, in der kaiserlichen Hofgesellschaft Berlins zu reüssieren. Er selbst fühlte sich vor allem in den literarisch-künstlerischen Kreisen zu Haus. Hier freundete er sich an mit Maximilian Harden, Hugo von Hofmannsthal, Richard Dehmel, Max Reinhard und anderen. Freilich wurde ihm der Zugang zu diesen Zirkeln durch seinen berühmten Großonkel, Max Liebermann, erleichtert. Rathenaus Villa im Berliner Grunewald entstand nach eigenen architektonischen Entwürfen. Hier empfing er seinen Freund Gerhard Hauptmann und wohnte in der Nachbarschaft von einer Reihe deutsch-jüdischer Intellektueller und Künstler. Zu ihnen gehörten nicht nur die Gebrüder Fischer, die Begründer des gleichnamigen Verlags. Viele von ihnen emigrierten in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Mit dem Jahr 1933 wurde diese wesentliche Säule der deutschen Kulturgeschichte abrupt weggerissen. Rathenau sammelte Bilder und ließ sich mehrmals von dem damals noch nicht bekannten Norweger Edvard Munch porträtieren. Neben seinen bereits erwähnten politischen und sozialen Studien und Polemiken schrieb er geschichtsphilosophische Deutungsversuche, moralgeschichtliche und Erwägungen und solche zur Ästhetik. So repräsentierte Rathenau eine deutsche Führungselite, die es heute nicht mehr gibt.

Am 24. Juni 1922 wurde Rathenau in Berlin-Wilmersdorf von der rechtsterroristischen „Organisation Consul“ auf der Straße ermordet.


Ralph Gibson

© Ralph Gibson, Umbrella and Car, 1954

 

 

 

Die Berliner Photo-Galerie Camera Work zeigt noch bis zum 4. August 2012 eine Einzelausstellung des US-amerikanischen Photographen Ralph Gibson. Über 60 Arbeiten geben einen repräsentativen Einblick  in das Gesamtwerk eines der bedeutendsten Photographen der New Yorker Szene. Insbesondere seine grenzüberschreitende Darstellung künstlerischer Stilrichtungen im Medium der Photographie haben Ralph Gibson bekannt gemacht.

Die Ausstellung am Bahnhof Zoo umspannt das Schaffenswerk von Ralph Gibson aus über vier Jahrzehnten – von mystisch-surrealen Werken aus der Serie The Somnambulist bis hin zu neuen Aktphotographien der jüngsten Vergangenheit.

 

 

© Ralph Gibson, Leda, 1974

 

 

 

© Ralph Gibson, Untitled, 1991

 

 

Galerie CAMERA WORK
Contemporary Photography and Vintage Masterworks
Kantstraße 149 . 10623 Berlin
Tel: +49 30 31 00 77 – 3 | Fax: +49 30 31 00 77 – 50
www.camerawork.de
Di – Sa 11-18 Uhr.

 

 

BMW Art Guide by Independent Collectors

BMW Art Guide by Independent Collectors –
Der erste globale Führer zu privaten, doch öffentlich zugänglichen Sammlungen zeitgenössischer Kunst.
© BMW AG, München; Independent Collectors, Berlin
© Photo: Manuel Wagner, Wagnerchic Digital Artwork (Stuttgart)

 

 

BMW Art Guide by Independent Collectors. Herausgegeben von BMW und Independent Collectors. Hatje Cantz Verlag Ostfildern, Juni 2012, 164 Seiten, 58 Abbildungen, Paperback, gedruckt auf hochwertigen Papieren, 15 Euro.

 

BMW und die Internet-Plattform Idependent Collectors haben zusammen mit dem Hatje Cantz Verlag den BMW Art Guide by Independent Collectors herausgebracht: Ein unprätentiöses, kleines Handbuch, das über Privat-Sammlungen von Gegenwarts-Kunst informiert, die Interessierte in der Regel kostenlos besichtigen dürfen. Erforderlich ist in den meisten Fällen lediglich eine Anmeldung auf der jeweiligen Internet-Seite.

Auf dem Cover des äußerst schlicht und klar gestalteten Paperbacks findet sich folgende Einstimmung:

»Bliebe Kunst ohne Betrachter, würde sie dann noch entstehen? Und wie sehr braucht die Kunst den Kauf? Gewagte Fragen? Nein. Deshalb noch eine, noch konkreter: Wäre eine Kunstwelt ohne Kunstsammler denkbar? Ohne Abhängigkeiten? Wer mit wem, wie viel und warum? Und wer sind eigentlich diese Sammler? Privilegierte? Ungeliebte? Überzeugungstäter oder Investoren? Selbstdarsteller oder Idealisten? Klischees mit variablem Wahrheitsgehalt. Allerdings: Der Besitz von Kunst verändert Menschen meist genauso nachhaltig wie das Erschaffen der Werke die Künstler. Die Sammlung als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, zu dem sich der Wunsch gesellt, die gefundenen Schätze auch anderen zu zeigen – davon handelt dieses Buch.«

