Helmut Kolle

Helmut Kolle, Selbstbildnis im Jagdkostüm, 1930




Das Chemnitz Museum Gunzenhauser präsentiert (noch bis zum 1. Mai 2011) den Maler Helmut Kolle. Sein anfängliches Pseudonym lautete: Helmut vom Hügel.

Kolle wurde vor 112 Jahren geboren, am 24. Februar 1899 in Berlin-Charlottenburg. Seine Kindheit verbrachte er in Bern und Frankfurt am Main, wo er 1918 den deutschen Kunsthändler, -historiker und Schriftsteller Wilhelm Uhde (1874-1947) kennen und lieben lernte. Uhde beeinflusste Kolles aesthetische Ansichten maßgeblich. Kolle litt viele Jahre an einer schweren Herzkrankheit, die ihn immer stärker schwächte.

1924 ging das Paar nach Paris. Kolle wurde einer der wenigen deutschen Künstler nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, dem es gelang, sich in Paris zu etablieren. Picasso soll seinen Bildern »große Vitalität« zugesprochen haben. Kolle starb 1931 in Chantilly bei Paris.

Thomas Mann beschrieb den Dandy und Aestheten bewundernd so:

»…sein schwieriger Tod. Er wuchs im Innersten seines psychischen und organischen Seins, einer mörderischen Frucht gleich, die reifen will; und wenn sie reif ist, bricht sie auf, um mit dem Erguss ihres purpurnen Saftes das zarte Herz, das sie genährt, zu überschwemmen und zu vernichten.«

Kolles Werk ist besonders, weil es die Traditionen der deutschen und der französischen Malerei zu vereinen mag. Es spiegelt das Menschenbild der Avantgarde in der Zwischenkriegszeit.

Die Ausstellung in Chemnitz ist die erste seit im Museum seit nunmehr 15 Jahren. Das Museum schreibt:

»Ausgangspunkt des Projektes ist der Bestand des Museums Gunzenhauser. In der Stiftung des Münchner Galeristen Dr. Alfred Gunzenhauser befinden sich 19 Gemälde und eine Federzeichnung, die alle Werkkomplexe des Kolle’schen Schaffens abbilden. Ingesamt werde in der retrospektiven Werkschau ca. 85 Werke zu sehen sein.

Die Ausstellung wird vom Kurator des Museums Gunzenhauser, Thomas Bauer-Friedrich, in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Ernst Barlach Hauses in Hamburg, Dr. Karsten Müller, kuratiert. Vom 7. November 2010 bis zum 1. Mai 2011 wird sie in Chemnitz gezeigt. Im Anschluss übernimmt das Ernst Barlach Haus in Hamburg die Ausstellung vom 22. Mai bis 25. September 2011 in veränderter Form.«


Helmut Kolle, Selbstmörder, 1930



Chemnitz Museum Gunzenhauser

Stollberger Straße 2
09119 Chemnitz
Telephon: (0371) 488 70 24

Franz von Stuck

Franz von Stuck, Sphinx, 1904



Franz von Stuck, Maler und Bildhauer, wurde am 23. Februar 1863 geboren. Er starb am 30. August 1928 in München.  Stuck gründete 1892 zusammen mit Wilhelm Trübner die Münchner Sezession.

Seine Motive findet Stuck vorwiegend in der antiken Mythologie. Götter und Fabelwesen in dunklem Raum treffen den Nerv der Zeit. Es ist die Sinnsuche in einer Umbruchsperiode wie der heutigen, die der Maler mit seinen Nymphen, Zentauren und Bukolischen künstlerisch zuspitzt. Nicht zufällig wiederholt er einige Motive. So »Die Sünde« und die »Sphinx«.

1895 wurde Stuck Professor an der Akademie der Schönen Künste und unterrichtete Wassily Kandinsky, Paul Klee, Josef Hengge und andere später bedeutende Künstler. Ab diesem Jahr arbeitete er auch mit an den expressionistischen Zeitschriften PAN und Jugend. 1906 wurde er in den Persönlichen Adelsstand erhoben und durfte sich fortan Ritter von Stuck nennen.


