Christian Tagliavini – Voyages Extraordinaires

© Christian Tagliavini, Voyages Extraordinaires
Place des Reves, 2015

 

 

 

Christian Tagliavinis Serie Voyages Extraordinaires wird das erste Mal überhaupt präsentiert. Die Berliner Photo-Galerie Camera Work zeigt einen Zyklus mit 28 großformatigen Photos des in der Schweiz lebenden Künstlers. Inspiriert sind sie von den berühmten Romanen Jules Vernes: Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (1864), Von der Erde zum Mond (1865) und 20.000 Meilen unter dem Meer (1869).

 

In einem aufwendigen Prozeß von zwei Jahren baute der Künstler jeden Bildraum selbst. Als Vorarbeit betrieb er umfassende Recherchen, um die Materialien und Requisiten aus dem späten 19.Jahrhundert zusammenzutragen und die ästhetische Atmosphäre dieser Zeit einzufangen.

 

So entsprechen die verwandten Stoffe und Kleidungsstücke der der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Einige davon sind in der Ausstellung am Berliner Bahnhof Zoo zu sehen.

 

Jules Vernes (1828–1905) Romanzyklus Voyages Extraordinaires (Außergewöhnliche Reisen) umfaßt insgesamt 54 Erzählungen, die erstmals zwischen 1863 und 1905 erschienen. Vernes ambitioniertes Ziel war kein geringeres, als in unterhaltsamer Form das gesamte Wissen der Zeit aus Geographie, Geologie, Physik, Astronomie und anderen Bereichen zusammenzufassen.

 

 

 

Christian Tagliavini – Voyages Extraordinaires
Ausstellung vom 12. Dezember 2015 – 27. Februar 2016
CAMERA WORK Kantstraße 149 10623 Berlin
www.camerawork.de
Öffnungszeiten Dienstag – Samstag 11–18 Uhr

 





André Müller – Ernst Jünger – Gespräche

Diese Interviews haben Sprengkraft: André Müller spricht mit Ernst Jünger
© Böhlau Verlag 2015

 

 

 

Ernst Jünger – André Müller
Gespräche über Schmerz, Tod und Verzweiflung
Herausgegeben von Christophe Fricker, 234 Seiten, gebunden, mit Abbildungen, Böhlau Verlag 2015,
24.90 Euro [D], 25.60 Euro [A].

 

 

André Müller war einer der herausragenden Interviewer Deutschlands. Drei Mal interviewte er Ernst Jünger. Ein Buch dokumentiert nun die Original-Gespräche und den Verlauf der tiefen Freundschaft. Ernst Jünger, André Müller – Gespräche über Schmerz, Tod und Verzweiflung ist dabei mehr als ein Abdruck dieser Gespräche. Entstanden ist nicht weniger als ein Subtext zum Verständnis von Person und Werk des Jahrhundert-Schriftstellers.


André Müller (1946-2011) war ein österreichischer Interviewer, der berühmt geworden ist durch seine Gespräche, die vor allem in der Wochenzeitung Die Zeit abgedruckt worden sind. Seine Interviews sind Legende: Das mit der Feministin Alice Schwarzer gipfelte in gegenseitigen Beschimpfungen. Aber typisch für Müllers extreme Fragekultur war auch, daß der Faden zwischen beiden trotz heftigster Provokation durch den Fragenden nicht abriß. Als Alice Schwarzer feststellte, daß es Müller nur um seine Thesen gehe, schlägt sie dem Interviewer vermittelnd vor, doch umgekehrt einmal ihn für ihre Zeitschrift Emma zu befragen.

 

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Ulrike Ottinger – Chamissos Schatten

© Ulrike Ottinger, Hafen Anadyr. Chamissos Schatten
Courtesy Johanna Breede PHOTOKUNST

 

 

 

Exakt vor 200 Jahren machte sich der damals 34jährige Titulargelehrte Adelbert von Chamisso auf, um Polynesien, Hawaii und Alaska zu erkunden. Chamisso (1781-1838) gelang es, obwohl gebürtiger Franzose, bedeutende Werke in deutscher Sprache zu verfassen.

 

Die deutsche Künstlerin Ulrike Ottinger (geb. 1942) hat sich im vergangenen Jahr auf die Spuren des Naturforschers und Schriftstellers begeben. Photos aus ihrer 2014 entstandenen Serie Chamissos Schatten sind nun in der kleinen und feinen Photogalerie Johanna Breede in Berlin zu sehen.

 

»In meinem Projekt«, schrieb sie vor Antritt ihrer Reise, »plane ich den nördlichen Expeditionsrouten Chamissos, Berings und Cooks zu folgen«.

