Mario Bosincu über die Wandlung Ernst Jüngers

Bringt kaum Neues: Mario Bosincus Studie seziert Ernst Jüngers Weg noch einmal

 

 

Mario Bosincu, Autorschaft als Widerstand gegen die Moderne. Über die Wende Ernst Jüngers. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2013, 326 Seiten, Ppb., 39,80 Euro.

 

Eine neue Studie unter dem Titel Autorschaft als Widerstand gegen die Moderne – Über die Wende Ernst Jüngers sucht einen Bruch in dessen Werk nachzuwiesen. Mario Bosincu sieht Jünger dabei als »Mythenbildner« und dessen Großessay Der Arbeiter als »Plan, die Leser durch die in die Struktur des Arbeiters (1932) eingebauten politischen Mythologeme zu bloßen Funktionsrädchen des Staatsapparates zu verdinglichen«. Die Diskussion um die Einheit des Jüngerschen Werkes ist nun Jahrzehnte alt. Sein zeitweiser Sekretär Armin Mohler sah die Einheitlichkeit unter anderem dadurch verletzt, dass sein Mentor bereits veröffentlichte Bücher immer wieder umarbeitete. Jünger selbst erläuterte, dies gehöre für ihn zur Essenz der Autorschaft. Texte würden sich verändern wie Früchte und müssten manchmal an neue Gegebenheiten angepasst werden. Den Arbeiter hingegen schrieb er nie um. Er ließ ihn beinahe ein halbes Jahrhundert nicht mehr auflegen, nahm ihn aber in die Gesamtausgaben mit auf.

 

Bosincu sieht die Wende Jüngers in seinen Kriegstagebüchern, die unter dem Titel Strahlungen nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen und die Zeit zwischen 1939 und 1948 umfassen. Seit diesem Buch  nun lasse sich, so der Autor in seiner Dissertation, das Werk Jüngers unter den Oberbegriff des geistigen Widerstandes gegen die Moderne subsumieren, »da sich Jünger von diesem Zeitpunkt an systematisch vornahm, die Rolle eines modernen Seelenführers zu spielen, der seine Leser lehren wollte, Zugang zu der den Zeitbedrängnissen gewachsenen Seinsweise zu gewinnen, indem er ihnen in seinen Schriften modernisierte geistige Übungen als Widerstandsmittel gegen die Übermacht der Technik, die Entsakralisierung der Natur und die durch den Nihilismus bewirkte moralische Entartung anbot«.

 

Hätte der Doktorand auch andere Texte des Untersuchten mit einbezogen, wäre er im Ergebnis wohl kaum zu diesem radikalen Bruch gekommen. Dass Jünger sich für seine kleine Schar in der Regel treuer Leser in der Pflicht sah, hat er mehrmals selbst geäußert. Diesbezüglich von einem Seelenführer zu sprechen, ist sicher nicht falsch. Liest man hingegen neben dem Arbeiter das fünf Jahre zuvor erschienene Das Abenteuerliche Herz (Erste Fassung), so bekommt man unweigerlich ein anderes Bild, als das eines dem Totalitarismus Tür und Tor öffnenden Autoren. Es gilt als das surrealistische Buch Jüngers und schildert Träume, spirituelle Traumlandschaften und geht gegen den Darwinismus und vielerlei bürgerliche Sichtweisen und Vorurteile an. Heute staunt man nicht schlecht, liest man dort:

 

»(…) Wir [die Deutschen] besitzen in der Welt den Ruf, daß wir Kathedralen zu zerstören imstande sind. Das will viel heißen zu einer Zeit, in der das Bewußtsein der Unfruchtbarkeit ein Museum neben dem anderen aus dem Boden treibt. Und wirklich, wenn man mit schärferen Gläsern schaut, wenn man sich durch die scheinbare Schmerzlosigkeit der Vorgänge nicht täuschen läßt, muß man erkennen, daß wir uns bemühen, eines hohen Grades der Schonungslosigkeit würdig zu werden. Man muß erkennen, daß wir uns bemühen, uns Schmerz zuzufügen, und daß wieder wie im 15. Jahrhundert der Rauch der Scheiterhaufen über der Landschaft steht.«


Bosincu hingegen sieht in den Strahlungen Jüngers Wende vom »modernistisch-reaktionären mythenbildenden ‚Ingenieur‘ der Seele« zum »nach-romantischen Kunst-Priester«.

