Bunbury oder ernst sein ist alles in Vorarlberg

Szenenbild aus Bunbury oder ernst sein ist alles in Vorarlberg

 

 

Das Landestheater Vorarlberg hat Bunbury oder ernst sein ist alles neu inszeniert.

 

Der Text des Theaters:
Oscar Wilde, der humorvolle Dandy, der die Gesellschaft gezielt mit seinem Spott bloßstellte und gleichermaßen amüsierte, war ein Meister der Masken. Ob er der Welt jemals sein wahres Gesicht gezeigt hat, ist jedoch fraglich. In funkelnden, geschliffenen Dialogen wird die Frage nach dem „Wer bin ich“ vorangetrieben, der messerscharfe Wortwitz, die absurden Sprachspiele dekuvrieren die Konventionen und die gesellschaftliche Phraseologie. Identität wird zum doppelbödigen Spiel, Gesellschaft zur brillanten Inszenierung.

Wildes „triviale Komödie für seriöse Leute“ erzählt von zwei Bonvivants, denen ihre persönliche Freiheit und das Vergnügen alles ist. Um sich diese Freiheit zu ermöglichen, erfindet der eine einen kranken Freund namens Bunbury auf dem Lande und der andere einen Bruder namens Ernest (Ernst), der angeblich in der Stadt leben soll. Beide verlieben sich bei ihren Eskapaden in zwei junge Damen der Gesellschaft, die die beiden Herren vor eine komplizierte Aufgabe stellen. Die Erfindung von imaginären Verpflichtungen, das „Bunburysieren“, wird zur idealen Ausrede, mitunter den Gläubigern und dem strapaziösen Londoner Gesellschaftsleben zu entfliehen. Durch eine überraschende Wendung zeigt uns Oscar Wilde, dass eine erfundene Identität plötzlich das wahre ICH sein kann.

Regie: Steffen Jäger
Bühne: Sabine Freude
Kostüm: Aleksandra Kica
Dramaturgie: Dorothée Bauerle-Willert
Regieassistenz : Eva Lorünser

Mit: Lukas Spisser, Maximilian Laprell, Lukas Kientzler, Daniel Frantisek Kamen, Felix von Bredow, Oliver Rosskopf, Alexander Julian Meile

Nächste Vorstellungen:
21.12.2012
27.12.2012
31.12.2012

 

The BMW Book

© THE BMW BOOK, published by teNeues, www.teneues.com.
Photo © Christopher Wilson

 

 

Die Bayrischen Motorenwerke AG, kurz BMW, ist heute das wertvollste Automobil-Unternehmen der Welt. Dies ist das Resultat von Ingenieurs-Leistung, Modellpflege, Motorsport-Erfolgen – aber auch einem spezifischen Design. Unverkennbar war immer die BMW-Niere. Sie prägte das Gesicht der Autos und das der Marke.

Doch Windkanal und eine gesichtslose Zeit sind auch am BMW-Design nicht spurlos vorüber gegangen. Ein großformatiger Bildband will helfen, das Design-Profil der Marke zu schärfen. Zusammen mit dem teNeues Verlag bringt der Münchner Auto- und Motorradbauer einen riesigen Bildband heraus, der alle bisherigen Serien in ganzseitigen Photos darstellt. Wehmütig betrachtet man die legendären Modellreihen der Kindheit: die BMW 2er-Serie, die den Ruf der Marke festigte als Hersteller von sportlichen, bezahlbaren und dabei qualitativ hochwertigen Autos. Kenner trauern dem grandiosen Coupé 3.0 CSi hinterher. Sie alle finden sich mit ganzseitigen Photos in dem Buch, das mit kurzen Erläuterungstexten in Englisch, Deutsch und Chinesisch versehen ist.

Dass das großzügige Buch zur Profil-Schärfung der Marke dient, macht das erste Kapitel deutlich. Hier sind alle aktuellen Modelle präsentiert – mit Photos, die der Fan aus den Prospekten kennt.