 

Parallel zeigt Ulrike Ottinger in Zusammenarbeit mit der Staatsbibliothek zu Berlin die Ausstellung:

WELTREISE
Forster – Humboldt – Chamisso – Ottinger
2. Dezember 2015 bis 27. Februar 2016
Potsdamer Str. 33 (Eingang Otto Braun Saal)
10785 Berlin
Tel.: +49 30 266 435100
Anläßlich der beiden Ausstellungen zeigt das Kino Arsenal eine Filmreihe zum Thema „Weltreisen“ mit Filmen von Ulrike Ottinger: www.arsenal-berlin.de/weltreisen

 

 

Johanna Breede PHOTOKUNST

Fasanenstr. 69, 10719 Berlin
T +49 (0)30-889 13 590
kunsthandel@breede.de
www.johanna-breede.com

Di-Fr 11-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr
Johanna Breede PHOTOKUNST

Oscar Wildes 115. Todestag

Oscar Wilde (1854-1900)
Photo von Napoleon Sarony, 1882

 

 

Oscar Wilde starb vor 115 Jahren: am 30. November 1900.Der DANDY-CLUB erinnert an einen der bedeutendsten Dandys des 19. Jahrhunderts.


Oscar Wilde interessierte sich – wie der Ur-Dandy Beau Brummell – nicht für wirklich vieles. Für das, wofür er sich aber interessierte, hatte er ein außergewöhnliches Gedächtnis und große Begabung. Ähnlich wie bei der Romanfigur Des Esseintes waren das die klassischen Sprachen. Damit wurden die Schuljahre für den jungen Oscar zum Triumphzug. Für seine Leistungen in griechischer Bibellektüre gewann er den Carpenter-Preis, und er erhielt ein Stipendium für das Trinity College in Dublin.

 

Es ist die Anekdote überliefert, daß er im Unterricht einen altgriechischen Text übersetzt vortragen sollte. Nachdem er einen Teil fließend übersetzt hatte, wollte der Lehrer ihn stoppen. Es sei nun genug, seine Leistung hinlänglich bewiesen. Doch Oscar wollte nicht aufhören, schließlich sei doch auch interessant, wie das Stück ende, hielt er dem Lehrer entgegen.

 

An der Universität von Oxford fiel er sofort auf. Dafür sorgte schon seine stattliche Größe von etwa 1,90 Meter, was damals eine Besonderheit war. Doch dies allein wäre kein Grund für die außerordentliche Beachtung gewesen, die man ihm widmete. Der neue Kommilitone hatte sich selbst einen schauspielerischen Auftritt als Dauerrolle aufgezwungen. Man sah ihn niemals über den Campus rennen, sondern nur gemäßigten Schrittes schreiten. Die Hinweise auf seine irische Abstammung versuchte er zu tilgen.

 

Als Bachelor of Arts mit hervorragenden Examina schloß Wilde sein Studium in Oxford ab. Was er damit beruflich anfangen sollte, wußte er jedoch noch nicht. Auf jeden Fall war es ihm als idiosynkratischem Menschen verwehrt, „irgendwelche schreckliche Arbeit“ zu tun, „um Brot zu verdienen“. Die Aussichten auf eine literarische Laufbahn waren zwar nicht sonderlich erfolgversprechend, entsprachen aber am ehesten seinem Lebensmodell. In De Profundis schrieb er später, er habe die Universität mit dem Wunsch verlassen, nun das Leben voll auszukosten. Also zog er Anfang 1879 nach London, um hier zu versuchten, sich als Schriftsteller und Kunstkritiker zu etablieren. Der Erfolg war auch dringend nötig, schließlich mußte er sich schlicht und ergreifend seinen Lebensunterhalt verdienen. Aufgrund seiner exaltierten Art, seiner unglaublichen Unterhaltungskünste, gelang es Wilde schnell, in der Londoner Gesellschaft zu reüssieren.

 

Er schliff weiter an seinen schauspielerischen Attitüden und hatte kindischen Spaß daran, eine moderne Variante des Hofnarren zu spielen. Er machte sich schnell einen Namen als brillanter Geschichtenerzähler. Durch das betont Bedächtige, Beherrschte wirkte er orakelhaft und verlieh seiner Dandyattitüde Nachdruck.

 

Neben seiner Gesprächskunst nutzte Wilde auch sein Talent, mittels der Kleidung in ein gesellschaftliches Spiel einzutreten. Angestachelt durch seinen unglaublichen Erfolg in der Londoner Gesellschaft, beschritt Wilde den Weg der exzessiven Selbstdarstellung konsequent weiter. Für einen Dandy ebenfalls typisch, hatte Wilde Geldprobleme. Seine Ausgaben für Kutschfahrten, Dinners, Blumen und Geschenke waren immens.