 

Mario Bosincu liest viele der Quellen Jüngers nach und zeigt deren Wirkung im Werk auf. Doch das meiste ist nicht neu. Nietzsche, Dostojewski, Georg Simmel – wer sich mit Jünger ein wenig beschäftigt hat, kennt seine Wegbereiter. Der Studie mangelt es darüber hinaus an einer verbindenden Klammer. Die einzelnen Kapitel stehen für sich. Deutlich wird das durch die fehlende Zusammenfassung oder ein Resümee als letztes Kapitel, was unbedingt erforderlich gewesen wäre, um die Spurensuche auf knapp 300 Seiten als wissenschaftlich zu rechtfertigen. Erstaunlich, dass bei einer wissenschaftlichen Arbeit, die immerhin den Doktortitel verleiht, ein solches fundierendes Resümee nicht Standard ist.

 

 


Alexandra Vogt in Ulm

Alexandra Vogt, ohne Titel
Lambdaprint, 2006, 60 x 40 cm
© Alexandra Vogt/VG Bild-Kunst Bonn 2012

 

 

»Erlösung vom Denken überhaupt«, antwortet Alexandra Vogt auf die Interview-Frage, ob sie Erlösungskunst mache. Die 1970 geborene Künstlerin nutzt Malerei, Photographie und Zeichnung als Medien, als Transportmittel für Infragestellungen, Zerstörungen, um neue Blickmöglichkeiten zuzulassen. Die Kompositionen zwischen Inszenierung und Dokumentation lassen unseren konditionierten Blick unerfüllt. Der Betrachter gerät an seine ureigensten Fragen. Ungewollt.

Die zuvor in Berlin gezeigte Ausstellung ist nun im Stadthaus Ulm zu sehen. Im Zentrum des Werkes von Alexandra Vogt scheint das Pferd zu stehen. Dieses mythologische Tier, das den Menschen seit Jahrtausenden begleitet. Von der Landwirtschaft bis zum Krieg. Alexandra Vogt arbeitet mit den Tieren in ihrem Atelier, dem ehemaligen Milchwerk St. Mang in Kammlach im Unterallgäu. Die Photos zeigen häufig Mädchen, nicht mehr Kinder, aber noch nicht Frauen, in einer eigenwilligen Intimität mit dem Pferd. Das Mädchen ist oft nur spärlich bekleidet, häufig mit Nachthemd oder Unterwäsche. Manchmal trägt dafür das Pferd Teile der Kleidung. Die Aufnahmen besitzen eine sexuelle Aufladung. Dabei sind sie nicht geschönt; Pickel werden nicht retuschiert. Es ist nicht nur Adoleszenz, von der so häufig geschrieben wird, wenn die Arbeit von Alexandra Vogt beschrieben werden soll. Die Künstlerin selbst sieht ihre Tätigkeit auch als eine Art von »Research«. Alexandra Vogt: »Irgendwie betreibe ich ja auch eine Art Heimatpflege.«

Bei ihren verschiedenen Werkgruppen setzt die Künstlerin Schichtungen, Bearbeitungen ein. Das Unfertige existiert bei ihr nicht. Besonders intensiv wirken die Zeichnungen, die mittels nur weniger Striche eine asketische Intensität von ungeheurem Ausmaß erhalten.