Franz von Stuck, Salomé, 1906



1898 ließ er die Villa Stuck errichten, die sein Anspruch an ein ästhetisches Gesamtkunstwerk repräsentiert: Die gesamte Innendekoration und die Möbel gehen auf seine Entwürfe zurück. Heute beherbergt das Haus in der Münchner Prinzregentenstraße das Museum Villa Stuck, in dem die luxuriösen Raum-Inszenierungen zu besichtigen sind.

Franz von Stuck war einer der herausragenden deutschen Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der konsequent seinen eigenen Weg beschritt. Die moderne Kunst lehnte er vehement ab. Stuck war europaweit erfolgreich: Er wurde nicht nur auf der Internationalen Kunstausstellung in Venedig gefeiert, sondern auch in Skandinavien.


Franz von Stuck, Salomé, 1906



Franz von Stuck, Die Sünde, 1896



Museum Villa Stuck
Prinzregentenstraße 60
D-81675 München
Tel. +49 (0)89-45 55 51-0
Fax. +49 (0)89-45 55 51-24

villastuck@muenchen.de
www.villastuck.de

Das Museum Villa Stuck ist komplett barrierefrei zugänglich.
Öffnungszeiten
Dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr
An allen Feiertagen (auch Ostermontag und Pfingstmontag) und Silvester (11 bis 16 Uhr) geöffnet.
24.12. und Faschingsdienstag geschlossen.


Trude Fleischmann

Trude Fleischmann, Sibylle Binder, Schauspielerin
Wien um 1935 © Albertina, Wien




Die Wiener Photographin Trude Fleischmann (1895-1990) wird wiederentdeckt. Zwar ist sie eine der bedeutendsten österreichischen Lichtbildkünstlerinnen der 1920-er und 1930-er Jahre. Dennoch war sie bis vor kurzem dem allgemeinen Publikum praktisch unbekannt.

Dass sich dies nun ändert, liegt an einer Ausstellung des Wien Museums (noch bis zum 29. Mai 2011), das die erste umfassende Ausstellung zur Künstlerin präsentiert. Einige ihrer Werke sind optisch bekannt, – auch wenn man nicht weiß, dass sie von Trude Fleischmann sind. Dazu gehört das berühmte Portrait von Karl Kraus, das seit Jahren die Werkausgabe des Schriftstellers ziert. Aber auch unbekanntere Photos sind nun zu sehen.

Die Photokünstlerin fertigte in ihrem Atelier Portraits vieler Größen ihrer Zeit: Der dandyistische Architekt Adolf Loos gehörte dazu wie Franz Blei, Wilhelm Furtwängler und eine ganze Reihe von österreichischen Schauspielern. Die Darstellung von nackten Tänzerinnen erhob sie zur Kunstgattung. Nackt und eingeölt posiert Claire Bauroff  vor einer mit schwarzem Stoff bespannten Wand. Das verstärkt die Wirkung: Sie mutet dionysisch an; weiblich-erotisch-grazil und zugleich schmal und zerbrechlich. Androgyn.


Trude Fleischmann, Aktstudie, Wien 1925
© Wien Museum




Die Biographie von Trude Fleischmann ist ach so typisch und emblematisch für diese Zeit: In eine vermögende jüdische Familie geboren, hatte sie alle Chancen der künstlerischen Entfaltung. Ihr Vater verdiente als Kaufmann gutes Geld. Die Mutter pflegte das liberal-musische Air des Hauses. Zur Photographie zog es Gertrude von Kind an. Sie lernte in den angesehensten Wiener Ateliers das Handwerk. 1919 eröffnete sie dann ihr eigenes Atelier. Es war eine Zeit radikalen Umbruchs, war doch gerade erst die Habsburgermonarchie zusammengebrochen. Wien war nun nur noch die Kapitale eines republikanisch-demokratischen Kleinstaates.