 

Oscar Wildes Untergang begann mit seiner Bekanntschaft zu dem deutlich jüngeren Bosy, in den er sich verliebte – und der ihn nach Strich und Faden ausnutzte. Nach einer Denunziation wurde der Schriftsteller vor Gericht gestellt und zu seinem Erstaunen auch verurteilt. Die Festungshaft ruinierte seine Gesundheit. Danach verließ er England endgültig. Am 30. November 1900 starb er im Hôtel d’Alsace in Paris. Beigesetzt wurde Wilde am 3. Dezember in Bagneux. Seine sterblichen Überreste wurden im Jahre 1909 auf den Pariser Friedhof Père Lachaise in ein Ehrengrab überführt. Nun ruht der brillante Selbstdarsteller, der das Dandytum noch einmal so wirkungsvoll wiedererweckt hatte, in der Nachbarschaft seines großen Anregers Charles Baudelaire.

 

 

 

 

 

Begegnungen mit Benjamin

Füllt eine Lücke: Die chronologische Sammlung von Äußerungen über Walter Benjamin
© Lehmstedt Verlag 2015

 

 

 

Begegnungen mit Walter Benjamin.
Herausgegeben von Erdmut Wizisla, 400 Seiten, geb., Lehmstedt Verlag, Leipzig 2015, 24,90 Euro (D).

 

 

Walter Benjamin ist einer der herausragenden Intellektuellen Deutschlands der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Viele kennen sein Werk – in Teilen wenigstens. Aber wer war dieser Schriftsteller und Übersetzer persönlich? Das Buch Begegnungen mit Benjamin bringt erstmals sämtliche bislang veröffentlichten Äußerungen in gesammelter Form.

 


Wir alle kennen Walter Benjamin (1892-1940). Will sagen: Wir haben irgendetwas von ihm gelesen. Die beiden  berühmten dunkelblauen Bände des Passagen-Werks völlig zerlesen und mit möglichst vielen Anmerkungen im Bücherregal zu haben, ist ein Ausweis von Intellektualität. Man kennt Benjamins Fragmente zu Baudelaire. Doch kaum jemand weiß, daß Walter Benjamin einer der ersten in Deutschland war, der die Bedeutung von Marcel Proust erkannte. Zusammen mit Franz Hessel übersetzte er den zweiten und dritten Band der À la recherche du temps perdu.

 


Der Leipziger Lehmstedt-Verlag veröffentlicht nun eine sehr verdienstvolle Sammlung: Auf beinahe 400 Seiten enthält der geschmackvoll gebundene Band Erinnerungen, Berichte, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen von Bekannten Benjamins. Verdienstvoll ist das Buch aus vielerlei Gründen. So finden sich hier nun zum ersten Mal wohl sämtliche bisher publizierten Äußerungen des 1940 durch einen Freitod an der französisch-spanischen Grenze ums Leben Gekommenen. Die meisten Texte waren bisher schwer auffindbar, da sie in kleinen Zeitschriften oder anderswo eher abseitig publiziert worden sind. Doch – wie der Literatur-Connaisseur weiß – schmälert dies keinesfalls ihren Wert. Ganz im Gegenteil, erscheinen doch häufig die interessantesten Aufsätze der Literaturwissenschaft in sehr kleinen Zeitschriften. Nun sind sie endlich alle zwischen zwei Buchdeckeln zu finden.

 

 

Ausdrücklich zu begrüßen ist auch die chronologische Ordnung der insgesamt 39 Texte von 33 Autoren. So entsteht durch die Lektüre des Buches eine Dichte, wie sie sonst nur eine gute Biographie herzustellen vermag.

 

 

Übereinstimmend beschreiben viele Weggefährten Benjamin in seiner Erscheinung als recht schüchtern und anfänglich sehr zurückhaltend. Gershom Scholem, der einige Jahre mit Benjamin eng befreundet war, schreibt:

Benjamin machte, wenn man ihn kennenlernte, einen überaus merkwürdigen Eindruck. Er war von größter Zivilität; ich pflege – wenn ich von ihm spreche – zu sagen, er hatte eine chinesische Höflichkeit im Umgang mit Menschen, und zugleich war an ihm ein sehr starkes Element der Zurückhaltung, das sich sehr langsam im Verkehr mit Menschen auflöste. Er war sehr empfindlich und argwöhnisch, wenn  man ihm persönliche Fragen über ihn stellte.