Das Katalogbuch wäre nicht von einem der besten deutschen Kunstbuch-Verlage, wenn es nicht in hervorragender Weise eine Annäherung an das Schaffen der deutschen Künstlerin erlaubte. In großzügiger Gestaltung werden die Werkgruppen präsentiert. Einen Einstieg ins Verständnis bietet das Gespräch, das Erwin Wurm und Claudia Fischer mit der Künstlerin geführt haben und aus dem wir oben zitierten.

Alexandra Vogt, deutsch/ englisch, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, 280 Seiten, 188 farbige Abbildungen, gebunden, Euro 39,80.

 

 

Alexandra Vogt, ohne Titel
Lambdaprint, 2002, 170 x 170 cm
© Alexandra Vogt/VG Bild-Kunst Bonn 2012

 

 

 

Alexandra Vogt noch bis 23. Juni 2013

Stadthaus Ulm




Hans-Peter Feldmann

Courtesy Hans-Peter Feldmann © VG Bild-Kunst, Bonn

 

 

Hans-Peter Feldmann wird vom 1. März bis zum 2. Juni 2013 in den Deichtorhallen Hamburg präsentiert. Zu sehen sind seine zentralen Serien, Installationen, Skulpturen und Bilder aus über vier Jahrzehnten.

Feldmann, 1941 in Düsseldorf geboren, wurde in den frühen 1970er Jahren mit enzyklopädischen Photoserien bekannt, für die er sich aus dem großen Fundus alltäglicher Bilder bediente. Dabei überwindet der Künstler eine Distanz zwischen Kunst und Alltag. Alltägliche Dinge, die uns umgeben, werden von ihm – manchmal nur durch ein Detail – variiert. Dadurch erhält der Betrachter die Möglichkeit einer neuen Wahrnehmung. Auch die früheren Werke haben bis heute nichts von ihrer Subtilität und Ironie verloren.

 

Hans-Peter Feldmann – Kunstausstellung
1. März bis 2. Juni 2013

Haus der Photographie / Deichtorhallen

Deichtorstr. 1-2, 20095 Hamburg
+49 (0)40 321030
www.deichtorhallen.de
Di-So 11-18 Uhr

 

Harvest Art Collection im Waldorf Astoria Berlin

Die Präsidenten-Suite in der 31. Etage mit dem Bild Berlin Horizon von Leiko Ikemura
Photo: Matthias Boenke
© boenke tv by Axel Czarnecki

 

 

Die Harvest Art Collection im Waldorf Astoria Berlin wurde gestern der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Projektentwicklerin des neuen 5 Sterne-Hotels am Berliner Zoo, Swan Operations Limited, erwarb zum Schmuck der Räume insgesamt über 900 Kunstwerke von Studenten und Ausbildern der UdK. Praktisch war dabei, dass die Kunst-Uni nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt liegt.

In einer ersten Phase wurden im Herbst 2010 zusammen mit den Inneneinrichtern Druckgraphiken und Drucke in Auftrag gegeben. Da man mit dem Ergebnis der artifiziellen Verfeinerung der Hotelzimmer zufrieden war, erweiterte man das Projekt um den Ankauf von Werken für die Tower Suites im Zoofenster und für die öffentlich zugänglichen Bereiche des Hotels.

Bei einer ersten Besichtigung stieß das Projekt bei Journalisten auf ein zwiespältiges Echo. Kritisch sahen viele die Form der Auftragsvergabe und die fehlende Berücksichtigung der Berliner Kunstszene.

 

Hotelzimmer mit zwei Druckgraphiken von Büke Schwarz und Charlotte Massalsky
Photo: Matthias Boenke
© boenke tv by Axel Czarnecki

 

 

Minibar mit Druckgraphik The Flying Garden von Gabrielle Mainguy
Photo: Frank Sorge

 

 

 

Franz Hessel – Pariser Romanze

Ein melancholischer Abschied von Paris: Franz Hessel
© Lilienfeld Verlag/Simone Lucas 2012

 

 

Franz Hessel, Pariser Romanze. Papiere eines Verschollenen.
Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2012, 144 Seiten, Halbleinen, Fadenheftung, Leseband, 18,90 Euro.

