Karl Lagerfeld: Intellektuelle sind Schlampen

Karl Lagerfeld ist omnipräsent




Intellektuelle seien Schlampen, sagte Karl Lagerfeld im Interview mit dem Zeit-Magazin, das morgen, 11. November 2010, erscheinen wird.

Auf die Frage, ob die Deutschen in den vergangenen 40 Jahren modischer geworden seien, sagte der weltweite arbiter elegantiarum: »Heute gibt es so viele modische Deutsche wie Franzosen, Italiener, Amerikaner. Außer bei den Intellektuellen.  Früher, da sahen die Intellektuellen noch nach etwas aus. Aber heute sind das doch alles Schlampen – und nicht nur die Deutschen.«

Und dann setzte der bekannteste Deutsche noch einen drauf und nannte einen Namen:  »Tut mir leid, ich hasse schmuddelige Intellektuelle. Günter Grass sollte sich mal Schlips und Kragen zulegen – er würde jünger aussehen.«

Auch die Infantilisierung der Gesellschaft spießt Lagerfeld auf. Er vermisst heute die Vorbilder für die Kinder: »Früher wollten wir Kinder erwachsen werden – heute wollen die Erwachsenen am liebsten Kinder sein. Die kleiden sich ja schon wie ihre Kinder, mit kurzen Hosen und bunten Polos. Und am Schluss verdummen alle Generationen friedlich gemeinsam vor dem Fernseher!«

Das gesamte Interview ist morgen im Zeit-Magazin.

30 Jahre Einstürzende Neubauten

Die Einstürzenden Neubauten: Der Tod ist ein Dandy
Hier geht’s zum Original-Video auf Youtube:
http://www.youtube.com/watch?v=TSL7AngjjrE&p=07DFCDA40B647A6F&playnext=1&index=19



30 Jahre Einstürzende Neubauten! Ja, der klassische Dandy sieht anders aus. Dennoch haben die Einstürzenden Neubauten viel Dandyeskes: Am augenscheinlichsten verkörpert dies natürlich mittlerweile Blixa Bargeld, der zum Gourmet avanciert ist, mit Nick Cave befreundet und keinen Hehl daraus macht, auch schöne Dinge zu mögen. Der Punk ist dem Dandy näher als der Snob! Seinen Kunstnamen entlehnte der ehemalige Punk dem deutschen Dadaisten Baargeld.

Den schönsten Text zu diesem Jubiläum fanden wir bei dem Berliner Stadtmagazin Tip.

Jacek Slaski und Hagen Liebing schreiben von einem Auftritt im Londoner ICA, der bereits nach 21 Minuten endet: »Die Veranstalter brechen das zerstörerische Treiben entsetzt ab und entreißen FM Einheit seinen Presslufthammer – sonst würde er womöglich das gesamte Gebäude demolieren. Schließlich haben die Einstürzenden Neubauten für diesen Abend geplant, sich durch den Bühnenboden zu graben, am besten so tief, dass sie das Gebäude bequem wieder durch den Untergrund verlassen können (…) Ein Szenario, das 1984 fast schon zum Alltag dieser Band gehört, der der Ruf vorauseilt, dass sie weder auf die eigene Gesundheit noch auf das Wohlergehen ihrer Zuschauer Rücksicht nimmt: In Chicago und Los Angeles setzten sie die Bühne in Brand, in der Frankfurter Batschkapp fliegt ein Molotow-Cocktail ins Publikum. Diese Orgien der Gewalt und des Krachs begründeten den Weltruhm der vielleicht einflussreichsten Band aus Berlin.«

Hier geht’s weiter:
http://www.tip-berlin.de/musik-und-party/30-jahre-einsturzende-neubauten


Die Einstürzenden Neubauten sind im Ausland vielleicht noch erfolgreicher als in Deutschland. Zwar waren hier ihre Jubiläums-Konzerte ausverkauft. In den USA sind sie jedoch bekannt als Erneuerer der Rockmusik in den 1980er Jahren. Wie die Musiker selbst mit einem Lächeln erzählen, waren ihre Geräuschmacher – von Instrumenten kann man nicht in allen Fällen sprechen – »Zumeist sorgsam zusammengestohlen« von Westberliner Schrottplätzen und Baustellen. Es waren  Fässer, Stahlteile, Bohrmaschinen, Hämmer und Sägen nebst einer ungestimmten Gitarre.