 


Scholem, der 1923 nach Palästina auswanderte, schildert wie stark ihn der fünf Jahre ältere Freund intellektuell beeinflußt hatte.

 

 

Hilfreich und klug sind die kurzen Erläuterungen, die Herausgeber Erdmut Wizisla den Texten voranstellt. Wizisla leitet das Walter Benjamin- und das Brecht-Archiv an der Akademie der Künste, Berlin. Neben den wichtigsten biographischen Daten zum Autor erfährt der Leser jeweils das Relevante zur Beziehung mit Benjamin. So liest man über den amerikanischen Schriftsteller Edouard Roditi, der in einer Biographie über Oscar Wilde das Dandytum des Iren herausgearbeitet hat, daß Roditi nach dem Krieg in einem Brief Adorno mitteilte, wieviel Benjamin dem Kollegen Ernst Jünger bedeutet haben soll. Das ist allerdings fraglich, weil die beiden Antipoden waren. Im umfangreichen Tagebuch von Jünger wird Benjamin nicht ein einziges Mal erwähnt. Von Bedeutung, aber wohl nicht mehr zu beweisen ist dabei, inwieweit sich Jünger während der deutschen Besatzung für seinen Kollegen Benjamin beim Generalstab eingesetzt hat. Erwiesen ist, daß Jünger sich für viele Bedrohte intensiv verwandt hat, beispielsweise für den Nationalbolschewisten Ernst Niekisch, in dessen Berliner Wohnung er kompromittierende Unterlagen verbrannt hat.

 


Überhaupt fällt die häufige Übereinstimmung bei den Charakterisierungen der Bekannten auf. Benjamin wird immer wieder als guter Rhetoriker beschrieben, der es geliebt habe, seine Ideen quasi am Gesprächspartner zu entwickeln. »Er liebte es, Theorien zu formulieren«, sagt Jean Selz, der mit Benjamin lange Monate auf Ibiza verbrachte. Obwohl sein Verhalten oft wie ein versunkener Monolog gewirkt habe, erzählen viele Freunde, habe er Widerspruch dankbar aufgenommen. Diese hinzugewonnene Dialektik habe sich dann manchmal auch in den späteren Publikationen Benjamins wiedergefunden.

 


Besonders berührend sind die letzten Dokumente in dem wohlfeilen Band. Der Freitod von Walter Benjamin sorgte noch einmal für eine tiefe Erschütterung bei Weggefährten und (ehemaligen) Freunden, worin hier ein intimer Einblick gewährt wird. Sichtlich bewegt schreibt Theodor. W. Adorno nach dem Suizid Benjamins an Gershom Scholem: »Ich weiß überhaupt nicht, wie es nach dem Tod von Walter weitergehen soll«.

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2015




David Drebin – Chasing Paradise

© David Drebin, Hollywood Dreams, 2014

 

 

 

Die Berliner Photogalerie CWC präsentiert den Photographen David Drebin in einer Einzelausstellung. Über 50 zumeist großformatige Werke, von denen einige zum ersten Mal gezeigt werden, sind käuflich zu erwerben. Parallel zur Ausstellung erscheint bei teNeues das gleichnamige Buch Chasing Paradise.

 

 

David Drebin inszeniert erotisch-phantastische Geschichten. Schöne Frauen räkeln sich in Apartments und gewähren dem Voyeur Einblick. Andererseits bleibt der Ort des Begehrens für den Betrachter unerreichbar.

 

 

Küntlich-künstlerische Filmstills, die zum Träumen einladen.

 

 

© David Drebin, Heels and Weels, 2013

 

 

 

David Drebin – Chasing Paradise

Ausstellung vom 21. November 2015 bis 30. Januar 2016
CWC GALLERY Auguststraße 11–13 10117  Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag 11–19 Uhr. Eintritt frei

 

 




Joachim Dyck – Studien zu Gottfried Benn

Lesenswert und erhellend: Die Studien zu Gottfried Benn
© Königshausen & Neumann 2015

 

 

 

Joachim Dyck, „Hätte ich emigrieren sollen?“
Studien zu Leben und Werk von Gottfried Benn.
190 Seiten, Paperback, Königshausen & Neumann 2015, 29,80 Euro(D).

 

 

Gottfried Benn (1886-1956) gilt heute als einer der bedeutendsten deutschen Lyriker des 20. Jahrhunderts. In den vergangenen Jahrzehnten war er ‚umstritten‘, weil er anfangs die Herrschaft der Nationalsozialisten begrüßt hatte und nicht emigriert war. Diese Sicht auf den dichtenden Hautarzt hat sich mittlerweile gründlich verändert. Dazu trugen auch die Veröffentlichungen von Joachim Dyck bei. Einige seiner lesenswerten Aufsätze erscheinen nun in einem eigenen Band.