 

Dies Büchlein ist ein langer, melancholischer Abschied. Ein adieu à Paris in Briefform.

Der Briefschreiber befindet sich bereits an der Front des Ersten Weltkrieges, als er damit beginnt, seinem Freund Erlebnisse aus Paris mitzuteilen. Die wenigen langen Briefe schildern das Frühjahr 1914. Er begegnet dem deutschen Mädchen Lotte, dem er ‚seine‘ Stadt zeigt, vorstellt, präsentiert. Flanierend erobern sie sich so zusammen die große Kultur-Metropole:

Am Odeon stiegen wir aus und gingen in den Luxembourg-Garten. Sie kannte nur das Museum; aber daran gingen wir vorbei und kamen zu dem Platze, wo die alten Männer Croquet spielen.

Geschickt verwebt Franz Hessel die Schilderung der Atmosphäre der Stadt mit Handlungen, die den Charakter ihrer Bewohner verdeutlichen. So schreibt er weiter:

Lotte blieb stehen und sah den bedächtigen Bewegungen der Alten interessiert zu. Als sich einmal eine Kugel vom Reifen verlief, sprang sie hin und brachte sie dem Spieler zurück. Und obwohl das gegen die Spielregel war, nickten die Alten freundlich, kamen alle zu ihr und schwatzten mit ihr von Croquetspeil, Wette, Jugend und Alter.

Der Leser ist vom Briefeschreiben an die Hand genommen und flaniert als Zaungast mit durch die Stadt, die nach dem großen Feuersturm des Krieges eine andere werden sollte. Diese Atmosphäre von jugendlicher Unbeschwertheit und Freigeistigkeit sollte sie danach nicht mehr haben. In bewusst gewählter Sprache schildert Franz Hessel die Straßen, Plätze und Gassen mitsamt ihren Menschen, sodass beim Leser Bilder entstehen. Es ist der Schwarz-Weiß-Film einer Metropole im Aufbruch, kurz vor dem Beginn des vierjährigen Vernichtungskrieges. In allem ist Abschied:

Lange blieben wir bei dem Kinderkarussell, lasen die Aufschriften der vorübergleitenden Wagen und die Namen der Pferdchen, des gelben Hirsches, roter Löwen und weißer Elefanten und liebten die kleinen Reitersleute und Wageninsassen. Besonders drei hilflos Kleine im Wagen, der New York heißt, gefielen uns. Lotte summte die Melodie mit, die stöhnend und pfeifend und von jähen Pausen unterbrochen abrollte.

Der Autor wurde 1880 in ein gut situiertes Bankiershaus geboren, wuchs dann in Berlin auf. Während seiner Studienjahre in München lebte er in einer Wohngemeinschaft. Von 1906 bis zum Ersten Weltkrieg 1914 lebte er in Paris. Ab den 1920er Jahren wohnte Hessel in Berlin. Hier arbeitete er als Übersetzer und Lektor. Er machte sich zusammen mit seinem Freund Walter Benjamin an die Übertragung von Marcel Prousts À la recherche du temps perdu (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit). 1938 floh er vor den Nazis nach Frankreich, wo er zwei Jahre später als ‚Feindlicher Ausländer‘ interniert wurde. Franz Hessel starb 1941 in einem Internierungslager in Sanary-sur-Mer.

Das Buch ist in gewisser Hinsicht das Produkt eines Paradoxons: Franz Hessel schenkt der europäischen Kulturhauptstadt nach dem Krieg eine Liebeserklärung. Gleichzeitig geht er sofort nach seinem Gestellungsbefehl für Deutschland an die Front, obwohl er als frischer Vater – sein erster Sohn wurde im Sommer 1914 geboren – noch einige Wochen Schonzeit gehabt hätte.