 

Die legendäre BMW 02er-Reihe. © THE BMW BOOK, published by teNeues, www.teneues.com.
Photo © BMW Group Historisches Archiv

 

 

Studie für einen zukünftigen Roadster. © THE BMW BOOK, published by teNeues, www.teneues.com.
Photo © Thomas von Salomon

 

 

Der Ruf von BMW als Motarradbauer ist weltweit legendär.
© THE BMW BOOK, published by teNeues, www.teneues.com.
Photo © BMW Group Historisches Archiv

 

 

The BMW Book, teNeues Verlag 2012, 304 Seiten, ca. 38 x 30 cm, gebunden, 98 Euro.

 

 



Photographie zwischen Biedermeier und Gründerzeit

Joseph Albert, Teilnehmer der Künstlergesellschaft Jung-München an einem Märchenball, Unbekannter und der Bildhauer Hermann Oehlmann, den Wettlauf des Igels und des Hasen darstellend, München, 1862
Albuminpapier
© Sammlung Dietmar Sieger

 

 

Das Münchner Stadtmuseum präsentiert noch bis zum 20. Mai 2013 bisher selten gezeigte Photographien: Unter dem Titel Zwischen Biedermeier und Gründerzeit. Deutschland in frühen Photographien 1840-1890 aus der Sammlung Siegert sind 250 Originalphotographien aus den Anfängen dieses Medium in Deutschland zu sehen.

Die hier präsentierte private Kollektion wurde über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren sorgfältig zusammengetragen. Die Ausstellung ist in Themen gegliedert, die die unterschiedlichen Anwendungen der beginnenden Photographie zeigen: Porträts geben ein Bild der deutschen Gesellschaft; die soziale Wirklichkeit der Innenstädte wird sogleich mit dokumentarischem Anspruch festgehalten; topografische Ansichten lassen eine imaginäre Landkarte Deutschlands entstehen von Flensburg bis München, vom Elsass bis Danzig. Spannend zeigt die Ausstellung, wie ausländische  Reisefotographen das Bild Deutschlands durch ihre Sichtweise prägten.


Zwischen Biedermeier und Gründerzeit. Deutschland in frühen Photographien 1840-1890 aus der Sammlung Siegert.
30. November 2012 – 20. Mai 2013

Münchner Stadtmuseum

St.-Jakobs-Platz 1. D-80331 München
Tel: +49 (0)89 233 22370
www.muenchner-stadtmuseum.de
Di – So 10 – 18 Uhr.



Valeska Gert – Die Bettlerbar von New York

Valeka Gerts süffisante Geschichte ihrer Bettlerbar mit einer Titelvignette von Karl Lagerfeld
© Steidl Verlag/Karl Lagerfeld 2012

 

 

DANDY-CLUB Geschenk-Tipp No. 4:

Valeska Gert, Die Bettlerbar von New York. Mit einem Nachwort von Frank-Manuel Peter. L.S.D. Verlag 2012, 227 Seiten, gebunden in rotes Leinen mit Zellophanumschlag und einer Titelvignette von Karl Lagerfeld, 16 Euro.

 

Die Tänzerin Valeska Gert war in den 1920er und 1930er Jahren eine Berühmtheit. Und dies nicht nur in ihrer Heimatstadt Berlin, sondern durch ihre Tourneen und Emigration auch in Europa, Moskau und den Vereinigten Staaten. Heute bekannt ist ihr Wirken nur noch wenigen: in der Tanztheorie, in der Pantomime oder auf Sylt, wo sie viele Jahre ihr Kabarett weiterbetrieb.

Nun veröffentlicht der L.S.D. Verlag ihr Buch Die Bettlerbar von New York neu, nachdem es viele Jahrzehnte nicht mehr lieferbar war. Hierin schildert die ungewöhnliche Lebenskünstlerin ihr Leben in und mit der von ihr begründeten Bar, die zwischen 1941 und 1945 so etwas wie das Wohnzimmer der New Yorker Bohème war.