Trude Fleischmann war mit den von Ihr Portraitierten meist gut bekannt. Über ihr umfangreiches Beziehungsgeflecht, erfahren wir im Katalog, weiß man heute kaum noch etwas. Auf jeden Fall gab sie selbst Feste, auf denen sie auch photographierte. In der Ausstellung ist ein frivoles Selbstportrait in ungarischer Tracht zu sehen. Sie gehörte zur künstlerisch-avantgardistischen Szene Wiens.

Mit dem so genannten Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland war dies abrupt vorbei. Trude Fleischmann war gezwungen zu fliehen. Dabei vernichtete sie den Großteil ihrer Negative. Über London ging sie in die USA. In New York konnte sie aufgrund einiger sehr guter Freunde schnell an den alten Erfolg anknüpfen: Im März 1939 hatte sie Wien verlassen. Bereits 1940 konnte sie ein Studio eröffnen. Es lag in Midtown Manhattan in der 56. Straße.  Der etwa 40 Quadratmeter umfassende Raum war unweit des Broadways. Es war gleichzeitig ihre Wohnung.

Mit 75 Jahren zog Trude Fleischmann 1970 in das eher beschauliche Lugano in die Schweiz. In ihre geliebte Heimatstadt sollte sie nur noch als Reisende kommen. In einem Interview sagte sie 1986: »Ich finde, die Wiener haben sich schlecht benommen, sodass ich Wien eigentlich nicht mehr vermisst habe.« Aber sie fügte sogleich hinzu: »Jetzt hat sich der Groll gelegt, und ich habe Wien wieder wunderschön gefunden.«

Ausstellung und begleitendes Katalogbuch geben einen umfassenden Einblick in das bedeutende Werk Trude Fleischmanns. Sie modernisierte die junge Photokunst. Dabei sah sie selbst sich niemals als ‚Künstlerin‘, sondern nur als solide Handwerkerin. Der bibliophile Katalog ist die erste umfassende Buchdarstellung zu Trude Fleischmann überhaupt. Ein kongenialer Begleitband 20 Jahre nach dem Tod der Künstlerin.


Trude Fleischmann im Atelier, Wien 1929
Annie Schulz © Courtesy Fritsch Antiquariat, Wien



Trude Fleischmann, Albert Einstein, Physiker,
New Jersey 1954,  © ÖNB/Wien



Trude Fleischmann – Der selbstbewusste Blick
27. Januar 2011 bis 29. Mai 2011

1040 Wien, Karlsplatz
Telephon: +43-1-505 87 47-0.
E-Mail: office@wienmuseum.at.
Dienstags bis sonntags & feiertags, 10 bis 18 Uhr
Geschlossen: 1.1., 1.5. und 25.12.2011.

Der Katalog erschien im Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011.
200 Seiten mit 139 Duplx-Abbildungen, gebunden mit Schutzumschlag, 39,80 Euro
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Das Gespenst von Canterville – für große und kleine Kinder

Das Gespenst von Canterville macht ab heute das Theater an der Parkaue unsicher



Das Theater an der Parkaue in Berlin bringt ab heute ein Stück für große und kleine Kinder: Das Gespenst von Canterville nach Oscar Wildes Märchen. Die Handlung dreht sich um eine junge Familie. Sie zieht in ein wunderschönes altes Haus ein. Doch das ist nicht ganz leer: Seit vielen Jahren lebt dort ein Gespenst….


Das Theater an der Parkaue schreibt:
Unruhige Zeiten kommen auf Sir Simon de Canterville zu, als sein altehrwürdiges, englisches Schloss vom amerikanischen Gesandten und seiner Familie bezogen wird. Denn mit ihnen ziehen amerikanischer Pragmatismus und neuzeitliche Abgeklärtheit gegenüber allem Übersinnlichen ein. Die Autorität des alten Gespenstes von Canterville steht auf dem Spiel. Sein nächtliches Spuken nach jahrhundertealter Tradition bleibt ohne Wirkung. Kein Blutfleck, kein Kettenrasseln, kein Stöhnen durch Schlüssellöcher, keine noch so schaurige Melodie beeindrucken diese Amerikaner. Alles haben sie mit Schnellreiniger, flotten Sprüchen und ihrer Kreditkarte im Griff. Einzig Virginia, die fünfzehnjährige Tochter, spricht dieselbe Sprache wie das Gespenst und geht dem Grund seiner Verzweiflung nach. Als sie entdeckt, dass sie das Gespenst von seinem Fluch erlösen kann, zögert sie keine Sekunde. Die Familie ist in heller Aufregung wegen Virginias Verschwinden. Nun ist keine schnelle Lösung und Aufklärung zur Hand. Ungewiss müssen sie ausharren, ob Virginia zurückkehren wird…



