Hein Gorny, Spectrum Photogalerie Hannover, 1972

Hein Gorny, Ohne Titel (Krägen), 1928

 

 

Hein Gorny, Spectrum Photogalerie Hannover, 1972
Ausstellung in der Collection Regard, Berlin noch bis 14. Dezember 2012.
Katalog in der Collection Regard/ Marc Barbey, 48 Seiten, 19,80 Euro.

 

Die Collection Regard präsentiert im Rahmen des 5. Europäischen Monats der Fotografie Berlin ein photographie-historisches Highlight: 40 Jahre nach einer legendären Ausstellung von Hein Gorny (1904 – 1967) in Hannover zeigt Marc Barbey nun quasi eine Ausstellung zur Ausstellung. Schau und Katalog sind sehr gelungen.

Die spectrum Photogalerie Hannover war ein ambitioniertes Projekt von Heinrich Riebesehl und einigen anderen Photo-Enthusiasten. 1971 gründeten sie die Gesellschaft zur Förderung der Photographie. Deren Ziel war es, »einer breiten Öffentlichkeit in Hannover historische und zeitgenössische Tendenzen der Photographie« nahezubringen. Dazu gehörte damals auch, die Ausstellungsmöglichkeiten zu vergrößern, die für dieses Medium noch sehr begrenzt waren. Ihre erste Ausstellung widmeten sie dem Photographen Hein Gorny, der fünf Jahre zuvor verstorben war.

Gorny gehörte der Hannoverschen Avantgarde an, zu der Theodor Lessing, Erich Maria Remarque, Kurt Schwitters und der Verleger Paul Steegemann zählten. Gorny hatte das Glück, in Hannover auf einen aufgeschlossenen Zeitgeist zu treffen. So konnte er nach dem Ersten Weltkrieg für Bahlsens Keksfabrik und die Pelikan-Werke umfangreiche Werbephotographie produzieren. 1927 lernte er Albert-Renger Patzsch kennen, dessen Stil einer Neuen Sachlichkeit ihn beeinflusste. 1935 kaufte Gorny mit seiner Frau zunächst ein Photostudio in Berlin, da das Klima in Hannover für Avantgardisten sehr rau geworden war. Drei Jahre später emigrierten die Gornys in die USA. Jedoch bekam seine Frau keine Aufenthaltsgenehmigung. Während des Krieges sicherte sich Gorny seinen Lebensunterhalt durch Photos für Buchillustrationen.

Ähnlich der spectrum Photographie Hannover ist auch die Collection Regard ein ambitioniertes Projekt, dem es um die Photographie geht, genauer der (Wieder-)Entdeckung von bedeutenden Photographen, deren Einfluss in Vergessenheit zu geraten droht. Marc Barbey sagt zu seiner Motivation: »Ich möchte einen Ort des Dialogs und der fokussierten Auseinandersetzung mit Photographie schaffen, an den man gerne mehr als einmal zurückkehrt. Berlin ist für die Präsentation meiner Sammlung prädestiniert. Hier ist Geschichte, aber auch die rasante Entwicklung unserer Gesellschaft stets gleichzeitig präsent. In diesem Spannungsfeld möchte ich mit anderen Kunst- und Photographie-Begeisterten in Kontakt treten.« Die Ausstellung von Hein Gorny wird als Hommage an den Photokünstler verstanden, dessen Nachlass man verwaltet.

Für die Hein Gorny-Retrospektive haben die Ausstellungsmacher das Archiv des Photographen ausgewertet. So wurde es erstmals möglich, vorhandene Abzüge mit den bislang als verschollen geglaubten Vintage-Prints der 1972er Ausstellung zu vergleichen.

Ein besonderer Leckerbissen für Photo-Interessierte ist der Ausstellungs-Katalog, der gestalterisch an den Katalog der damaligen Schau angelehnt ist. Ein instruktiver Text führt in Leben und Werk von Hein Gorny ein. Der Bezug zu Heinrich Riebesehl wird erläutert. Zahlreiche Literaturhinweise lassen auch ein Weiterforschen zu. Drei Dutzend Schwarz-Weiß-Photos werden auf ganzseitigen Tafeln präsentiert. Prädikat: Sammelwürdig.

Zur Ausstellung veranstaltet die Collection Regard ein umfangreiches Begleitprogramm.
Der bibliophile Katalog ist über die Website zu bestellen.