Valeska Gert hieß eigentlich Gertrud Valesca Samosch und wurde 1892 in Berlin geboren. Sie wohnte mit ihren Eltern in der Köpenicker Straße. Bereits mit fünf Jahren erhielt sie auf Veranlassung ihrer Mutter Tanzstunden; mit 16 Schauspielunterricht. Recht kurze Zeit, nachdem sie 1916 als Tänzerin debütierte, wurde sie bekannt: Denn sie provozierte das Publikum mit Tanzpantomimen von Sujets wie Boxen, Politiker, Nervosität oder Prostitution. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten hielt sie sich die meiste Zeit im europäischen Ausland auf. 1939 emigrierte sie in die USA, wo sie zwei Jahre später die Beggar Bar eröffnete, eine Kombination aus Bar und Kabarett. Den Namen lieferte ihr der Umstand, dass sie keinerlei Geld hatte und sich die gesamte Ausstattung bei Freunden und Bekannten zusammenschnorrte, ‚erbettelte‘. Süffisant und grundehrlich beschreibt die Künstlerin, wie steinig der Weg bis zur Eröffnung gewesen ist.

Als ich im düsteren Keller, barfuß und in farbverschmierten Hosen, die Wand bemalte, kam ein robuster Polizeioffizier, um das Lokal zu inspizieren.
‚Was machen Sie hier?‘ fragte er unfreundlich.
‚Einen Night-Club.‘
‚Wer ist der Besitzer?‘
‚Ich.‘
‚Sie?‘
Er war sprachlos.

Die wildesten Ideen brachte sie in ihre Bar ein, um den weltlichen Widrigkeiten etwas entgegen zu setzen. So bastelte sie die Tischdekoration selbst, bemalte selbst die Wände und stellte an Stelle von Lampen Kerzen auf. Bereits am ersten Abend war die Kellerbar überfüllt. Als Valeska Gert freudestrahlend am nächsten Morgen den Kellner nach dem Umsatz fragte, wurde sie barsch enttäuscht: Sie hatte ihn gebeten, eine Frau und einen Mann für die Toilette zu organisieren. Die sollten freie Kost den ganzen Abend erhalten. Der Kellner hatte all seine Bekannten angerufen; sie alle sagten am Telefon ab – waren aber dann doch alle gekommen. So hat am ersten Abend niemand gezahlt.

So wie das Leben dieser Ausnahmefrau, so sind auch ihre Schilderungen der Bettlerbar. Aber keiner Widrigkeit konnte sie nicht phantasievoll entgegenwirken. Sie hatte Gäste und Helfer, die später weltberühmt wurden. Tennessee Williams arbeitete bei ihr kurzzeitig als Kellner und trug dann auch Gedichte in der Bettlerbar vor. Klaus Kinski verkehrte bei ihr und sollte Jahre später in einem Film über die Bettlerbar mitspielen, der dann doch nicht zustande kam. Eingeflochten in die Geschichte dieser heute legendären Vergnügungsstätte sind Kapitel über ihre Kindheit, die Schulzeit, über ihre Münchner Zeit. Das stilvolle Buch behält die wenigen Schwarz-Weiß-Photos von Valeska Gert bei, die bereits in der ersten Ausgabe im Jahr 1950 im Berliner Arani Verlag enthalten waren.

Valeska Gert selbst war eine Künstlerin von ungeheurer Modernität. Ihre avantgardistischen Tanz-Soli waren ihrer Zeit weit voraus und beeinflussten die Jahrzehnte danach. Noch in den 1960er Jahren fanden sich Tänzer und Tänzerinnen fortschrittlich, – die letztlich in den Fußstapfen von Valeska Gert agierten.

Valeska Gert starb 1978 in Kampen auf Sylt.

 

 


Louis Stettner – The First Ninety Years

Louis Stettner, Parade Musican, Saratoga Springs, New York 1953
© Louis Stettner

 

 

Louis Stettner erhält die Inspirationen für seine Photographien aus den Metropolen, die ihn magisch anziehen. New York ist seine Geburtsstadt und Quelle für Momentaufnahmen, die voller Achtung und gleichzeitig Hingabe einen Augenblick im Leben eines Menschen festhalten. In diesem Augenblick ist zugleich das ganze Leben präsent.

Die Berliner Galerie Johanna Breede Photokunst präsentiert noch bis zum 23. Februar 2013 eine Auswahl aus dem 70-jährigen Werk des 90-Jährigen.

In den 1950er Jahren ging Stettner nach Paris. Er freundete sich an mit Brassaï, Robert Doisneau und Willy Ronis und schuf Photos, die man heute als ikonographisch bezeichnet – wir verbinden sie mit dieser Stadt.