Der Frankfurter Verlag Rütten & Loening, in dem Hessels erster Roman Der Kramladen des Glücks erschienen war, lehnte das Buch ab. Doch Hessel hatte Glück: Der gerade erst von Leipzig nach Berlin übersiedelte Rowohlt Verlag veröffentlichte die Erzählung 1920. Darüber hinaus stellte Ernst Rowohlt den Autoren als Lektor ein.

Die Wiederentdeckung einer leisen Paris-Beschreibung. Von einem Deutschen, der sie mit seinen Augen sieht und den Leser in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg einlädt. Ein literarisches Kleinod!




Walker Evans – Decade by Decade

Walker Evans, Roadside Gas Station with Miner’s Houses across Street, Lewisburg, Alabama, December 17, 1935
© Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art New York

 

 

Die erste umfassende Retrospektive des US-amerikanischen Photographen Walker Evans wird vom 27. Februar 2013 an in der Landesgalerie Linz gezeigt. Die Ausstellung Decade by Decade wurde kuratiert vom Cincinnati Art Museum.

Walker Evans (1903–1975) ist bekannt für seine Dokumentation der Armut in den 1930er Jahren. Heute ist er ein bedeutender Name in der Geschichte der Photographie. Während seine frühen Bilder die Rezeption bisher weitgehend bestimmt haben, blieben die später entstandenen dagegen eher unbeachtet.

Die Ausstellung zeichnet alle Schaffensphasen des Photographen nach. Neben den Aufnahmen des amerikanischen Südens aus den Jahren 1935/36 wird die Serie von viktorianischen Häusern vorgestellt, die Walker Evans 1931 begonnen hatte. Gezeigt werden zudem Bilder seiner Reise nach Tahiti im Jahr 1932, eine Auswahl seiner 1933 im vorrevolutionären Kuba entstandenen Fotografien sowie ein Konvolut von Aufnahmen afrikanischer Skulpturen und Masken, erarbeitet 1935 für das New Yorker Museum of Modern Art.

Die Schau umfasst mehr als 230 Objekte und zeigt auch Arbeiten aus den Nachkriegsjahrzehnten.


Das Buch dazu erschien im Hatje Cantz Verlag, 240 Seiten mit 288 Abbildungen, 49,80 Euro.
Walker Evans – Decade by Decade

28. Februar bis 26. Mai 2013
Eröffnung 27. Februar 2013, 19 Uhr.


Landesgalerie Linz am Oberösterreichischen Landesmuseum
Museumstr. 14, A-4010 Linz
+43 (0)732/774482-0
www.landesgalerie.at
Di, Mi, Fr 9-18 Uhr, Do 9-21 Uhr, Sa, So 10-17 Uhr.




Franz von Stuck – 150. Geburtstag

Franz von Stuck, Sphinx, 1904



Der DANDY-CLUB erinnert an Franz von Stuck zum 150. Geburtstag. Der Maler und Bildhauer wurde am 23. Februar 1863 geboren. Er starb am 30. August 1928 in München. Stuck gründete 1892 zusammen mit Wilhelm Trübner die Münchner Sezession.

Seine Motive findet Stuck vorwiegend in der antiken Mythologie. Götter und Fabelwesen in dunklem Raum treffen den Nerv der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Die Periode des Expressionismus in Deutschland war kurz – und teils hochkarätig. Nicht zufällig wiederholt Ritter von Stuck einige Motive. So »Die Sünde« und die »Sphinx«.

1895 wurde Stuck Professor an der Akademie der Schönen Künste und unterrichtete Wassily Kandinsky, Paul Klee, Josef Hengge und andere später bedeutende Künstler. Ab diesem Jahr arbeitete er auch mit an den expressionistischen Zeitschriften PAN und Jugend. 1906 wurde er in den Persönlichen Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Ritter von Stuck nennen.


Franz von Stuck, Salomé, 1906



1898 ließ er die Villa Stuck errichten, die sein Anspruch an ein ästhetisches Gesamtkunstwerk repräsentiert: Die gesamte Innendekoration und die Möbel gehen auf seine Entwürfe zurück. Heute beherbergt das Haus in der Münchner Prinzregentenstraße das Museum Villa Stuck, in dem die luxuriösen Raum-Inszenierungen zu besichtigen sind.