Ein Szenenbild von der Inszenierung von Milan Peschel


Regie:  Milan Peschel

Bühne/ Kostüm:  Moritz Müller

THEATER AN DER PARKAUE – Junges Staatstheater Berlin
Parkaue 29
10367 Berlin
BÜHNE 1, ab 10 Jahren.

Premiere: 18.02.2011.
Weitere Termine:
Sa, 19.02.2011, 16:00 Uhr
So, 20.02.2011, 16:00 Uhr,ausverkauft
Mo, 21.02.2011, 10:00 Uhr
So, 13.03.2011, 16:00 Uhr
Di, 15.03.2011, 10:00 Uhr
Do, 17.03.2011, 10:00 Uhr
Fr, 18.03.2011, 10:00 Uhr
Di, 05.04.2011, 10:00 Uhr.
Karten:   Telephon (030) 55 77 52 -52 oder besucherservice@parkaue.de


Kate Moss by Mario Testino

Kate Moss photographiert von Mario Testino
© 2010 Mario Testino



Der Photograph Mario Testino photographiert Kate Moss seit nunmehr über 20 Jahren. Und nicht nur das. Er ist ihr Begleiter und hat sicher erheblichen Anteil an dem, was wir heute in dem britischen Top-Model sehen.

In einem Interview sagte Testino, Kate Moss zeichne »sich durch einen wahrhaft freien Geist aus, den sie auf ihre unverwechselbate Weise repräsentiert«. Auf keinem seiner Bilder sehe es aus, als würde Kate posen. Sie sei stets authentisch.

Nun kann sich davon auch das gewöhnliche Volk ein Bild machen. Die bisherige Auflage von Testinos Bildband über Kate Moss war auf weltweit 1.500 Exemplare limitiert, ist vom Photographen signiert und kostet 1.000 Euro. Nun gibt es die preiswertere Variante, – für all diejenigen, die warten konnten. Zwar fehlt die Acrylbox, aber die Photos sind alle drin.



Cover der Neuausgabe im Taschen Verlag




Kate Moss by Mario Testino, Taschen Verlag 2011, 228 Seiten, Softcover, 49,99 Euro.

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte: www.mariotestino.com



Kate Moss photographiert von Mario Testino
© 2010 Mario Testino



Ruben Talberg liest Charles Baudelaire – Danse Macabre





Ruben Talberg liest von Charles Baudelaire das Gedicht Danse Macabre.

Ruben Talberg ist vielseitiger Künstler; er malt, photographiert, macht Skulpturen und vieles mehr. Talberg wurde 1964 in Heidelberg geboren.

Mehr Infos gibt es auf seiner Website:
www.rubentalberg.net
RUBEN TALBERG

Talberg Factory
Ludwigstr. 151
63067 Offenbach

Andy Warhol – Polaroids

Andy Warhol: Self-Portrait (in Drag), 1981
© The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, New York



Die Kölner Galerie Priska Pasquer eröffnet heute eine Ausstellung mit Polaroids von Andy Warhol. Die lakonischen Aufnahmen spielen im Werk Warhols eine Schlüsselrolle, verbinden sie doch verschiedene Werkstile und Epochen miteunander. Die Polaroids sind meist nicht aufwendig in Szene gesetzt, sondern – wofür diese Technik erfunden wurde – eher flüchtige Momentaufnahemn. Dennoch entstanden Portraits von sinnlicher Intimität und ikonischer Zuschreibung.