Hier geht’s zur DPA-Meldung:
http://www.zeit.de/news-102010/22/iptc-bdt-20101022-18-26921778xml

Berlins vergessene Mitte

Karl Johannes: Neuer Mühlendamm, 1968
Eva Rothkirch, Berlin



Drr DANDY-CLUB weist auf eine Ausstellung hin, die versucht, der Verhässlichung der Welt entgegenzuwirken:

Berlins vergessene Mitte. Stadtkern 1840-2010.
Ephraim-Palais/ Stadtnuseum Berlin
Poststraße 16
10178 Berlin
Dienstags und donnerstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, mittwochs 12 bis 20 Uhr.
Noch bis 27. März 2011.
www.stadtmuseum.de

Der empfehlenswerte Katalog vertieft die ambitionierte Ausstellung mittels zahlreicher Essays, Photos und Karten:
Berlins vergessene Mitte. Stadtkern 1840-2010.
Herausgegeben von Franziska Nentwig und Dominik Bartmann, Drckverlag Kettler, Bönen 2010, 232 Seiten, Euro 29,90.

Berlin ist ohne historisches Gedächtnis. Die deutsche Hauptstadt hat in ihrer Architektur und Stadtgestaltung kaum eine Anbindung an vergangene Zeiten, an alte Plätze oder Alleen.

Daran schuld ist nicht nur das massive Bombardement im Zweiten Weltkrieg. Das hat die Stadt tatsächlich weitgehend eliminiert. Zerstörungswut aber hatte jede Epoche – auch wenn dies nicht allgemein bekannt ist. So wurde die Metropole über die Jahrhunderte von ihren jeweiligen Herrschern immer wieder radikalen Veränderungen unterworfen. Selbst nach 1945 wurde vieles abgerissen, was nicht unwiederherstellbar zerstört war. Das Stadtschloss ist da nur ein Beispiel. Das große Hohenzollern-Ensemble störte den sozialistischen Staat in seinem Herzen. Die Fasanenstraße, eine Querstraße zum Kurfürstendamm, ist seit Jahrzehnten vornehmste Galerie- und Wohnadresse. Wem ist bewusst, dass ihre alten Häuser in den 1960er Jahren für den Bau einer Tangente zur Stadtautobahn komplett geschleift werden sollten? Der Deutschen Bank ist ihr Erhalt zu verdanken: Sie bewilligte keinen Kredit für die blinde Zerstörung vorhandener Substanz.

Noch immer klaffen in dieser so geschundenen Stadt riesige Wunden: Die flächenmäßig größte ungeklärte Stelle ist der Platz vor dem Roten Rathaus, dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters in Berlins Mitte. Jedoch ist dies nicht der einzige Platz, der einer Gestaltung harrt. Dies gilt auch für den Petriplatz, den Molkemarkt und das Klosterviertel.


Dieter Kühne: Blick vom Rathaus zur Karl-Liebknecht-Straße, 1969
Stadtmuseum Berlin




Das Stadtmuseum Berlin mischt sich nun in die Diskussionen ein. In Kooperation mit dem Landesarchiv Berlin präsentiert das Museum zum 4. Europäischen Monat der Fotografie Berlin Fotografien zur Geschichte des Stadtkerns zwischen 1840 und heute. Dieser ehemalige, alte Stadtkern ist als solcher heute nicht mehr auszumachen.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet, das Aspekte der Ausstellung vertieft und zugleich Fragen nach dem künftigen Umgang mit Berlins Mitte stellt. St. Marien- und Nikolaikirche sind die letzten noch erhaltenen Gebäude, die an das Gründungszentrum erinnern. Der Nihilismus ihrer Umgebung macht klar, warum in Berlin der Begriff ‚Altstadt‘ nicht existiert.

Ausstellung, Rahmenprogramm und das begleitende Katalogbuch verstehen sich durchaus als gewollter Anstoß, sich Gedanken an der zukünftigen Gestaltung dieses Platzes zu machen. Als Aufforderung, an Diskussionen teilzunehmen.  Franziska Nentwig, die Generaldirektorin des Stadtmuseums begründet die Ausstellung so: »Das jetzige Aussehen der inneren Mitte Berlins ist umstritten. Wem gehört sie und was gehört hier her? Sie ist ein prominenter städtischer Lebensraum, aber auch zentraler Ort der Bundeshauptstadt. Ihre Gestaltung visualisiert unseren Umgang mit Geschichte. Kluge Entscheidungen zur Zukunft dieses so bedeutsamen Areals erfordern die Kenntnis seiner Vergangenheit.«

Ein wichtiger Teil des Projektes »Berlins vergessene Mitte. Stadtkern 1840-2010« ist das Katalogbuch zur Ausstellung. Es dokumentiert neben den Photos der Schau auch zahlreiche Stadtpläne, Karten und historische Ansichten, die unabdingbar sind, will man sich eine Meinung bilden. Die Direktorin des Stadtmuseum macht deutlich, dass heute ein anderer Zeitgeist herrscht, als vor 30 oder 40 Jahren, wo die Stadtplaner eher versuchten, Vergangenheit – so weit überhaupt noch vorhanden – zu tilgen: Bevor planerisch agiert werde, müsse man sich der Vergangenheit stellen. Denn es gehe an diesem zentralen Ort nicht nur um Städtebau, »sondern auch um Verhandlung von Geschichtsbildern, um Interpretationen der Vergangenheit und deren Verankerung in der Zukunft«.


Hermann Rückwardt: Bau der Kaiser-Wilhelm-Brücke und der Kopfbauten an der Burgstraße, 22.6.1887
Stadtmuseum Berlin




Hat man die Ausstellung besucht, so eignet sich das großformatige Buch zum Immer-wieder-Nachlesen von Zahlen, Daten, Fakten, die wichtig sind, will man wirklich zu einer eigenen Meinung gelangen. So erfährt der Interessierte, dass von den um 1840 vorhandenen etwa 1.500 Häusern des Stadtkerns in den darauffolgenden 130 Jahren 1.488 abgerissen wurden. Die insgesamt drei Dutzend Textbeiträge des Bandes sind auch für Laien verständlich und geben ein facettenreiches Gesamtbild ab. Sie sind durchgehend bebildert, was dem Buch nicht nur optisch zu Gute kommt, sondern die Aufsätze verständlicher macht.

In seinem erstaunlichen Beitrag schreibt Klaus Hartung über »Geschichtsverlust und ästhetische Degradation«, gelöschte Erinnerungen hätten ihre Folgen: Die vergessene Mitte Berlins sei nicht zum Anschauen, sondern buchstäblich zum Vergessen. »Die gotische St. Marienkirche, stolzes Relikt der ehemaligen Hansestadt, ist verurteilt, als Fremdkörper am eigenen Ort zu erscheinen. Sie versinkt förmlich im Boden, im Schatten von dreizehnstöckigen Plattenbauwänden. Der riesige Platz mit seinen überdimensionierten Wohn- und Geschäftsbauten am Rande wirkt wie ein ödes Trabantenstadtzentrum, ein diffuser Raum, tendenziell verwahrlost, ohne Kraft, die historischen relikte und Großbauten zu versöhnen.« Diese Leere »einer von der Phantasie verlassenen Steinbaukastenstadt« (Robert Musil) sei das Ergebnis einer »Ausschabung« der Altstadt.

Nun rächt sich, den Deutschen – in West wie in Ost – historisches Bewusstsein verwehrt zu haben. Dieses Katalogbuch, die gesamte Ausstellung und das umfangreiche Rahmenprogramm zeugen vielleicht von neuem Geist. Sie sollten zahlreich wahrgenommen werden.


Arwed Messmer: Großer Jüdenhof, 22.11.2009
Stadtmuseum Berlin



Steve McQueen – Plakate

Porsche Werbeplakat für den US-Markt mit Steve McQueen




Am kommenden Sonntag, 7. November 2010, jährt sich der Todestag des legendären Schauspielers Steve McQueen (24. März 1930 – 7. November 1980) zum 30. Mal. Aus diesem Anlass dokumentiert der DANDY-CLUB einige Plakate – vor allem Filmplakate – mit dem kühlen Einzelgänger, der die meisten Stunts selber machte.




Filmplakate für den Steve McQueen-Film Bullett (1968)

Amerika



Deutschland



Tschechoslowakei



Cincinnati Kid (1965)



The Hunter (1980)



Die deutsche Fassung:

Jeder Kopf hat seinen Preis

How to make a book with Steidl

Gerhard Steidl in seiner Göttinger Druckerei
© ZDF/ Gerald von Forris. All rights reserved.



Grundsätzlich rät der DANDY-CLUB nicht zum Fernsehen, aber heute Abend (22.25 Uhr, 3Sat) gibt es eine rühmliche Ausnahme. Der Gemeinschaftssender 3Sat bringt den preisgekrönten Dokumentarfilm How to make a book with Steidl.

Gerhard Steidl ist ein Verleger, wie der Bibliomane ihn liebt: Scheinbar für nichts anderes auf der Welt, als dafür, seine mittlerweile weltweit bekannten Bild- und Photobände zu produzieren. Steidl, der am 22. November 2010 seinen 60. Geburtstag begeht, hat vor Jahrzehnten zur Verschrottung vorgesehene Druckmaschinen gerettet. Heute entstehen auf ihnen die besten Photobände der Welt. Steidl überwacht persönlich den Druck jedes einzelnen Bogens. Dafür steht er mitten in der Nacht auf. Sein Perfektionismus brachte ihm Anerkennung. Photographen träumen davon, von Steidl gedruckt zu werden. Karl Lagerfeld, ein anderer bibliomaner Perfektionist, lässt bei ihm alles für Chanel drucken: Nicht nur die gebundenen Kataloge, sondern auch die Eitrittskarten.

Steidl stemmt mit lediglich 45 Mitarbeitern jährlich an die 300 Bücher. Da weiß man, was jeder einzelne leistet. Er selbst gibt offen zu, dass die ambitionierten Photobücher, die vom Verlag gestaltet werden, nur aufgrund einer massiven verlagsinternen Subventionierung machbar sind. In der Welt der Haut-Couture verdiene er das Geld, das er für die Photokunstprojekte „zum Fenster raus wirft“, wie Steidl lakonisch feststellt.

Der Dokumentarfilm von Jörg Adolph und Gereon Wetzel eröffnet die 34. Duisburger Filmwoche und wurde ausgezeichnet mit der ‚Goldenen Taube‘ für den besten deutschen Dokumentarfilm des Internationalen Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm in Leipzig 2010.

How to make a book with Steidl
4. November 2010, 22.25 Uhr, 3Sat


Der Film hatt eine eigene Website:
http://www.howtomakeabookwithsteidl.de/file/Home.html

Hier geht’s zur Produktionsfirma:
http://www.ifproductions.de/


Dandy Magazine

Die neue Ausgabe des französischen Dandy-Magazins



Neben ihrer Lebensart haben die Franzosen uns noch eines voraus: Die Grande Nation hat ein Magazin namens ‚Dandy‚. Was einen Dandy nun tatsächlich ausmacht, ist nicht allgemein bekannt, – in Deutschland wird viel Nonsens geschrieben. Aber immerhin ist zu konzedieren, dass das Interesse an dieser Sozialfigur rasant steigt.

Das französische Magazin hebt sich auf jeden Fall wohltuend ab von den bekannten – unsäglichen – Männer-Magazinen, die gewöhnlich aus den USA kommen und vor allem Vorurteile über die Herren pflegen. Das Dandy Magazin behandelt recht intelligente und teils anspruchsville Themen: In erster Linie werden natürlich Franzosen porträtiert. Steve McQueen war auch schon Thema. Reisetipps und viele nützliche Hinweise neben einer ästhetischen Gestaltung führen zu unserer Empfehlung,  einen Blick in die Publikation zu werfen.

Gut gemacht ist auch der Online-Auftritt von Dandy:
http://www.dandy-mag.com/

Brian Ferry – Olympia

Zur Veröffentlichung der neuen Platte von Brian Ferry hier das offizielle Promo-Video zu dem Song ‚You can dance‘, bei dem nicht zufällig alte Roxy Music-Zeiten anklingen. – Schließlich sollte es ursprünglich ein Roxy Music-Album werden.

Ein sehr lesenwertes Interview – auf das wir schon auf unserer Facebook-Seite hingewiesen haben – hat die Hamburger Zeit geführt. Hierin lässt sich der 65jährige über seinen dandysme aus, warum er am liebsten Cordanzüge trägt und welche Kunst in seinem Landhaus hängt:
Dandy in der Kompfortzone
http://www.zeit.de/2010/43/Interview-Bryan-Ferry?page=1

James Bonds Aston Martin versteigert


Der Film stellt den Aston Martin DB5 von James Bond mit seinen Extras vor




James Bonds Aston Martin DB5  kam in London unter den Hammer. Sean Connery fuhr den silbergrauen Aston Martin DB5, Baujahr 1964, in den Filmen „Goldfinger“ und „Thunderball“.

Für 2.912.000 Pfund Sterling oder umgerechnet 4.608.500 US-Dollar ging das mit allerlei Geheimdienst-Features ausgestattete Auto bei Sotheby’s an den neuen Besitzer: Harry Yeaggy, ein amerikanischer Geschäftsmann sagte nach dem Zuschlag: „Von diesem Auto habe ich schon immer geträumt. So wie er ist, wird der DB5 in meinem Museum in Ohio ausgestellt.“

Ein anderer US-Amerikaner, Jerry Lee, Betreiber eines Rundfunksenders in Philadelphia, hatte das Filmauto 1969 direkt bei Aston Martin Lagonda für 12.000 US-Dollar erstanden. „Q“, derTüftler im Dienste seiner Majestät, hatte den Sportwagen mit einer Reihe von Hilfsmitteln ausgerüstet, die dem Agenten seinen Job erleichtern sollten. Sie sind noch heute voll funktionsfähig – bis auf die Maschinengewehre, die aus Sicherheitsgründen nie funktionierten:  rotierende Wechselkennzeichen, Schleudersitz für unliebsame Beifahrer, ausfahrbarer Kugelfang im Heck, ausfahrbare Messern in den Radnaben sowie Nebel-, Öl- und Krähenfüße-Werfer gegen lästige Verfolger. Unglaublich: Der DB5 war schon vor 46 Jahren mit einem Autotelefon und Bildschirm für Satelliten-Navigation ausgerüstet.

Das Auktionshaus hatte etwa 1 Million Pfund mehr erhofft. Der Erlös kommt zum Einen der Jerry Lee Stiftung, eine multinationale Initiative für gesellschaftliche Problemlösungen in Zusammenhang mit Armut und Verbrechensbekämpfung, zugute und zum Zweiten dem Jerry Lee Center of Criminology an der University of Pennsylvania und dem Jerry Lee Centre of Experimental Criminology an der University of Cambridge.

La Bohème – Der Katalog

Anonym: Der Schauspieler Désiré als Jupiter, der sich in eine Fliege verwandelt hat,
Paris um 1865. Carte-de-Visite, Albuminpapier
© Alle Photos: Museum Ludwig Köln



Bodo von Dewitz (Hg.), La Bohème. Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts. Katalog zur Ausstellung im Museum Ludwig Köln. Steidl Verlag, Göttingen 2010. 399 Seiten, gebunden in Leinen, 58 Euro.



Sartre schrieb in seiner brillanten Studie über Charles Baudelaire:

»Baudelaire manifestiert seine Besonderheit im Rahmen der bestehenden Welt. In einer Regung des Aufruhrs und des Zornes hat er sie zuerst seiner Mutter und seinem Stiefvater entgegengesetzt. Aber es handelt sich eben um Aufruhr, nicht um eine revolutionäre Tat. Der Revolutionär will die Welt ändern; er überholt sie in Richtung auf die Zukunft, in Richtung auf eine Wertskala, die er selbst erfindet. Der Aufrührer aber sorgt dafür, daß die Mißstände, unter denen er zu leiden hat, bestehen bleiben, damit er sich gegen sie auflehnen kann.«

Sartres Untersuchung ist noch heute Maßstab für alles Folgende über Baudelaire, – auch wenn sie bescheiden als ‚Essay‘ daherkommt. Der Existenzialist schreibt weiter:

»Immer trägt er Elemente des schlechten Gewissens und eine Art Schuldgefühl mit sich herum. Er will weder zerstören, noch überwinden, sondern sich gegen die Ordnung wenden. Je mehr er sie angreift, desto mehr achtet er sie insgeheim; die Gesetze, die er öffentlich anficht, bewahrt er tief in seinem Herzen; würden sie verschwinden, so verschwände mit ihnen auch seine Daseinsberechtigung.«





Eugene Durieu, Rückenakt, Paris um 1853, Albuminpapier,18,9 x 13 cm.




Was Sartre hier beschreibt, ist das Grundgesetz der Bohème: Wie groß wäre die Chance, sich von den Philistern absetzen zu können – und mit dieser Absetzbewegung ein Publikum zu erreichen – wenn das viele täten! Im Museum Ludwig Köln eröffnete vor kurzem die Ausstellung La Bohème – Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Titel stapelt niedrig, ist doch ein großes Verdienst  der Ausstellungsmacher zu sehen in Umfang und Art der Präsentation.

Über den Begriff der Bohème hat jedermann eine Vorstellung, die – im Gegensatz zu dem des Dandys – zumeist so falsch nicht ist. Häufig ist die Definition, wonach der Begriff Bohème eine Subkultur bezeichne, in der intellektuelle Rand- und Künstlergruppen  sich innerhalb der sich industrialisierenden Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts sich von diesen absetzen. Durch symbolische Aggression und Aktionen, die ihrem Bekanntheitsgrad nicht schaden.

Bekannt wurde die Bezeichnung ‚Bohème‘ durch das Buch Zigeunerleben – Szenen aus dem Pariser Literaten- und Künstlerleben (deutscher Titel) von Henri Murger. Tatsächlich scheint der Begriff von der Bezeichnung Böhmischer Zigeuner abzustammen. Interessant ist, das Baudelaires Gedicht in den Fleurs du mal ‚Bohèmiens en voyage‘ ins Deutsche übertragen worden ist mit ‚Zigeuner unterwegs‘. Und wirklich handelt es von einer reisenden Wahrsager-Truppe und nicht von urbanen Künstler-Provokateuren.

Bodo von Dewitz, Kurator der Ausstellung, verdeutlicht in der Einführung zum Katalog, wie sehr zwei Faktoren die Entwicklung von ‚Bohème‘ und deren Bekanntwerden bedingten und verstärkten. Der erste Faktor ist die technische Moderne mit ihrem wissenschaftlichen Fortschritt und deren diversen Folgen wie Stadtflucht, Verarmung und Revolutionen. Das zweite bedeutende Faktum ist die in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts aufkommende Photographie. Viele der Bohème zugerechnete Künstler nutzten das neue Medium sofort zu Inszenierung und Selbstdarstellung. Eine anfänglich große Bedeutung hatte der Photograph Nadar, dessen Portraits vieler Pariser Künstler noch heute allgemein bekannt sind.  Nadar hatte sich früh einen Ruf als hervorragender Portrait-Photograph erarbeitet, was dazu führte, dass die Pariser Kunst-Chickeria sich bei ihm die Klinke in die Hand gab. Nadar war jedoch genialisch genug, seine Auftraggeber nur scheinbar im besten Licht  zu dokumentieren. Milan Chlumski schreibt: »Nadar war sehr genau über das Leben der Bohème, der Dandys und Künstler informiert. Seine Meinung zu einer Person schlug sich in den Porträts von ihnen nieder. Man braucht nur sein Porträt des Schriftstellers und Möchtegern-Dandys Champfleury zu betrachten, um zu wissen, was der Fotograf in ihm sah: einen Karrieristen, der auf seinem Weg zu Ruhm und Macht angeblich Balzacs Erbe ausschlachtete.«




Gaspard Félix Tournachon dit Nadar: Nadar mit seiner Frau Ernestine, Paris, um 1865,
Albuminpapier, 9×8 cm, Sammlung Thomas Walther





Alphonse Mucha, Paul Gauguin am Harmonium in Muchas Atelier, Paris, um 1893/94,
Silbergelatine, 24 x 18 cm, Mucha Foundation, Prag





Infos zur Ausstellung:
http://dandy-club.blogspot.com/2010/10/la-boheme-im-museum-ludwig-koln.html

Zur Ausstellung:
http://www.museenkoeln.de/museum-ludwig/default.asp?s=3140

Zum Buch:
http://www.steidl.de/pages/de/buecher/6011-la-boheme.html

Steve McQueen privat

Barbara McQueen gab für ihren Mann ihren gut dotierten Model-Job auf
Photos: © Ankerherz 



Barbara McQueens Buch ‚Mein McQueen‘ über Steve McQueens letzte Zeit ist soeben in Deutsch erschienen! Es ist ein Photo- und Textband mit übersetzten Passagen des 2007 in den Vereinigten Staaten erschienenen Buchs ‚The Last Mile‘ von der letzten Ehefrau des genialischen Einzelgängers.


„Steve McQueen war nicht der Typ Mann, der seiner Frau Blumen schenkt. Seine Art von Blumenstrauß war ein Sixpack Bier. Er kam durch die Haustür und rief: Honey! Ich habe uns ein paar Old Milwaukee mitgebracht“
, berichtet Barbara McQueen.


Vor unserer Rezension bringen wir hier ein Photo aus dem Band, das Barbara McQueen von ihrem Mann in dessen letzter Lebneszeit gemacht hat.



Diese Aufnahme entstand während der Flitterwochen auf der Pacific Princess, in McQueens Todesjahr 1980