Franz von Stuck war einer der ungewöhnlichen deutschen Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der konsequent seinen eigenen Weg beschritt. Die moderne Kunst lehnte er vehement ab. Stuck war europaweit erfolgreich: Er wurde nicht nur auf der Internationalen Kunstausstellung in Venedig gefeiert, sondern auch in Skandinavien.


Franz von Stuck, Salomé, 1906



Franz von Stuck, Die Sünde, 1896



Museum Villa Stuck
Prinzregentenstraße 60
D-81675 München
Tel. +49 (0)89-45 55 51-0
Fax. +49 (0)89-45 55 51-24

villastuck@muenchen.de
www.villastuck.de

Das Museum Villa Stuck ist komplett barrierefrei zugänglich.
Öffnungszeiten
Dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr
An allen Feiertagen (auch Ostermontag und Pfingstmontag) und Silvester (11 bis 16 Uhr) geöffnet.
24.12. und Faschingsdienstag geschlossen.


Arthur Schopenhauer – 225. Geburtstag

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)

 

Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer wurde vor 225 Jahren geboren. Er war eines der wenigen Vorbilder Nietzsches und dient mit seinen pessimistischen Aussprüchen noch heute manchem Fortschritts-Skeptiker als Anreger.

Man lasse den guten Gedanken nur den Plan frei: Sie werden kommen. Das ist von Schopenhauer, wie:

Die ersten vierzig Jahre unseres Lebens liefern den Text, die folgenden dreißig den Kommentar dazu.

Das meiste von ihm ist zeitlos:
Viel zu viel Wert auf die Meinung anderer zu legen ist ein allgemein herrschender Irrwahn.


Hier eine Doku auf 3sat:

 



Man Ray – Kontaktabzüge

Man Ray, Pablo Picasso, 1933
© The Man Ray Trust/ADAGP, Paris and DACS, London

 

 

Eine seltene Sammlung von Kontaktabzügen des berühmten surrealistischen Photographen Man Ray ist ab heute in London zu sehen:  Aus einer privaten Sammlung werden 45 Photos gezeigt, darunter bisher selten gezeigte Portraits von Hemingway, Picasso, Braque und James Joyce.

Zeitgleich mit der Man Ray-Retrospektive in der National Portrait Gallery in London gewährt diese Ausstellung einen intimen Einblick in das Schaffen eines der bekanntesten Photokünstlers des 20. Jahrhunderts. Viele Drucke sind so genannte Full-Frame-Prints, zeigen also unberührte Versionen der Werke.

Die Sammlung ist ein Teil von insgesamt 150 Kontaktabzügen, die Man Ray noch zu Lebzeiten schuf.  Sie wurde von einem europäischen Sammler im Jahr 2002 von den bisherigen Eigentümern erworben. Die hatten das Set direkt von Man Ray in der Dunkelkammer gekauft.

 

Man Ray – Contacts
ATLAS Gallery
49 Dorset Street, London W1U 7NF
+44 (0)20 722 441 92
www.atlasgallery.com
Mon – Fri 10am – 6pm . Sat 11am – 5pm

Johann Christian Reinhart

Johann Christian Reinhart, Tiberlandschaft bei Acqua Acetosa, 1808
© SHK/Hamburger Kunsthalle/bpk, Photo: Elke Walford

 

 

Johann Christian Reinhart – Ein deutscher Landschaftsmaler in Rom.
Ausstellung in der Neuen Pinakothek München 21. Februar – 26. Mai 2013.
Katalog im Hirmer Verlag 2012, 380 Seiten mit 360 Farbabbildungen, 39,90 Euro.