Collection Regard
Steinstraße 12
10119 Berlin
Tel.: (030) 847 11 947
Ausstellung noch bis 14. Dezember 2012.
Geöffnet freitags 14 bis 18 Uhr oder nach vorheriger Vereinbarung.

Die Sammlung Gunter Sachs

Andy Warhol, Gunter Sachs (3), 1972
© 2012 Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc./
Artists Right Society (ARS), New York

 

Die Sammlung Gunter Sachs
Ausstellung
Museum Villa Stuck, München noch bis 20. Januar 2013
Katalog
Hirmer Verlag, München 2012, 160 Seiten, gebunden, 34,90 Euro.

 

Der Millionenerbe und Connaisseur Gunter Sachs war der wohl bedeutendste und einflussreichste deutsche Kunstsammler in den 1960er- und 1970er-Jahren. Eine Ausstellung in der Münchner Villa Stuck widmet sich Sammlung und Persönlichkeit von Gunter Sachs, der eher Dandy als Playboy war.

Ziemlich genau 45 Jahre nach der ersten Ausstellung von Werken der einstmals riesigen Kunst-Sammlung von Gunter Sachs am selben Ort schließt sich der Kreis: Die Münchner Villa Stuck zeigt noch bis zum 20. Januar 2013 die Ausstellung Die Sammlung Gunter Sachs – Von Max Ernst bis Andy Warhol. Präsentiert werden 90 Werke von einer Sammlung, die einst weit über 1000 Stücke umfasste.

Im Mai 2012 erbrachte die auf zwei Tage angelegte Versteigerung eines Großteils der Kunstsammlung insgesamt mehr als 51 Millionen Euro. Die vorherigen Schätzungen des Auktionshauses  Sotheby’s waren damit weit übertroffen worden. Auktions-Chefin Cheyenne Westphal sagte: »Von der Ankündigung der Auktion bis zu ihrem Ende hat sich gezeigt, dass Gunter Sachs als eine der stilprägenden Personen der 60er und 70er Jahre gilt.«

So kommt die Ausstellung mit dem begleitenden Katalogbuch aus dem Münchner Hirmer Verlag nur recht, um Gunter Sachs endlich posthum vom boulevardesken Playboy-Image zu befreien. Der lebensfrohe Erbe fing zu einer Zeit an Kunst zu sammeln, als noch nicht russische Oligarchen die Preise verdorben hatten. Vielmehr hatten am Anfang der 1960er-Jahre die wenigen engagierten Sammler noch Kontakt zu den Künstlern. Gunter Sachs war ähnlich einem anderen Conaisseur Jahrzehnte zuvor, Harry Graf Kessler, von der Kunst, die er sich zulegte und förderte überzeugt. So wurde die Ausstellung 1967 in München zu einem radikalen und kompromisslosen Bekenntnis zur modernen Kunst, die in Deutschland noch längst nicht angekommen war. Sachs lädt den mit ihm befreundeten Künstler César ein, während der Ausstellungs-Vernissage eines seiner Expansionsobjekte zu kreieren. »Die Gästeliste ist vom  Feinsten«, schreibt Otto Letzte in dem gelungenen Katalog, »- Otto Fürst von Bismarck mit seiner Frau, der französische Botschafter François Seydoux und nicht zuletzt die damalige Ehefrau Sachs‘, Brigitte Bardot – und alle warten gespannt auf Spektakuläres.« Und das passiert auch. César platziert auf dem Boden einen Bottich, der mit 60 Litern einer chemischen Substanz gefüllt wird. Nachdem der Künstler die Flüssigkeit mit einem Quirl umrührt, wird sie immer größer, bis sie ihn schließlich verschlingt. Die Zuschauer sind froh, dass das Spektakel endet, ohne dass auch sie in dem Brei verschwinden. Für die nötige Medien-Aufmerksamkeit jedenfalls war gesorgt.

Dennoch war das Engagement von Gunter Sachs kein Selbstzweck. Er hatte stets im Auge, die internationale Avantgarde, zuerst die französische, dann die New Yorker, nach Deutschland zu holen und seine Heimat aus dem artifiziellen Schlaf zu befreien. »Ihr sollt nicht Geldscheine anschauen, sondern Bilder«, mahnt er die Münchner Schickeria im Zusammenhang mit der Gründung des Art Museum Munich, das dann unter seinem federführenden Engagement aus dem Kunstverein hervorging.