Die Galerie schreibt:
»Ab 1970 wurde für Andy Warhol die Polaroid Kamera zum idealen Werkzeug um die Menschen aus der Welt der Kunst, Musik, Mode und Medien im Bild festzuhalten. Warhol verwendete Polaroids als Vorlage für seine Portraitgemälde und zugleich entstand mit den Polaroid Portraits ein eigener Werkkomplex innerhalb des vielfältigen Oeuvres des Künstlers. Mehr noch nutzte Warhol die Kamera um zu anderen Menschen eine Beziehung herzustellen, wobei ihm gleichzeitig die Kamera die Möglichkeit bot einen gewissen Abstand zu den Portraitierten zu halten.«



Andy Warhol: Joseph Beuys, 1977
© The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, New York



Andy Warhol | Polaroids
Galerie Priska Pasquer

Vernissage: Freitag, 11. Februar, 18 bis  21 Uhr.

Ausstellung: 12. Februar bis 13. April 2011.

Albertusstr. 9-11 | 50667 Köln
Phone +49.221.952 6313 | Fax +49.221.952 6373
galerie@priskapasquer.de | www.priskapasquer.de
Di – Fr 11 – 18 Uhr, Sa 11 – 16 Uhr und nach Vereinbarung

Natalia Wörner von Karl Lagerfeld

Natalia Wörner photographiert von Karl Lagerfeld für den deutschen Playboy
© Karl Lagerfeld für Playboy März 2011



Für die März-Ausgabe des deutschen Playboys hat Karl Lagerfeld die deutsche Schauspielerin Natalia Wörner in Szene gesetzt.

Auf die Frage im Playboy-Interview, wie sie Karl Lagerfeld erlebt habe, sagte die Berlinerin:

»Ich bin ganz verliebt in ihn. Er war unglaublich liebevoll und sehr viel zugewandter und offener, als ich es vermutet hatte. Beim Shooting warfen wir uns Malernamen zu, Zitate, Epochen: Das fing an mit Hippie in den Siebzigern, und ging über Klimt hin zur Venus. Ganz toll.«



Das Cover des Playboy März 2011




http://www.playboy.de

Ich schreibe nicht für Depperte – Thomas Bernhard zum 80. Geburtstag

Erstausgabe in Buchform: Thomas Bernhards spitze Reden, Leserbriefe und Feuilletons



Der DANDY-CLUB gedenkt Thomas Bernhard zum 80. Geburtstag noch einmal: Mit der Rezension des neuesten Buches.

Thomas Bernhard, Der Wahrheit auf der Spur. 346 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Suhrkamp Verlag, Berlin 2011.

Ob er schon einmal versucht habe, sich das Leben zu nehmen, wird Thomas Bernhard in einem der legendären Interviews von André Müller gefragt.

»Als Kind wollte ich mich aufhängen«, antwortet  der, »aber der Strick ist gerissen«. Bernhard erzählt offen weiter, wie er als Bub eine Handvoll Schlaftabletten geschluckt habe, während er mit seinem Großvater spazierengegangen sei. Ihm sei dann schlecht geworden, und er sei nach Haus gelaufen. 30 Kilometer. Da habe er sich ins Bett gelegt.

Dies alles und noch mehr Erbauliches gibt Thomas Bernhard von sich in dem grandiosen Gespräch mit dem Interviewer der Zeit von sich. Es ist eines der Highlights in dem gerade erschienenen Band »Der Wahrheit auf der Spur«. Er enthält »Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons«, so der Untertitel. Ein weiterer Band in einer ganzen Reihe, die nach dem Tod des großen nihilistischen Cholerikers bei Suhrkamp erschienen sind. 2009 erschien der berührende Briefwechsel zwischen dem Verleger Siegfried Unseld und seinem schwierigen Autoren. Unseld hatte die erste Avance von Bernhard Anfang der 1960er Jahre abgelehnt. Das von Bernhard nach Frankfurt am Main gesandte Manuskript wurde von dem einflussreichsten deutschen Verleger als zu schlecht beurteilt. Drei Jahre später war das Eis gebrochen und Unseld verlegte das erste Buch seines neuen Autoren. Doch war Bernhard nicht exklusiv unter Vertrag. Seine fünfteilige Autobiographie veröffentlichte der Österreicher beim Niederösterreichischen Residenzverlag. Und nach der Publikation jeden Bandes vertröstete der Autor seinen deutschen Verleger, das sei nun auf jeden Fall der letzte gewesen, er wolle nur noch bei Suhrkamp veröffentlichen. Das ging so lange, bis Unseld der Kragen platzte und der, nervlich zerrüttet, Bernhard schrieb, er gebe auf.