Die Ausstellung in der renommierten Galerie zeigt bedeutende Werke einer langen Schaffenszeit. Als Emblem kann vielleicht der Parade Musician stehen: Ein Musiker bückt sich nach einer Parade, an der er mitwirkte, nach einer Ansichtskarte und scheint ganz darin zu verschwinden. – Es ist ein Augen-Blick, ein kurzer Moment im Leben dieses Mannes und in dem des Beobachters – der Unendliches verdichtet.

Gleichzeitig zeigt die Bibliothèque nationale de France in Paris eine große Retrospektive mit 80 Photographien aus der gesamten Schaffenszeit Louis Stettners.

Die Galerie ist zwischen dem 24. Dezember 2012 und dem 6. Januar 2013 geschlossen.
 

 

 
Johanna Breede PHOTOKUNST
Fasanenstr. 69, 10719 Berlin
T +49 (0)30-88683123
kunsthandel@breede.de
www.johanna-breede.com
Di-Fr 11-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr




Helmut Newton – World without Men

Helmut Newton, Stern, Saint Tropez 1978
© Helmut Newton Estate

 

Noch bis zum 19. Mai 2013 zeigt die Helmut Newton Stiftung am Berliner Bahnhof Zoo die Doppelausstellung  Helmut Newton – World without Men/Archives de Nuit und von François-Marie Banier Portraits.

Modephotographie war stets der wichtigste Aspekt im Werk von Helmut Newton. Lange bevor er seine ersten Publikationen mit Aufnahmen aus dem Modekontext veröffentlichte, arbeitete er im Auftrag von renommierten Modemagazinen und Modehäusern. Einige dieser Photographien veröffentlichte er 1984 auch in seinem vierten Buch – unter dem ironischen und programmatischen Titel World without Men. Darin finden sich pointierte Selbstäußerungen von Newton sowie heutige Bildikonen, aufgenommen in Paris, Saint-Tropez, Los Angeles, Berlin und London zwischen den 1960er und 1980er Jahren.

Ergänzt wird dies durch Archives de Nuit, ein Ausstellungsprojekt von Helmut Newton, das 1992 in Paris Premiere hatte und dessen Begleitband 1993 erschien. Es vereint Schwarz-Weiß-Photographien unterschiedlicher Genres aus den späten 1980er und frühen 1990er Jahren: Porträt, Akt, Landschaft, Stillleben – aber keine Mode.

Daneben wurde der französische Künstler und Schriftsteller François-Marie Banier eingeladen, mehr als 30 seiner photographischen Porträts in June’s Room zu zeigen, darunter Johnny Depp, Woody Allen, Samuel Beckett, Andy Warhol und Louise Bourgeois.

Museum für Fotografie
Jebensstraße 2, 10623 Berlin

www.helmutnewton.com
Öffnungszeiten: Dienstags – sonntags  10 -18 Uhr; donnerstags 10-20 Uhr.
Eintritt: 8 EUR, ermäßigt 4 EUR.

 




Mountain Chalets in einem opulenten Bildband

© Living in Style Mountain Chalets, House in Les Collons, Switzerland
published by teNeues, – www.teneues.com.
Photo © Philip Vile, Design: Nicky Dobree

 

 

Living in Style – Mountain Chalets. Hrsg. von Gisela Rich, teneues Verlag 2012, 220 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 49,90 Euro.

 

Das Chalet ist ein Haustyp, der sogleich die Phantasie beflügelt. Das einsame Refugium hoch in den Bergen, wo man einmal völlig abschalten kann. Ohne direkte Nachbarn mit einem grandiosen Ausblick findet nur der hin, der mit einer genauen Wegbeschreibung auch tatsächlich eingeladen worden ist.

Nicht nur abstrakt oder theoretisch ist dieses Image der einsamen Berghäuser, wie die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt zeigt. Gerade in den vergangenen Jahren hat die Nachfrage nach luxuriösen Chalets zugenommen; Käufer aus der ganzen Welt suchen ein abgelegenes oder in der Nähe eines Skigebietes gelegenes traditionelles Haus. Kitzbühel ist der einzige Ort Österreichs, wo es mehr ausländische als einheimische Immobilien-Käufer gibt.