Besonders beeindruckend stellen Ausstellung und Katalog die verschiedenen Wohnungen von Gunter Sachs dar. Deutlich wird, dass der Sammler die Kunstwerke nicht zur schnöden Wertsteigerung anhäufte, sondern mit ihnen lebte. So sind insbesondere die Photos eindrucksvoll vom Tower-Appartement in St. Moritz, dem Townhouse in Manhattan und von Sachs‘ Appartement in Hamburg: Ein Sinnästhet umgibt sich mit Kunst, mit der er täglich lebt und die sein Leben bereichert

In Zusammenarbeit mit der Familie von Gunter Sachs und dem Institut für Kulturaustausch in Tübingen präsentieren das Museum Villa Stuck und der Katalog bedeutende Werke , die mit den »Nouveau Réalistes« beginnen: Arman, Jean Tinguely, Raymond Hains. Besonders begeistert war Sachs von  Jean Fautrier, der die Strömung des »Informel« begründete.

Ausstellung und Katalog würdigen den bedeutenden Sammler und Mäzen Gunter Sachs und tragen dazu bei, ihn endlich als den zu würdigen, der er war: ein Connaisseur und Kunstliebhaber, später selbst ein bedeutender Künstler von internationalem Format. Nicht nur die noch bestehende Sammlung, auch die
Persönlichkeit stellt ein für Deutschland herausragendes kunsthistorisches Vermächtnis dar.

Empfehlenswert ist der Katalog, denn er portraitiert in verschiedenen ausführlichen Texten die Sammler Persönlichkeit Gunter Sachs und sein einflussreiches Wirken. Aus heutiger Sicht war er maßgeblich daran beteiligt, Deutschland an das internationale Kunstgeschehen anzuschließen.

DANDY-CLUB: Katalog Must-Have! Ausstellung Must-See!

 

Gunter Sachs vor einem Werk von Jean Fautrier 1965
Photo: © Keystone

 

 

René Magritte, Colère des dieux, 1960
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012

 

 





 

Jimi Hendrix‘ letztes Konzert

Frauke Bergemann, Fehmarn 1970 – Jimi Hendrix

 

 

Das letzte Konzert von Jimi Hendrix fand 1970 auf der Ostsee-Insel Fehmarn statt. Anlässlich des 70. Geburtstages des genialischen Gitarristen am 27. November 2012 zeigt Whiteconcepts in Kooperation mit der nhow Galerie die Ausstellung Jimi Hendrix und das Love-and-Peace-Festival mit Photographien von Frauke Bergemann.

Über 100 dokumentarische Photos lassen die Szenerie wieder lebendig werden, als tausende Musikbegeisterte auf die Insel strömten, um ein deutsches Woodstock zu erleben. Die bislang unveröffentlichten Aufnahmen dokumentieren ein Open-Air-Konzert, das durch Dauerregen in großen Teilen verhindert wurde. Als Jimi Hendrix am letzten Tag bei strahlendem Sonnenschein endlich auftrat, waren die misslichen Begleiterscheinungen wie vergessen. So wurde der Trip auf die Insel für die Besucher doch noch ein unvergessliches Ereignis. Dies vor allem, weil Jimi Hendrix eine Woche später 27-jährig am 18. September 1970 unter tragischen Umständen in London starb.  – Es sollte sein letztes Konzert sein.

Frauke Bergemann studierte Photodesign an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel und war lange Jahre in München tätig. 2001 folgte der Umzug nach Berlin. Zahlreiche Ausstellungseinladungen führten die Photographin durch Europa und die USA.




Frauke Bergemann – Jimi Hendrix and the Love & Peace Festival
30. Oktober 2012 – 10. Januar 2013
WHITECONCEPTS c/o nhow Gallery
Stralauer Allee 3 . 12045 Berlin
T +49 (0)30-41715145
n.loeser@whiteconcepts.de
www.whiteconcepts.de
geöffnet täglich 24h, Eintritt frei.