Statt eines gewöhnlichen Editorials enthält der Kunstführer ein Gespräch zwischen dem Gründer von Independent Collectors, dem 40-Jährigen Christian Schwarm und Uwe Ellinghaus, Leiter Markenführung BMW, das den Spirit dieses wahrlich außergewöhnlichen wie außergewöhnlich nützlichen Büchleins verdeutlicht. Beide fragen sich, warum bislang kein Führer existierte, der solche Sammlungen vorstellt, die Kunst- und Sammel-Enthusiasten auf der ganzen Welt zusammentragen. Nun – warum auch immer – nun gibt es ihn, und das Verdienst aller Beteiligten ist gar nicht hoch genug zu würdigen.

Das bibliophile Taschenbuch, das auf 180-Gramm-Papier und extra-weißem 90-Gramm-Papier gedruckt ist, präsentiert in seiner ersten Ausgabe 173 private Sammlungen, die für jedermann zugänglich sind. Diese Kollektionen sind in etwa drei Dutzend Ländern über den gesamten Erdball verstreut. Deshalb wurde das Autoren-Team von Sammlern, Galeristen, Künstlern und Journalisten aus aller Welt unterstützt, die für dieses Pilotprojekt ihre Kontakte offenlegten. Neben prominenten Sammlern wie Frieder Burda oder Harald Falkenberg finden sich viele, die einem größeren Publikum (noch) kaum ein Begriff sein dürften.

Das Büchlein wird zweifellos zum angesehenen Standardwerk in der Kunstszene reüssieren. Unterstützt wird dies durch den moderaten Preis von nur 15 Euro.

Der DANDY-CLUB meint: MUST HAVE!

 

 


Edward Quinn – Riviera Cocktail

© Edward Quinn Riviera Cocktail, Alfred Hitchcock presents Grace Kelly and Cary Grant,
the two stars of his film To Catch A Thief, Cannes 1954,
published by teNeues, www.teneues.com
Photo © edwardquinn.com

 

 

 

Edward Quinn, Riviera Cocktail, 50th Anniversary Edition, teNeues Verlag, Kempen 2012. 216 Seiten, Paperback, Euro 29,90.

 

Als der Dubliner Edward Quinn 1949 mit 29 Jahren an die Côte d’Azur kommt, hat er einiges hinter sich: Seiner irischen Heimatstadt, der Armut und dem launischen Wetter früh entflohen, ging er nach Belfast, wo er in einer Band Hawaii-Gitarre spielt. Einen deutschen Luftangriff überlebt er in einer Kirche. Kurze Zeit später nimmt auch er am Krieg teil: Als Funker für die Royal Air Force. Da er das Fliegen in lauten und unbequemen Propeller-Flugzeugen gewohnt ist, arbeitet er nach dem Krieg für Chartair und pendelt zwischen Afrika und Europa.

Aber er will etwas anders. Daher lässt er sich 1949 an der französischen Mittelmeerküste nieder. Angezogen von Eleganz und Beschaulichkeit mietet der junge Mann in Monaco-Ville ein kleines Apartment mit Blick auf den Fürstenpalast. Da das Geldverdienen als Musiker äußerst beschwerlich ist, versucht er es nun mit Photographie: Quinn leiht sich eine Kodak Retina und richtet sie auf die im Hafen von Monaco ankernden Kriegsschiffe. Dann verkauft er die Photos an die Besatzungen. Doch verdient er nichts, weil er Vergrößerungen anfertigen lassen muss. Der gewiefte Ire kommt auf die Idee, das zu photographieren, was wirklich Geld bringt: Celebrities.

Edward Quinns Glück ist, dass es zu Beginn der 1950er Jahre weder Model-Agenturen gibt noch so restriktive Bedingungen, die Stars zu photographieren, wie dann später seit den 1960ern. Er beginnt mit Strand-Schönheiten im Bikini, damals als Pin-Up-Girls bezeichnet. Die Bilder verkaufen sich hervorragend, und der junge Photograph bekommt immer mehr Aufträge.

Quinn arbeitet für Paris Match und Life. Da liegt es nahe, an die echten Stars heranzukommen und exklusives Material zu liefern. Er ist intelligent und einfühlsam. Und er hat Charme. Während des Filmfestivals von Cannes 1955 bittet Sophia Loreen zum Photo-Shooting in ihr Hotel-Zimmer. Er hat keine Lust auf dieselben Bilder wie seine Kollegen und schließt sich im Badezimmer ein. Als die Meute nach kurzer Zeit den Raum verlassen hat, kommt er heraus. Er entschuldigt sich charmant bei der Loreen mit der Bitte um einige Aufnahmen aus seiner Sicht. Dem Filmstar leuchtet das nicht nur ein.  Sophia Loreen hat die Hoffnung auf individuelle Aufnahmen – und wird von Quinn nicht enttäuscht.