Gisela Rich stellt in einem opulenten Bildband 50 Chalets vor. Sie sind auf der ganzen Welt verstreut; ein Schwerpunkt des überformatigen Photobuches ist das schweizerische St. Moritz. Das kann nicht verwundern, ist die Herausgeberin doch hier zuhause. So hat sicher so mancher sein privates Refugium zum ersten Mal geöffnet, der es für jemand Fremden nicht getan hätte. Gezeigt werden sehr ästhetisch und stimmig ausgebaute Berghäuser, die wahrlich nicht mehr als Hütten bezeichnet werden können. Viele von ihnen wurden von den jetzigen Besitzern aus- und umgebaut, um in ihrer vorhandenen Perfektion zu erstrahlen. Dabei ist es nicht nur die gelungene und sehr bewusste Architektur, die diese außergewöhnlichen Chalets charakterisiert. Diese Berghäuser sind jedes einzelne für sich quasi Gesamtkunstwerke, wo jedes Detail individuell ausgewählt und liebevoll arrangiert scheint.

Es finden sich in dem Buch sowohl reine Privathäuser als auch kleine Hotels. Aufgrund der Vielzahl der Photos erhält der Betrachter einen wirklichen Einblick in die Häuser – fühlt sich beinahe als Gast. Die großzügige Gestaltung macht das über 200-seitige Buch zu einem idealen Geschenk für Leute, die sich gern inspirieren lassen, wie sie ihre Einrichtung ergänzen oder auch welche Art von Chalet ihnen am meisten zusagt. Ob zum Kauf oder als Feriengast.

 

 

© Living in Style Mountain Chalets, Urban Chalet, Park City, Utah, USA, published by teNeues, – www.teneues.com.
Photo © Dana Hoff

 

 

 

© Living in Style Mountain Chalets, Urban Chalet, Park City, Utah, USA
published by teNeues, – www.teneues.com.
Photo © Dana Hoff

 

 

 





Max Raabe – Happy Birthday!

Max Raabe und das Palast Orchester beim Twinwood Festival in England

 

 

Der DANDY-CLUB gratuliert Max Raabe zum 50. Geburtstag –
mit What a Different a Day Makes.

 

 

 


Emmanuel Bove – Begegnung

Deutsche Erstveröffentlichung: Emmanuel Boves Kurzgeschichten
© Lilienfeld Verlag unter Verwendung eines Bildes von Ruprecht von Kaufmann

 

 

Emmanuel Bove, Begegnung und andere Erzählungen. Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Thomas Laux. Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2012. 448 Seiten, Halbleinen, Fadenheftung, Leseband, 24,90 Euro.

 

Als der französische Schriftsteller Emmanuel Bove nach seiner Herkunft gefragt wird, gibt er Erstaunliches zu Protokoll. Er gestehe, so sagt er, dass sein Problem jenes des Schauspielers sei, »der plötzlich den Text seiner Rolle vergessen hat und gezwungen ist, die Repliken zu erfinden oder sich schlecht und recht bei den Zuschauern zu entschuldigen«. Da war Emmanuel Bove gerade einmal knapp 30 Jahre alt. Aber immerhin hatte er schon vier Bücher veröffentlicht. Heute gilt Bove als Klassiker der Moderne. Erheblichen Anteil daran hat Peter Handke, der mit seinen Übersetzungen seinen  französischen Kollegen in Deutschland überhaupt erst bekannt machte. Bei Suhrkamp erschienen in den 1980er-Jahren von Handke übersetzt Meine Freunde, Armand und Bécon-les-Bruyères.

Nun erscheint im kleinen Düsseldorfer Lilienfeld Verlag eine Sammlung von Geschichten Boves, viele von ihnen in deutscher Erstveröffentlichung. Die französische Originalausgabe der Geschichten aus der gesamten Schaffenszeit von Bove erschien 203 bei Le Castor Astral unter dem Titel Monsieur Thorpe et autres nouvelles.

Was die Prosa von Emmanuel Bove verbindet, ist das Scheitern, dieses allzu weltliche und nachvollziehbare Versagen am Leben und seinen  Anforderungen.