The Hilton Brothers – Interview

The Hilton Brothers 2012
© Photo Iara Venanzi

 

 


Der DANDY-CLUB hatte die Gelegenheit, mit den Hilton Brothers, das sind Christopher Makos und Paul Solberg, am Rande ihrer Ausstellung Andy Dandy and other works in der Berliner Galerie Hiltawski ein kurzes Interview zu führen.

Da wir das Gespräch in Englisch führten, geben wir es im Original wieder.


DANDY-CLUB: Christopher and Paul, what in your view is a dandy?
The Hilton Brothers: An over-achiever of personal aesthetics. A gentleman who embodies both whimsy and restraint in his inner and outer aesthetics, but always refined.


Do you think, Andy Warhol was a dandy?
No not really. A Dandy is something very specific and particular, something of a very high consciousness regarding their personal aesthetic, which Andy did not inhabit. And he wasn’t aspiring to be of a certain class, which is often associated with being a Dandy.


What means Andy Warhol in his person and his complete work for the artist today – in the beginning of the 21st century?
He was the quintessential American artist. He was inspired by all things American, which was much different than his peers, who looked to Europe for inspiration.
Campbell Soup, Marilyn Monroe, etc.  This is his main artistic contribution. And secondly merging art and commerce. Commerce as art. Art as business; the business of art. And you see this reflected in his work, such as the dollar sign.


Thank you very much and a good time in Berlin!

Photographie aus der Sammlung Wemhöner

Photographie aus der Sammlung Wemhöner: Cover des Bildbandes
© Kerber Verlag 2012/David Derbin

 

 

 

Im Blick. Photographie aus der Sammlung Wemhöner.
Text von Ulrike Münter, herausgegeben von Philipp Bollmann. Kerber Verlag, Bielefeld 2012. 288 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 44 Euro.

 

Heiner Wemhöner repräsentiert einen Unternehmer-Typus, der in Deutschland nicht eben häufiger zu werden scheint. Er selbst wirkt zurückhaltend, bescheiden. Sein Engagement und Mäzenatentum dagegen reicht weit über seine Heimatstadt Herford hinaus. Aber hier ist seine Gönnerhaftigkeit besonders deutlich sichtbar: Im Jahr 2005 eröffnete das Museum für zeitgenössische Kunst MARTa Herford. Die Wemhöner Stiftung engagiert sich auch für die Wiederbelebung der fünf Herforder Stadttore und das kulturelle Leben des Wohnortes und Firmensitzes von Heiner Wemhöner.

Parallel dazu baut Heiner Wemhöner eine Kunstsammlung von internationalem Renommee auf. Nun ist der zweite Band über die Sammlung erschienen. Im Blick – Fotografie aus der Sammlung Wemhöner präsentiert Photographien, die der Unternehmer seit nunmehr 15 Jahren sammelt. Im Oktober 2011 war der erste Band über seine Kunst-Sammlung, Focus Asia, erschienen.



Isaac Julien, Glass House
©
Isaac Julien, courtesy Shanghart Gallery Victiria Miro





Das erste Photo, das Wemhöner erwarb, war von Spencer Tunick aus dem Jahr 1997. Wemhöner sah es im selben Jahr auf dem Art Forum Berlin und war »sofort begeistert«, wie er im Interview in dem Buch schildert. Sympathisch ist seine Offenheit, sich nicht als profunder Kunstkenner darzustellen. Vielmehr sagt Wemhöner, er nähere sich der Kunst grundsätzlich intuitiv: »Was mich bei Wisconsin anzog, war diese Stimmung, die so typisch für den mittleren Westen ist – bis auf die nackte Frau natürlich! Die passt so gar nicht in diese prüde Gegend.« Zu dem Zeitpunkt, als Wemhöner das Photo gekauft habe, sei er viel in den Vereinigten Staaten unterwegs gewesen. So verbinde er noch heute mit dem Bild sein Erleben dieser Landschaft. Und so hält er es mit allen Werken seiner Photo-Sammlung. Er lässt sich auf ein Photo ein. Lässt sich faszinieren. Zumeist kennt er dabei weder das Gesamtwerk des Künstlers noch dessen Vita. Genauso verhielt es sich auch beim zweiten Kauf, David Drebins Flasher (2002), das als Titelbild des großzügig gestalteten Bandes dient. Fünf Jahre nach dem ersten Kauf hätte er sich schon wesentlich besser in der Photographie ausgekannt, erzählt Heiner Wemhöner. Dennoch habe er über Drebin nichts gewusst. Die abgebildete Szene erinnere ihn an Situationen, wie er sie auf den US-Highways selbst erlebt habe – wenn auch ohne flashende Frau auf einer Brücke.