Edward Quinns Erfolgsrezept war, sich individuellen Zugang zu Stars zu erbitten – und diese dann nicht bloßzustellen. Jeder der Prominenten wusste genau, dass Quinn niemals ein nachteiliges Photo  weitergeben würde. Und so wuchs das gegenseitige Vertrauen über die Jahre immer weiter.

1951 suchte Quinn Kontakt zu Picasso. Es war immer dieselbe Masche: Als sich alle Konkurrenten nach der Vernissage einer Keramik-Ausstellung in Vallauris verabschiedet hatten, ging er auf Picasso zu und fragte den berühmten Maler, ob er ihn mit seinen Kindern photographieren dürfe. Er durfte, und der Superstar-Maler war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Dies war der Anfang einer Freundschaft, die bis zu Picassos Tod 1973 währen sollte. Der Verlag teNeues bringt in einer Jubiläums-Ausgabe des Bandes Riviera Cocktail auf über 200 großformatigen Seiten bedeutende Photos der damaligen Stars: Burt Lancaster, Luchino Visconti, Gina Lollobrigida, Manuel Fingio, Alfred Hitchkok – die Reihe ließe sich weit verlängern. Ein weiterer Schwerpunkt des Archivs, das seit dem Tod des Photo-Künstlers von dessen Witwe, Gret Quinn verwaltet und gehütet wird, sind die ungeheuer intimen Photos von Picasso.

Der spanische Maler und Ausnahme-Künstler hatte Gefallen an dem ungewöhnlichen Photographen gefunden. Daher akzeptierte er ihn oft in seiner Gegenwart: Quinn durfte anwesend sein und auch noch Photos machen. Heinz Bütler, neben Gret Quinn Herausgeber dieses bedeutenden Photo-Bandes, zitiert in seiner fulminant-informativen Einführung aus den Erinnerungen von Edward Quinn über seine Arbeit mit Picasso: »Sobald ich anfing zu fotografieren, konzentrierte sich Picasso auf seinen eigenen Ausdruck, als wolle er sich von seiner besten Seite zeigen. Nach wenigen Minuten war er dann bereits so beschäftigt oder in ein Gespräch vertieft, dass er mich völlig vergaß. Das war genau die Situation, die ich brauchte, um ungestellte und glaubwürdige Fotos von ihm zu machen. Dabei habe ich die Kamera wie einen Stift benutzt, der die vielfältigen Tätigkeiten Picassos in der ihm gewohnten Umgebung aufzeichnet.«

Neben 156 Duoton-Photographien bringt die 50th Anniversary Edition von teNeues den biographischen Essay von Heinz Bütler in Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch und Italienisch.

Der Band sollte in keiner Photobuch-Sammlung fehlen.

 

 

© Edward Quinn Riviera Cocktail, Pablo Picasso in his studio at La Californie, Cannes 1956,
published by teNeues, www.teneues.com
Photo © edwardquinn.com

 

 

 



Morgue und andere Gedichte von Gottfried Benn – mit Bildern von Georg Baselitz

Morgue und andere Gedichte von Gottfried Benn
in der Jubliläumsausgabe zum 100. Jahrestag der Erstveröffentlichung
in einer bibliophilen Ausgabe mit frühen Bildern von Georg Baselitz

 

 

Zum 100. Jahrestag der Erstveröffentlichung bringt Klett-Cotta Gottfried Benns Gedichtsammlung Morgue in bibliophiler, sammelwürdiger Ausstattung. Der Titel ist mit Prägedruck auf dem Cover. Kongenial passen sich die frühen ‚pandämonischen‘ Bilder von Georg Baselitz den abgründigen Gedichten aus dem Leichenschauhaus an.

Morgue erschien im März 1912 als Lyrisches Flugblatt in Berlin. Es machte den jungen Arzt über Nacht berühmt – und berüchtigt. Allgemeines Entsetzen über die Schilderungen aus dem Sektionssaal übertönte die Anerkennung der Brillanz seiner Lyrik. Auch die Werke von dem 1938 in Sachsen geborenen Georg Baselitz schockierten anfänglich die Öffentlichkeit und sorgten für Protest. Während seiner ersten Einzelausstellung  1963 in Berlin wurden seine Bilder beschlagnahmt. Der Maler war damals im selben Alter wie Gottfried Benn, als er die Morgue-Gedichte schrieb.

Ein Geschenk für Ästheten!

 

Morgue und andere Gedichte von Gottfried Benn. Mit Zeichnungen von Georg Baselitz. Klett-Cotta Verlag 2012, Klappbroschur mit Prägedruck, 32 Seite, 10 Euro.