Wenn ich mich recht entsinne, war ich damals maßlos und für jeden sichtbar schüchtern. Daß man mich verdächtigen könnte, einen bösen Gedanken zu hegen oder auf einen eigenen Vorteil aus zu sein, machte mich krank. Der kleinste Vorwurf brachte mich aus der Fassung. Für nichts und wieder nichts errötete ich. Und dennoch, trotz meiner Skrupel, beging ich unaufhörlich Taktlosigkeiten.

Dies könnte als Motto über Emanuel Bove, seinem Leben und seinem Werk stehen. Denn er war ein Mann, mit allem, was dazu gehört und gleichzeitig ein sensibler Selbstbeobachter und Frauenversteher im besten Wortsinn. So handeln seine Geschichten vom Fremdgehen, von der Sehnsucht nach Freiheit und der Ambivalenz des Mannes, von Geborgenheit zu wissen und gleichzeitig die Vereinnahmung abwehren zu müssen.

Er sah nur eine Möglichkeit: Reißaus nehmen, so wie es in bestimmten Romanen passiert, unvermittelt aufbrechen, verschwinden. Aber er wußte, daß das seine Kräfte überstieg. Wie feige es auch gewesen wäre! Simone liebte ihn doch! Außerdem hätte sie dann nichts mehr! Und welch grauenhafte Vermutung würde sich aus solch einer Tat herleiten lassen?

Emanuel Bove wurde 1898 in Paris geboren, wo er auch 1945 starb. Sein Vater war ein russischer Lebemann, seine Mutter ein Dienstmädchen aus Luxemburg. Vor und neben seiner schriftstellerischen Arbeit musste er sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. In all seinen Texten blickt er hinter die Moral der bürgerlichen Gesellschaft, die Regeln aufstellt, die sie permanent bricht. Am genauen Hinsehen hat Bove Freude. Seine Figuren, pardon seine männlichen Protagonisten, sind eigentlich permanent auf der Flucht. Entweder, sie überlegen, wie sie aus ihrem vereinnahmenden, eintönigen Dasein wegkommen können – oder sie hauen wirklich ab.

Er spürte, daß ein Aufbruch, einer, der geplant war, abscheulich gewesen wäre, während jetzt, dadurch, daß er litt, dadurch, daß er nicht mehr gekonnt hatte und er ohne irgend etwas fortgegangen war, ihm – na ja – irgendwie verziehen war.

Die bibliophile, in Halbleinen gebundene Ausgabe vereint 24 Erzählungen, davon zwei Drittel in deutscher Erstveröffentlichung. In einem Nachwort gibt Übersetzer Thomas Laux Hintergrundinformationen. Laux, der zuvor schon sieben Romane von Emanuel Bove ins Deutsche übersetzt hat, schreibt, Bove vivesiziere in seinen Erzählungen »die kleinsten Hirnwindungen seiner Figuren«. »Er versieht seine Geschichten freilich immer wieder mit einem leisen, ihm sehr eigenen  Humor, worin die einzelnen psychologischen Verschränkungen und Widersprüche eher distanziert und schließlich doch, so hat es den Anschein, mit maliziösem Schmunzeln aufgedeckt werden.«

© Matthias Pierre Lubinsky

 

 





Chantal Thomas – Die Kunst der Konversation

Chantal Thomas‘ joviale Geschichte der Konversation mit einer Titelvignette von Karl Lagerfeld
© Steidl Verlag/Karl Lagerfeld 2012

 

 

DANDY-CLUB Geschenk-Tipp No. 4:

Chantal Thomas, Die Kunst der Konversation.
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel und Claudia Steinitz.
L.S.D. Verlag 2012, 102 Seiten, gebunden in Leinen, mit einer Titelvignette von Karl Lagerfeld, 16 Euro.

 

Was ist Konversation? Wozu braucht man sie überhaupt?

»Der Grund, weshalb das Niveau der Konversation gegenwärtig derart tief ist«, zitiert Chantal Thomas in ihrem kleinen Büchlein Die Kunst der Konversation, unter der Überschrift »Heute« Jonathan Swift aus einem fernen Jahrhundert, der Grund »liegt nicht an mangelndem Verstand, sondern an Stolz, an der Eitelkeit, an schlechter Gesinnung, an Affektiertheit, an Abseitigkeit, an der Sucht, sich zu behaupten, oder an einem anderen Laster – alles Ergebnis einer verkehrten Erziehung.« Das tröstet uns insoweit, als dass wir erfahren: Das grausige Benehmen ist keine Erfindung unserer Tage. Das scheint es schon früher gegeben zu haben.