Lawrence Schiller, Roll 14 Frame Marilyn
©
Polaris Communications Inc., courtesy Lawrence Schiller





Wemhöner führt ein Familienunternehmen, das spezialisiert ist auf die Produktion von Maschinen und Anlagen für die Veredelung von Holzwerkstoffen. Im abgedruckten Gespräch gibt er einen Einblick, wie die Kunst sein Leben verändert und täglich bereichert. »Die Kunst, der ich begegne und die mich umgibt, verbessert meine Lebensqualität. Sie gibt mir Kraft und inspiriert mich«, sagt er im Gespräch mit der Autorin Ulrike Münter und dem Herausgeber Philipp Bollmann.

Der umfangreiche und wohlfeile Photo-Band stellt Werke aus der Sammlung in fünf Kapiteln dar. Jeder einzelne Künstler wird durch einen kurzen Text von Ulrike Münter informativ portraitiert. Den kurzen Werkbiographien ist eine fundierte Recherche anzumerken. Ein gelungenes und aufwendig gestaltetes Photo-Buch, das dem bescheidenen und engagierten Sammler und Mäzen zur Ehre gereicht.







Diane Arbus in Amsterdam

Diane Arbus, Junger Mann mit Lockenwicklern zu Hause in der West 20th Street, N.Y.C. 1966
© The Estate of Diane Arbus

 

 

Foam Amsterdam präsentiert von heute, 26. Oktober 2012, bis zum 13. Januar 2013 die große Retrospektive der New Yorker Photographin Diane Arbus (1923-1971). Die Schau war zuvor im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen.
Diane Arbus hat die Photographie verändert durch die Wahl ihrer Sujets ebenso wie durch die kühle Formensprache der Dokumentation ohne Effekthascherei. Schockiert hat der junge Mann mit Lockenwicklern und langen Fingernägeln, den sie 1966 photographierte. Doch auch der US-amerikanische Alltag bot der Photokünstlerin stets genug Motive die allein durch ihre kommentarlose Dokumentation ihre Skurrilität preisgeben.

Die meisten ihrer Sujets fand Arbus in New York – einer Stadt, ihrer Stadt, die sie sowohl wie etwas Vertrautes als auch wie ein fremdes Land erkundet. Für sie ist die Photographie insbesondere in den 1960er und 70er Jahren ein Medium, das sich mit Common Sense und Veröffentlichter Meinung anlegen soll. Sie photographiert Mittelklassefamilien in ihrer behäbigen Spießigkeit ebenso wie Nudisten, die ihre errungene Freiheit stolz zur Schau tragen. Ihr Œuvre ist eine zeitgenössische Anthropologie, ein Zirkus der Selbstdarstellungen und Eitelkeiten, der dabei Beziehungen erkundet zwischen Schein und Sein, Einbildung und Glauben, Spiel und Realität ohne dabei anzüglich zu werden.

 

 

Diane Arbus, Junge mit Strohhut, der darauf wartet, in einer Pro-Kriegsparade mitzumarschieren, N.Y.C. 1967
© The Estate of Diane Arbus

 

 

Foam
Keizersgracht 609, 1017 DS Amsterdam
The Netherlands
+31 (0)20 5516500
info@foam.org
www.foam.org
Opening hours: Daily 10am-6pm. Thu, Fri 10am-9pm

 

 

 


Leica M Monochrom

Die Leica M Monochrom: entwickelt für reine Schwarz-Weiß-Photographie
© Leica AG

 

 

Die Leica Camera AG mit Hauptsitz in Solms hat nach mehrjähriger Entwicklungsphase eine Digitalkamera auf den Markt gebracht, die auf Schwarz-Weiß-Photographie spezialisiert ist. Vorbild war die legendäre Leica M, die die Photographen unzählige Ikonen schaffen ließ.

Leica nahm sich vor, eine Kamera zu entwickeln, die kompromisslos monochrome Photographie ermöglicht. So schafft die Leica M Monochrom nach Angaben des Herstellers ‚echte‘ Schwarz-Weiß-Aufnahmen in bislang bei Digitalkameras ungekannter Qualität und Auflösung.