Nun also mit gehörigem Abstand – Bernhard starb 1989 – das ein oder andere Autobiographische. Im vergangenen Jahr veröffentlichte der Suhrkamp Verlag zum erstenmal unter dem Titel »Goethe schtirbt« vier Erzählungen zusammengeführt in einem Band. 2008 waren mit »Meine Preise« die versammelten hasserfüllten Beschimpfungen seiner Preisverleiher erschienen.

Und auch die nun publizierten Stücke, die zum großen Teil erstmalig in Buchform erscheinen, lohnen sich. Bernhard war eben nicht nur der Allesbeschimpfer, der Wüterich, bei dem sich Wahrheit und Spiel kaum voneinander unterscheiden ließen. Dazu gehörte eben auch, dass er in einer humanistischen Sichtweise zutiefst ehrlich gewesen ist. In dem Band belegt das unter vielen anderen Texten ein Brief an den Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung aus dem Jahre 1979. In ihm erklärt Bernhard kurz und bündig seinen Austritt, weil die Vereinigung den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Scheel (»Hoch auf dem gelben Wagen«) in ihre Reihen gewählt hat. Er frage sich, so der Briefschreiber, »was ein so durchschnittlicher und obskurer Politiker in einer Akademie für Sprache und Dichtung zu suchen hat«. So bekamen viele ihr Fett weg vom Bernhard. Der bei allem so falsch wohl nicht lag. Den damaligen österreichischen Finanzminister Vranitzky bezeichnet der Schriftsteller als »eitlen Geck[en], der, wie ich festgestellt habe, alle paar Tage die Stallburggasse  mit einem Laufsteg und sein Ministerium für Finanzen mit einer Behörde für Zensur und Verbot von Kunst und Kultur verwechselt«.

Kaum einer kann es so schön wie Bernhard, das Pöbeln in sanfter Lakonie, die herauskotzende Wahrheit mit einem ungerührten Lächeln in der Frühlingssonne Mallorcas auszusprechen. Dass er von seinem Heimatland nicht arg zu viel hielt, ist bekannt. Auch hier findet sich wieder ein nettes bashing:  »Im ersten Stock spielt man Geige. Im Keller öffnet man die Gashähne. Eine typisch österreichische Mischung aus Musik und Nazismus.« Bernhards Aussage gipfelt in einer Androhung, deren Wahrmachung viele wohl ekstatisch erfreut hätte: »Ja, wirklich, wenn dieses Land sich ändern sollte, bliebe mir nichts anderes übrig, als auszuwandern.«

Aufgrund seiner lebenslangen Lungenkrankheit war Bernhard vom Leben angewidert und sah in jedem nur den Feind. Für die meisten hatte er lediglich Hohn und Verachtung übrig.

Noch einmal André Müller: »Wer bleibt denn da überhaupt übrig, den Sie nicht für einen Idioten halten?«

Thomas Bernhard: »Na keiner, das ist es ja eben.«



La crisis in austria – Thomas Bernhard zum 80. Geburtstag



Der erste Teil der ausführlichen Interview-Dokumentation mit Thomas Bernhard von Krista Fleischmann



Im Jahr 1986 interwiewte  Krista Fleischmann Thomas Bernhard fürs Fernsehen. Entstanden ist eines der ausführlichsten Gespräche mit dem cholerischen Nihilisten.

Auch die weiteren vier Teile sind auf Youtube.






Der Geistesmensch als NICHTSTUER:




Es hat sich so ergeben: