Klaus Modick – Keyserlings Geheimnis

Lovis Corinth, Eduard von Keyserling, 1901

 

 

 

 

Klaus Modick, Keyserlings Geheimnis. Roman
240 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Leseband.
Kiepenheuer & Witsch 2018. 20 €.

 

 

 

Klaus Modick führt mit seinem Roman Keyserlings Geheimnis seine Kunstfertigkeit der lebensnahen Schilderungen auf ein neues Tableau. Der Leser wird Glauben gemacht, Modick sei tatsächlich dabei gewesen. – Dabei ist die geschilderte wunde Lücke in des Grafen Biographie fingiert.

 

 

 

Der 1855 auf Schloss Paddern bei Hasenporth in Kurland, heute Lettland, geborene Eduard Graf von Keyserling (1855-1918) war  ein erfolgreicher Schriftsteller und Dramatiker. Er wird dem Impressionismus zugerechnet. Bis vor einigen Jahren befand sich Keyserling nicht im so genannten Kanon – was immer das auch sein mag – der deutschen Literatur. Bis vor einigen Jahren Keyserlings schmales Buch Wellen neu veröffentlicht worden ist. Einige Kritiker sprudelten über vor Lob und hatten beinahe ein schlechtes Gewissen, weil sie den Balten bislang nicht auf ihrem Schirm gehabt hatten. Ein Kritiker der Zeit zog Keyserling gar Fontane vor.

 

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Danny Fields – My Ramones

Die Ramones mit Joeys Bruder Mitchell in London im April 1976
© Danny Fields
aus dem Buch My Ramones, Reel Art Press 2018

 

 

 

 

Danny Fields, My Ramones
176 Seiten mit über 250 Abbildungen,
gebunden, Sprache Englisch.
Reel Art Press 2018, 39,95 €.

 

 

 

Danny Fields hat als Musik-Manager maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Punk gehabt. Sein legendäres Photobuch My Ramones – bislang nur in einer limitierten Sammleredition aufgelegt und lange vergriffen – wurde nun von Reel Art Press neu aufgelegt.

 

 

 

Danny Fields und The Ramones – eine legendäre Zusammenarbeit. Nach seiner eigenen Schilderung sah Danny Fields die Ramones zum ersten Mal bei einem Auftritt 1974 und war nach 15 Sekunden in sie verliebt. Nach dem Konzert ging er zur Band und fragte sie, ob er sie managen dürfe. Die Musiker stimmten zu – unter einer Bedingung: 3.000 Dollar für ein neues Schlagzeug. Der neue Fan Danny flog umgehend zu seiner Mutter nach Florida und bat sie um das Geld: »Ich habe gerade diese Band entdeckt, die ich wirklich liebe«, sagte er zu seiner Mutter. »Sie werden einen lang laufenden Vertrag mit mir unterschreiben, und sie werden mich reich machen.« Mit einem Scheck über 3.000 Dollar flog er zurück nach New York.

 

 

 

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Michael Schindhelm – Walter Spies

Walter Spies mit Gela Forster Archipenko, Bali 1930
© Walter Spies Gesellschaft Deutschland, Köln

 

 

 

Michael Schindhelm, Walter Spies.
Ein exotisches Leben.
240 Seiten mit Abbildungen.
Gebunden mit Schutzumschlag und Leseband.
Hirmer Verlag 2018, € 19,90.

 

 

 

Walter Spies war nicht nur Maler und Musiker. Er war auch Tänzer, Komponist, Unterhalter, großzügiger Gastgeber – und Lebenskünstler. Auf Indonesien, wohin er 1923 auswanderte, wird er noch heute bewundert. Michael Schindhelm schrieb nun – endlich! – die erste deutsche Biographie.

 

 

 

 

Ein außergewöhnliches Leben

Walter Spies wurde 1895 in Moskau als Sohn einer seit mehreren Generationen ansässigen angesehenen Kaufmannsfamilie geboren. Sein Vater war Vizekonsul und Wirtschaftsberater des Deutschen Reiches. Dabei war die Familie sehr musisch. Einmal in der Woche spielten die Eltern vierhändig am Flügel Kammermusik. Seine Schwester wurde später Tänzerin, der Bruder Komponist. Schon als kleines Kind fertigte Walter Zeichnungen an. Als junger Mann pilgerte er regelmäßig in die berühmte Sammlung Schtschukin und bewunderte die naiven Urwald-Darstellungen von Rousseau, die seinen späteren Stil prägen sollten.

 

 

 

Durch den Ersten Weltkrieg wurde die Familie Spies – als Deutsche – in ihrer Heimat zu Feinden. Sie konnte der Internierung durch die Flucht nach Hellerau entkommen. Hellerau war damals eine bei Dresden gelegene Künstlersiedlung. Hier lernte Walter Spies die Maler Oska Kokoschka und Otto Dix kennen. Spies berichtete später, er verbrachte  »viele unvergessliche und lehrsame Stunden mit Oskar Kokoschka, den ich als Mensch ganz ungewöhnlich schätze, der aber zu meinem größten Kummer und Ärgernis meine Malerei niemals recht ernst nehmen wollte! Aber von Otto Dix, dem Merkwürdigen, wurde ich dagegen sehr angespornt.«

 

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Vincent Peters

© Vincent Peters, Moa I, New York City, 2018

 

 

 

 

Die Berliner Photo-Galerie Camera Work zeigt ab 24. März 2018 eine Einzelausstellung von Vincent Peters. Die etwa 40 großformatige Werke umfassende Schau am Berliner Bahnhof Zoo beinhaltet Photos aus einer Schaffenszeit von über zehn Jahren.

 

 

 

Der 1969 in Bremen geborene Vincent Peters gehört zu führenden deutschen Model- und Akt-Photographen. Bekannt sind seine Portraits von internationalen Models wie Cindy Crawford, Laetitia Casta, Adriana Lima oder und Milla Jovovich. Sein Stil einer zeitlosen Melancholie hat weltweit Verehrer und Sammler gefunden.

 

 

Der schöne Photo-Band Vincent Peters Personal ist erschienen bei teNeues.

 

 

 

Vincent Peters

Ausstellung vom 24. März bis 20. Mai 2018
CAMERA WORK. Kantstraße 149. 10623 Berlin. www.camerawork.de
Öffnungszeiten: Di–Sa 11–18 Uhr. Eintritt frei.

Irving Penn – Centennial – Der Jahrhundertfotograf

Das Bild wurde aus urheberrechtlichen Gründen nach Ablauf der Frist gelöscht.

 

Irving Penn, Girl with Tobacco on Tongue (Mary Jane Russell),
New York, 1951 © Condé Nast

 

 

 

C/O Berlin feiert den 100. Geburtstag des US-amerikanischen Photokünslers Irving Penn mit einer umfassenden Retrospektive: Irving Penn – Centennial – Der Jahrhundertfotograf präsentiert noch bis zum 1. Juli 2018 rund 240 Exponate. Zentrum der Schau ist die Schenkung von 180 Arbeiten der Irving Penn Foundation an das Metropolitan Museum of Art in New York.

 

 

 

In etwa 70 Schaffensjahren portraitierte Irving Penn (1917–2009) Persönlichkeiten wie Pablo Picasso, Marlene Dietrich und Alfred Hitchcock. Er schuf abstrakte weibliche Akte, exquisite Stillleben und anmutige Studien von Blumen und Zigarettenstummeln, die nun in Berlin zu sehen sind. Letztlich waren es wohl die über 160 Cover für die US-Vogue und andere renommierte Modezeitschriften, die seinen Ruf schufen.

 

 

 

Heute gilt Irving Penn als einer der einflussreichsten Photographen des 20. Jahrhunderts überhaupt. Sein Stil einer streng reduzierten Ästhetik hat weltweit über Jahrzehnte die Sehgewohnheiten der westlichen Welt geprägt. – Ein weiteres grandioses Ausstellungs-Highlight, dass C/O Berlin ans Land ziehen konnte.

 

 

 

C/O Berlin Foundation
Amerika Haus. Hardenbergstrasse 22–24. 10623 Berlin
Tel +49.30.284 44 16-0. info@co-berlin.org . www.co-berlin.org

Sani – A naturally dazzling resort

© SANI RESORT, www.saniresort.gr,
Photo © Marina Vernicos. All rights reserved.

 

 

 

Sani – A naturally dazzling resort
128 Seiten mit 85 großformatigen Farbphotographien
Text Englisch
teneues Verlag 2018, 50 €.

 

 

 

Sani ist ein über 400 Hektar großes Urlaubs-Idyll im Ägäischen Meer, bei dem die Begriffe Exklusivität, Luxus und Nachhaltigkeit miteinander verschwimmen. Ein Coffee-Table-Book präsentiert dieses Paradies mit wahrlich atemberaubenden Photos.

 

 

Sani ist ein Fünf-Sterne-Resort mit einer Fläche von über 400 Hektar und fünf Hotels im griechischen Chalkidiki. Die familiengeführte Anlage ist so etwas wie ein gelebter Traum – der sich auch auf die Gäste überträgt.

 

 

Denn wahrer Luxus liegt heute nicht mehr in der Grenzenlosigkeit des Materiellen. Wahrer Luxus zeigt sich dann, wenn Nachhaltigkeit, wenn ein bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen gelebt wird.

 

 

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Christian Tagliavini

ETOR, 2017 (1406)
Photo © 2018 Christian Tagliavini. All rights reserved. www.christiantagliavini.com

 

 

 

Christian Tagliavini
160 Seiten mit 80 Farbphotographien und 26 Illustrationen.
Text in Deutsch, Englisch, Französisch.
teNeues 2018, € 50.

 

 

 

Christian Tagliavinis Photos verbinden die Renaissance mit Jules Verne, das 15. Jahrhundert mit der Zukunft. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei in der Vorbereitung: Für jedes Werk benötigt der Schweizer Künstler zwei bis drei Monate, um Garderobe und Interieur anzufertigen. Ein Photobuch präsentiert nun erstmalig sämtliche Serien.

 

 

Christian Tagliavinis jüngste Serie heißt 1406. Die meist großformatigen Portraits erinnern nicht zufällig an berühmte Gemälde aus der Renaissance. Die Frauen gucken keusch, die Männer unbeteiligt. So wie auf den 600 Jahre alten Vorläufern. Der Unterschied: Nun handelt es sich um Photos. Und Kleidung und Einrichtung entstammen der Phantasie des Künstlers und sind historischen Vorbildern allenfalls angelehnt. Das merkt der Betrachter spätestens bei den Kopfbedeckungen. Hier verbindet der Schweizer die Renaissance, die zu einer kultur-ästhetischen Blüte in Europa führte, mit einer Zukunft, wie sie uns Jules Verne geschildert hat. Die Helme und Hauben wirken historisch und futuristisch zugleich – obwohl sie beides letzthinnig gar nicht sind.

 

 

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Szczepan Twardoch – Der Boxer

Szczepan Twardochs atemberaubender Roman
über das Unterwelt-Warschau der Zwischenkriegszeit
© Rowohlt Berlin Verlag 2018

 

 

 

 

Szczepan Twardoch: Der Boxer
Roman aus dem Polnischen von Olaf Kühl
464 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag,
Rowohlt Berlin Verlag, 22,95 €.

 

 

 

Szczepan Twardoch rekonstruiert in seinem Roman Der Boxer das Unterwelt-Leben im Warschau der Zwischenkriegszeit. Seine Erzählweise ist wahrhaft atemberaubend. Dabei ist das Buch vielmehr als ein Thriller, wie häufig geschrieben. – Ein Roman, den man aushalten muss.

 

 

Jakub Shapiro ist ein hoffnungsvoller junger Boxer: schnell, ehrgeizig und gutaussehend. Attribute, die den Warschauer Unterwelt-Paten Kaplica ihn zu seinem zweiten Mann machen lassen. Schnell steigt der Jude Shapiro auf. Zu seinen Talenten gehört auch, dass er kaum von Skrupeln geplagt wird. Für die Organisation treibt er effektiv das geforderte Schutzgeld ein. Nachdem er bei einem bedeutenden Boxkampf – als Jude – gegen einen nicht jüdischen Gegner obsiegt, kann ihn nichts mehr aufhalten. In seinem jüdischen Viertel bewundern ihn alle. Die Leute grüßen ihn; er braucht meist nicht zu bezahlen.

 

 

Die Situation ändert sich wenige Jahre später, als der europäische Bürgerkrieg auch Polen erfasst. Linke und rechte, nationale und antisemitische Gruppierungen werden immer stärker. Szczepan Twardoch schildert einen faschistischen Putschversuch, der so nicht stattgefunden hat. Das schadet dem Plot allerdings nicht. Ähnlich ist die Entwicklung bis 1939 in Polen verlaufen. Die Ereignisse überschlagen sich, und der Autor spart nicht an exzessiv geschilderter Gewalt.

 

 

Die Geschichte soll hier nicht verraten werden. Soviel nur: Der Roman ist heftig, nichts für schwache Nerven. Man muss dieses Buch aushalten können. Dies spricht jedoch mehr für die Qualität als gegen sie. Unsinnig ist die Empfehlung der Rezensentin der Süddeutschen Zeitung, der Leser solle seine Lektüre bei Seite 350 beenden, weil sich der Autor ab da nur noch in einer Gewaltorgie verliere. Das Buch hat über 450 Seiten.

 

 

Immer wieder blickt der Erzähler zurück, respektive steht urplötzlich von seiner Schreibmaschine auf – und spricht von seinem Blick aus der kleinen Wohnung in Tel Aviv, wo er gerade in seiner kleinen Wohnung sitze, um dies alles aufzuschreiben…  Szczepan Twardoch gelingt es, beim Leser für Irritation zu sorgen und die Spannung zu erhöhen.

 

 

Szczepan Twardoch wurde 1979 geboren. Mehrere seiner Romane wurden bereits ausgezeichnet. Twardoch studierte Soziologie und Philosophie an der Schlesischen Universität in Katowice.

 

 

Der Boxer ist von ungeheurer Schnelligkeit; man mag das Buch nicht aus der Hand legen, will man doch unbedingt wissen, wie es weitergeht. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen. – Nicht nur sein Schluss macht diesen Roman zu großer Literatur.

 

 

Dabei greifen all die Kritiker zu kurz, die den Roman als bloßen Thriller bezeichnen.

 

 

Der schlesische Autor zeigt Unterwelt-Juden im Warschau vor dem Zweiten Weltkrieg, die verstrickt sind in Schuld und Sühne. Sie werden Opfer politischer Veränderungen, nachdem sie Täter waren. Sieben Jahrzehnte nach dem Völkermord an den europäischen Juden zeigt ein junger polnischer Autor ein historisches Bild, das vielschichtiger ist, als es in deutschen Schulbüchern steht.

 

© DANDY-CLUB 2018

 

 

 

 


Stefan Koppelkamm – Palermo

© Stefan Koppelkamm, Palermo Altstadt

 

 

 

 

Stefan Koppelkamm: Palermo. Lavori in corso.
Text, Photos und Gestaltung von Stefan Koppelkamm.
Deutsch, Englisch, Italienisch
160 Seiten mit 75 Farbabbildungen,
Hatje Cantz Verlag 2017, gebunden, 30 €.

 

 

 

 

Stefan Koppelkamms Buch über Palermo ist wesentlich mehr als ein Portrait der sizilianischen Hauptstadt. Es ist der Prototyp eines Schulbuches, das uns lehrt, fremde Orte nicht als Tourist aufzusuchen. Eine Hymne auf ein grandioses Buch.

 

 

 

Hans Magnus Enzensberger hat Wesen und Wirkung des Touristen treffend charakterisiert: Der Tourist zerstöre das, was er suche, dadurch, dass er es fände. Stefan Koppelkamm ist dem interessierten Publikum bekannt geworden durch sein 2006 publiziertes Buch Ortszeit Local Time. Koppelkamm war 1990 in die zusammengebrochene DDR gereist, um Straßen und Häuser zu photographieren in der Annahme, dass diese bald ganz anders aussehen würden. So entstand damals ein bedeutendes  Buch, in dem der in Saarbrücken Geborene den Zustand vor und nach der Vereinigung dokumentierte. Es lässt uns heute – ein Vierteljahrhundert später – nicht mehr den Mund zukriegen ob des Ausmaßes der Veränderungen.

 

 

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Neal Preston – Exhilarated and Exhausted

© Neil Preston: Freddy Mercury

 

 

 

 

Neal Preston: Exhilarated and Exhausted
Vorwort von Cameron Crowe
336 Seiten mit 350 Abbildungen, Englisch,
gebunden, Reel Art Press 2017, 55 €.

 

 

 

Neal Preston gilt als einer der bedeutendsten Rock-Photographen. Das Photobuch Neil Preston – Exhilarated and Exhausted ist die erste gedruckte umfangreiche Retrospektive seines über vierzigjährigen Schaffens.

 

 

 

Neils Prestons Anspruch als Photograph war stets, mehr zu dokumentieren, als nur eine Situation vor oder hinter der Bühne einzufangen. Als er 1985 Bruce Springsteen auf dessen Tour durch England begleitete, kam ihm bei einem Konzert im Londoner Wembley-Stadion eine Idee, die die außergewöhnlichen Power von Springsteen, verbunden mit der ungeheuren Stimmung in der riesigen Arena festhalten sollte:

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