 


Gottfried Benn ist schon skurril. Einerseits führte er ein sehr bescheidenes, beinahe karges Leben. Seine letzte Wohnung war klein und dunkel. Sie lag an der Belle-Alliance-Straße 12, dem heutigen Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg. Es war weniger eine Privatwohnung als eine kleine Hautarzt-Praxis, in der der Poet zwischen den einzelnen Patienten im Behandlungszimmer seine des Nächtens hingekritzelten Poeme redigierte.

 

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Roland Barthes zum 100. Geburtstag

Ein Lesevergnügen: Die große Biographie von Tiphaine Samoyault
© Suhrkamp Verlag 2015

 

 

 

Der französische Intellektuelle Roland Barthes wäre am 12. November 2015 einhundert Jahre alt geworden. Er, der ein Leben lang auf subtile Weise in allem, was uns umgibt, die Zeichen suchte, starb denselben absurden Verkehrstod wie Albert Camus. Durch eine Unachtsamkeit beim Überqueren der Straße von einem Lieferwagen erfaßt, starb er vier Wochen später 1980 im Krankenhaus mittelbar an den Folgen des Unfalls.

 


Es war kein Zufall, daß er Proust so verehrte. In seiner grandiosen Vorlesungsreihe am Collège de France mit dem Obertitel Die Vorbereitung des Romans beschäftigte sich Roland Barthes im Jahr seines Todes ausgiebig mit dem Schöpfer der Suche nach der verlorenen Zeit. Letztlich war es genau das, was der Semiologe selbst suchte. Was ist das Essentielle dessen, was wir erlebt haben. Was macht uns aus? Was bleibt?

 

 

Die Themen der Vorlesung kreisen um den Preis, den ein Schriftsteller zahlt, um dem Leben einen Roman abringen zu können. Krankheit, Einsamkeit, Schuldgefühle sind zentrale Begriffe, die Barthes immer wieder aufgreift. Bekannt ist, wie Marcel Proust seinen mehrere tausend Seiten starken Romanzyklus buchstäblich gegen alle Widrigkeiten des Lebens erkämpfte. Trotz stetig fortschreitender Krankheit ließ Proust nicht ab, sondern setze alle verbleibende Energie daran, das unvorstellbare Vorhaben zuende zu bringen. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte der schwer Asthma-Kranke in einem winzigen feuchten Zimmer – zuletzt nur noch im Bett. Das letzte Buch der recherche hat er dann gar diktieren müssen.

 

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Markus Lüpertz im Bode-Museum

Markus Lüpertz, Achilles, 2014, Gips bemalt , 2001, Bronze bemalt
© VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Photo: Andrea Stappert

 

 

Der Dandy-Künstler Markus Lüpertz ist ein Bewunderer der Kunst vergangener Jahrhunderte. VieleStunden verbrachte er im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel vor dem Apollo von Ludwig Münstermann.

 

 

Diese Figur mit ihrer barocken Ausdruckskraft inspirierte Markus Lüpertz zu zahlreuchen Zeichnungen, von denen nun einige just an diesem Ort zu sehen sind. Außerdem schmücken einige große Skulpturen die Innenhöfe, den Eingangsbereich und den Platz vor dem Museum.

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Anton Corbijn – Retrospektive

© Anton Corbijn, Clint Eastwood, Cannes, 1994

 

 

 

Er ist der offizielle Band-Photograph von U2 und Depeche Mode. Er hat unzählige Photos gemacht, die in den vergangenen Jahrzehnten das Image von Nirvana, den Rolling Stones, Tom Waits, REM, Johnny Rotton und anderen mitgeprägt haben. C/O Berlin holte die grandiose Retrospektive zum 60. Geburtstag von Anton Corbijn nach Berlin.

 


Ein britisches Musikmagazin hatte Corbijn zu Nick Cave geschickt, um den kommenden Star für eine Geschichte zu photographieren. Der Musiker kannte den Photographen nicht und hatte wenig Lust, sich bei seinen Studio-Sessions stören zu lassen. Anton Corbijn konnte Nick Cave dann trotzdem überreden, Aufnahmen außerhalb des Studios zu machen. Er stellte den Dandy-Punk vor eine Klinkerwand, wo dem der Wind ins Gesicht blies. Cave guckte ein wenig grimmig – der Kragen ging etwas nach oben. Nick Cave war von dem Photo später so überzeugt, daß es das Cover der nächsten Platte zierte.

 

 

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