Da die neue Kamera keine Farbe zur Kenntnis nimmt, liegen bei einer Auflösung von 18 Megapixeln für jedes einzelne Pixel echte Helligkeitswerte vor. Der Sensor liefert direkt ein Schwarz-Weiß-Bild.

Für Profis interessant: Die Bilder der M Monochrom lassen sich per Knopfdruck mit den charakteristischen Tonungen analoger Schwarz-Weiß-Aufnahmen (Sepia, Kalt- oder Selenton) versehen. Dazu genügt es, das Bild im JPEG-Format abzuspeichern und die gewünschte Tonart zu wählen. Eine Nachbearbeitung ist nicht mehr erforderlich.

 

 

Von oben: die erste Kamera, die ausschließlich Schwarz-Weiß aufnimmt
© Leica AG

 

 

Leica AG

70s Concept Cars

© 70s CONCEPT CARS – YESTERDAY’S DREAMS OF THE FUTURE by Rainer W. Schlegelmilch,
Pininfarina Fiat Abarth 2000 Scorpio,
published by teNeues, € 79,90, – www.teneues.com.
Photo © Rainer W. Schlegelmilch. All rights reserved.

 

 

Rainer W. Schlegelmilch, 70s Concept Cars – Yesterday’s Dreams of the Future.
216 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, teNeues Verlag, Kempen et al, 2012, 79,90 Euro.

 

Männer, die heute zwischen 40 und 50 Jahre alt sind, hatten in ihrem Matchbox-Fuhrpark als Schuljungs alle ein dunkel-violettes Keilauto. Das kleine Spielzeugauto sah interessant aus. Auch versprach es, eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, war es doch so schnittig. Wurde man etwas älter, so fiel einem auf, dass man dieses Auto niemals auf der Straße sah. So drehte man das Modellauto im Maßstab 1:66 um. Auf dem Boden der Modelautos stand, um welchen Typ es sich handelte. Da hatte man’s. Es war ein Alfa Romeo Carabo. Was bitteschön sollte das sein?

 

Nun widmet sich ein opulenter Bildband im Überformat genau solchen Autos. 70s Concept Cars – Yesterday’s Dreams of the Future heißt das durchgehend farbige Buch mit Photos von Rainer W. Schlegelmilch. Auch besagtes Matchbox-Auto wird aus der Unbekanntheit entrissen und gleich über 10 Seiten präsentiert. Präsentiert ist dabei gelinde untertrieben. Denn die Bilder sind wahrlich atemberaubend. Ihnen ist der Geist der 1970er Jahre anzumerken. In diesem Jahrzehnt hatte man den Krieg endgültig vergessen: Die Farben waren grell, die Formen rund oder eckig – auf jeden Fall extrem. Rainer Schlegelmilch photographierte die Prototypen italienischer Designer für Zeitschriften. Doch schon damals hatte er im Hinterkopf, die Aufnahmen einmal in Buchform zu publizieren. 40 Jahre später ist es nun endlich soweit. Kaum eine Aufnahme von damals zeigt das Konzeptauto ohne weibliche Schönheit. Manchmal auf dem Auto stehend, manchmal anlehnend oder mit keckem Blick in den Motorraum. Die junge Dame mit gutem Vorbau schaut lächelnd auf den Motorblock des von Bertone-Designchef Marcello Gandini gestalteten Carabo von 1968. Wohl wissend, dass es ihr Body ist, der sich ihrem Körper eng anschmiegt und – ähnlich der geöffneten Motorhaube –  Blicke freigibt, die Männer interessieren. In wie vielen Spinden und Werkstätten mögen diese Bilder wohl einst gehangen haben? Dennoch haben Schlegelmilchs Photos eine eigene Ästhetik.

 

Rainer W. Schlegelmilch ist weltweit bekannt durch seine Formel-1-Photographie. Seit nunmehr 50 Jahren begleitet er die Königsklasse des Motorsports photographisch. Sein Archiv umfasst 15.000 Schwarz-Weiß-Bilder und 400.000 Dias und RAW-Dateien. Seine Aufnahmen haben die Begeisterung für den Motorsport erhöht.

 

Eingebettet in die italienische Sonne, wo alle Photos entstanden, schmiegen sich Konzeptautos und Models aneinander, als könnten sie ohneeinander nicht sein. Die 1970er haben wahrlich viel Trash hervorgebracht und Menschen mit einem ästhetischen Anspruch zuweilen vergewaltigt. Man denke nur an die Tapeten der Zeit und die Wohnungseinrichtungen, denen zu entkommen, schwierig war.

 

Schlegelmilchs Photos sind so etwas wie das Beste aus den 1970er Jahren. Die in das mediterrane Licht Italiens getauchten weiblichen und automobilen Schönheiten präsentieren die radikalen Konzept-Autos dieses grellen Jahrzehnts in subtiler Eleganz. Dem Photographen gelingt die Präsentation gewagter Design-Entwürfe, die niemals in Serie gingen, aber zum großen Teil nachfolgende Autos beeinflussten im Stil der Zeit. Dies gilt unter anderen für die im Band gezeigten Design-Studien Lamborghini Bravo von Bertone (1974), Lancia Beta Mizar 4 von Michelotti (1974) oder den Ferrari 308 GT Rainbow von Bertone aus dem Jahr 1976. Für diesen Entwurf findet Autor Heinrich Lingner deutliche Worte: »Auf die Frage, warum die Carrozzeria Bertone nicht häufiger Ferrari-Modelle einkleidete, ist der 308 GT Rainbow von 1976 eine von mehreren möglichen Antworten. Der Spider-Studie mit dem Dreiliter-V8 vor der Hinterachse scheint es etwas an Raffinesse und Eleganz zu mangeln.«

 

Ein ideales Geschenk für Männer, die Autos lieben und sich an die Ästhetik der 1970er Jahre erinnern können.

 

 

 



Heinz Hajek-Halke – Phantasie und Traum

Heinz Hajek-Halke, Die üble Nachrede, 1932
© Sammlung Michael Ruetz/Courtesy Johanna Breede Photokunst

 

 

Die Galerie Johanna Breede Photokunst zeigt zum Europäischen Monat der Photographie eine Ausstellung mit Werken von Heinz Hajek-Halke (1898-1986). Hajek-Halke war seiner Zeit voraus: Heute gilt er als einer der großen Erfinder der Akt- und Photomontage sowie der Industrie-Photographie.

Mit seinen Montagen und Experimenten, seinen Aktstudien und Werbeaufnahmen gehörte Hajek-Halke in den 1920er und 1930er Jahren zu den Pionieren der deutschen Photographie des 20. Jahrhunderts. Er ließ sich durch die spielerischen Experimente der Bauhaus-Künstler und die visuellen Innovationen des Films anregen, ging aber seine ganz eigenen Wege, die ihn letztendlich zur abstrakten Gestaltung der Lichtgraphiken führten.

In der kleinen und gediegenen Galerie in Berlins bedeutendster Geschäftsstraße entfalten die Arbeiten aus fünf Jahrzehnten eine ganz eigene Aura. Die leise Ironie mancher Werke bedarf keiner superben Zurschaustellung.

Johanna Breede Photokunst
Heinz Hajek-Halke – Phantasie und Traum
Ausstellung 20.10. – 24.11.2012

Fasanenstraße 69 . 10719 Berlin
T + 49 (30) 886 83 123
F + 49 (30) 886 83 124

Bettina Rheims – Gender Studies

Bettina Rheims, Andy B., Paris 2011
© Bettina Rheims

 

Wir wollen Menschen einordnen, katalogisieren. Ist es eine Frau oder ein Mann, die oder den wir sehen? Diese menschliche Eigenschaft fördert Urteile – Vor-Urteile.

Die französische Künstlerin Bettina Rheims hat in Zusammenarbeit mit Frédéric Sanchez 25 Menschen portraitiert, die sich den üblichen Einordnungen entziehen. Sie befinden sich in einem vorübergehenden Zustand, in einem Prozess der Werdung. Die Berliner Photogalerie Camera Work zeigt ihre Serie Gender Studies ab 20. Oktober bis 1. Dezember 2012.

 

CAMERA WORK Photogalerie
Kantstraße 149
D-10623 Berlin
Tel.:  +49 (0) 30/310077-45
Fax:  +49 (0) 30/310077-50
www.camerawork.de

Dienstags bis samstags 11 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung.
Eintritt frei.