Die französische Autorin erzählt uns eine Geschichte der Konversation anhand von drei berühmten Salons: dem im Blauen Zimmer der Madame de Rambouillet, bei Madame du Deffand und im Schloss der Madame de Staël. Damit wird die Geschichte ziemlich umfassend erzählt, denn diese drei Salons fanden im 17., im 18. und der der Madame de Staël im 19. Jahrhundert statt.

Catherine de Vivonne Marquise de Rambouillet (1588-1665) machte aus ihrem Stadtpalais eine Begegnungsstätte, in der sich nicht nur Höflichkeit und die Kunst der Konversation entfalten sollten. Der Adligen war es daran gelegen, auch den Talenten für das Theater und für Sprach- und Gesellschaftsspiele einen Raum zu geben, wie Chantal Thomas berichtet. Sie schildert das Blaue Zimmer als ein Prunkgemach, das durch seine bühnenbildartige Gestaltung eine spirituelle Wirkung auf seine Gäste entfalten sollte. Wie ein Regisseur habe sich die Marquise darauf verstanden, in ihren begrenzten Räumlichkeiten eine Illusion von Tiefe zu schaffen. Aus ihrem Haus hätte sie einen Palast gemacht, aus dem Garten darum eine ganze Landschaft. »Die Stammgäste des Blauen Zimmers benehmen und unterhalten sich«, schreibt Chantal Thomas, »wie in einem Roman. Sie geben sich Namen, spielen Romanszenen nach, ersinnen immer neue Episoden. Sie bewegen sich wie in einem Feenspiel.«

Die Marquise du Deffand beginnt ab dem Jahr 1747 in ihrer Wohnung im Kloster Saint-Joseph, ihre Gesellschaft zu empfangen. Die Wände sind bespannt mit einem roten Moiréstoff voller Schleifen. Die Marquise wollte nach einem eher wilden Vorleben im Alter von 50 Jahren nicht mehr von anderen Gesellschaften abhängig sein – und lud sich ihre eigenen ein. Chantal Thomas schildert sie als zugleich schwierig und charmant, eine »fordernde und zärtliche, sarkastische und liebevolle Persönlichkeit, häufig gehässig« und dabei dennoch zutiefst treu. Madame du Deffand residierte in einem hohen Korbsessel, der mit dem Rücken zum Eingang stand, und lies Lesungen stattfinden, die sie selbst reglos verfolgte aber von möglichst lebhaften Erwiderungen unterbrechen ließ.

Madame de Staël war selbst in einem Salon aufgewachsen. So war es ihr beinahe in die Wiege gelegt, selbst später einen zu gründen. Doch der Salon ihrer Mutter diente einem klar umrissenen Zweck: er hatte der Karriere des Mannes, des Bankiers Jacques Necker, zu dienen.

So war es diese umfassende Erfahrung in den Dingen der Konversation, die es der Madame de Staël erlaubte, die gepflegte Gesellschafts-Unterhaltung in ihren Romanen umfassend zu beschreiben. In ihrem Buch Über Deutschland schreibt sie:

»Die Art des Wohlbefindens, welche eine belebte Unterhaltung gewährt, besteht gerade nicht in dem Gegenstande dieser Unterhaltung; nicht die Ideen und die Kenntnisse, die man darin entwickeln kann, bilden das Haupt-Interesse. Dies geht hervor aus einer gewissen Manier, aufeinander zu wirken, sich gegenseitig und rasch Vergnügen zu machen, so schnell zu sprechen wie man denkt, sich selbst mit Wohlgefallen zu empfinden, Beifall ohne Anstrengung zu ernten, seinen Verstand in allen Abstufungen durch Ton, Gebärde und Blick zu offenbaren und, nach Belieben, eine Art von Elektrizität hervorzubringen, deren sprühende Funken die Lebhaftigkeit der einen mäßigt und die unangenehme Apathie der anderen verbannt.«

© Matthias Pierre Lubinsky