 

Wie so viele andere Künstler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so zog es auch den Maler Johann Christian Reinhart (1761 – 1847) im Jahr 1789 nach Rom. Zuvor hatte sich Reinhart in Leipzig und Dresden ausbilden lassen, unter anderen von Adam Friedrich Oeser. Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen hatte ihn an seinen Hof geholt. Der junge Maler jedoch wollte das italienische Licht darstellen.

Nachdem die erste umfassende Retrospektive Reinharts in der Hamburger Kunsthalle zuende gegangen ist, ist sie nun in der Neuen Pinakothek in München zu sehen (21.2. – 26.5.2013). Gezeigt wird mit 35 Gemälden nahezu das gesamte erhalten gebliebene malerische Werk. Außerdem 90 Zeichnungen, 30 Aquarelle und 75 Radierungen. Auch Reinharts bissige politische Karikaturen werden gezeigt. Viele dieser Werke sind erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt und erforscht worden.

Schon in frühen Jahren schuf Reinhart bedeutende Werke der klassizistischen Landschaftsmalerei. Und bereits in seinem Frühwerk zeigt sich sein Interesse an der genauen Beobachtung der Natur und ihrem detailgetreuen Portrait. Für Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen malte er einen Zyklus von Ansichten des Rheintales, die zu den frühesten realistischen Darstellungen dieser Landschaft gehören. Unter Kunsthistorikern wirft man Reinhart allerdings vor, er hätte sich in Italien nicht weiterentwickelt. Seine Gemälde würden Inhalt und Form der Zeichnungen nur fortsetzen, nicht jedoch vorantreiben. So sehen viele Reinharts Gemälde als im Klassizismus verharrend. Kenne man ein Gemälde von ihm, so kenne man alle – sagen Spötter.

 

 

Johann Christian Reinhart, Selbstbildnis im Halbprofil, 1786/89
Privatbesitz

 

In München kann sich nun jeder selbst ein Bild machen. Immerhin ist es die erste umfassende Retrospektive überhaupt. Reinharts Heimatstadt Hof an der Saale sind lediglich bislang zwei eher kleinere Ausstellungen zu verdanken. Sie fanden statt zum 200. Geburtstag 1961 und zum 250. Geburtstag des Künstlers 2011 und präsentierten vor allem Zeichnungen und Radierungen.

Die Retrospektive wird begleitet von einem umfangreichen Katalog mit allen ausgestellten Werken. Ein wissenschaftlicher Aufsatz vom Reinhart-Kenner F. Carlo Schmid erläutert Johann Christian Reinhart als Zeichner und Radierer. Hermann Mildenberger beschreibt die Beziehung des Malers zu Friedrich Schiller, dem er Gemälde widmete und dem er vielerlei Anregungen verdankt. In dem Handbuch-gleichen Katalog erfahren wir mehr über die Bildstruktur bei Reinhart und über seine vielfältigen Beziehungen zu anderen Künstlern in seinen Jahren in Rom, die ja die größte Spanne seines Lebens umfassen.

Nicht vergessen sollte der heutige Betrachter, in welcher Zeit die Werke Reinharts entstanden. So schreibt F. Carlo Schmid in seinem instruktiven Text: »Idyllen sind nie harmlos.« 1789 hatte die Französische Revolution Europa erschüttert – und Frankreich teilweise verwüstet. Zwei Jahre darauf hatte die französische Regierung die päpstliche Exklave Avignon annektiert. Ab 1792 überzog die Revolution Europa mit Krieg. Im Sommer 1796 hatte der auch Italien und den Vatikan erreicht. Im folgenden Jahr musste Pius VI. dann auf die oberitalienischen Teile seines Herrschaftsgebietes verzichten.

So kann der Besucher der Retrospektive in München die arkadischen Idyllen Reinharts auch als stillen Protest eines von Friedenssehnsucht getriebenen europäischen Romantikers lesen.

 

 

Johann Christian Reinhart, Blick von der Villa Malta in Rom nach Westen auf den Vatikan und St. Peter, 1835 © Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München