Laurence Sterne neu übersetzt

Joshua Reynolds, Laurence Sterne, 1760



Nach der allgemein gefeierten Neuübersetzung ins Deutsche von Laurence Sternes Tristram Shandy, erschien  nun Michael Walters Übersetzung von Sternes zweitem Roman:

Laurence Sterne
Eine empfindsame Reise durch Frankreich und Italien. Von Mr. Yorick.

Übersetzt von Michael Walter. Verlag Galiani Berlin, 2010,
340 Seiten, feines Leinen, Halbschuber, Lesebändchen
Euro 24,95 (D) / sFr 37,90 / Euro 25,70 (A).

„Ich wünschte, entweder mein Vater oder meine Mutter, oder fürwahr alle beide, denn von Rechts wegen oblag die Pflicht ihnen beiden zu gleichen Teilen, hätten bedacht, was sie da trieben, als sie mich zeugten“, ist der erste Satz in dem berühmten ersten Buch von Laurence Sterne: The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman (Leben und Meinungen von Tristram Shandy, Gentleman). Dieses Buch war stil- und epochebildend. Goethe hatte es subskribiert; Ernst Jünger war ein Leben lang vom Autor fasciniert.

Sternes zweites Werk, A Sentimental Journey through France and Italy löste gar eine regelrechte Yorickomanie aus: Vordergründig beschreibt der Landpfarrer Yorick, unschwer zu erkennen als Sternes alter ego, eine Reise von Calais über Montreuil, Amiens, Paris, Versailles und Moulins nach Lyon. Kurz vor der Ankunft dort bricht das Buch allerdings ab. Sterne geht es nicht um die Schilderung äußerer Eindrücke und Erlebnisse, sondern – wie er selbst schreibt – „um deren Spiegelung in der Seele, in der Empfindung des zugleich naiven und sensiblen ‚Narren‘ Yorick. (…) So wird Yoricks Frankreichreise zu einer ‚Reise des Herzens‘, ‚zu einer Kette von empfindsamen Abenteuern'“.

Von den geplanten vier Büchern konnte Sterne, der im Erscheinungsjahr 1768 verstarb, allerdings nur zwei vollenden. Für das ins Deutsche schwer übersetzbare „sentimental“ fand Gotthold Ephrahim Lessing das Wort empfindsam. Es gab einer ganzen literarischen Epoche ihren Titel und wird in Deutschland untrennbar mit Sterne verbunden.

Am 11. August 2010 findet im
Literarischen Colloquium Berlin
Am Sandwerder 5
14109 Berlin
eine Lesung mit Gespräch statt mit dem Übersetzer Michael Walter und dem Galiani-Verleger Wolfgang Hörner.

http://www.galiani.de/buecher/laurence-sterne-empfindsame-reise.html


Tom Ford

Er hat Gucci gerettet, er macht absolute Dandy-Mode. Demnächst auch für Frauen… Er hat sich privat abgesetzt auf eine Ranch in New Mexico. Er provozioerte die prüden Amerikaner mit ästhetisch-freizügigen Photos für seine Campagnen: Tom Ford. Vor drei Jahren überraschte er mit einem außergewöhnlichen und niveauvollen Film, A Single Man.

Der DANDY-CLUB dokumentiert Photos von der Spring-Summer-Campagne 2008.

© Alle Bilder Tom Ford. All rights reserved.

http://www.tomford.com/

Georges Batailles Ästhetik

Eine neue Sichtweise auf die Welt: 
Jacques-André Boiffards übermäßig vergrößerter Fliegenfänger schmückte Batailles Zeitschrift Documents, Nr. 8 (1930)



Ein Buch sorgte 1995 in Frankreich für Furore: Georges Didi-Hubermans detailreiche Untersuchung der Ästhetik von Georges Bataille. Dieses ‚Handbuch‘ zum Denken des französischen Ausnahme-Philosophen ist nun in Deutsch erschienen:

Georges Didi-Huberman: Formlose Ähnlichkeit oder die Fröhliche Wissenschaft des Visuellen nach Georges Bataille. Wilhelm Fink Verlag, München 2010, 382 Seiten, Paperback, 39,90 Euro.

In Frankreich sind geistige Debatten möglich, die in Deutschland, dem Land der selbstauferlegten Denkverbote, undenkbar sind.

Im Jahr 2000 fand in Paris eine Ausstellung unter dem Titel Mémoire des camps. Photographies des camps de concentration et d’extermination nazis (1933-1999) statt. Der Kunsthistoriker Georges Didi-Huberman hatte dafür einen Beitrag geschrieben über vier Photographien. Die Aufnahmen waren von Mitgliedern eines Sonderkommandos in Birkenau gemacht worden, die dem Tode geweiht waren und zeigen, wie nackte Leichen verbrannt werden oder wie nackte Frauen zur Gaskammergetrieben werden.

Die Photographen hatten nichts mehr zu verlieren, wie selten in einer menschlichen Existenz. Sie wollten ihrer Nachwelt das Ausmaß des Dämonischen überliefern. Didi-Huberman argumentiert, diese Aufnahmen seien wertvoll, weil sie über den bildlichen Beweis des Grauens hinaus den »Willen der Opfer zum Zeugnis« belegten. Der Kunsttheoretiker zog daraus eine »weitreichende ästhetisch-ethische Konsequenz, die ihm wütende, ja geradezu hasserfüllte Reaktionen eingetragen hat«, wie die taz schrieb. Man müsse aufgrund dieser Bilder nun nicht ein weiteres Mal hervorheben, dass »Auschwitz undarstellbar ist«



.

 Georges Bataille (1897-1962)



Die Heftigkeit der Angriffe in Frankreich auf Didi-Huberman konnte nicht verwundern. Sie gipfelten darin, ihm eine »pervers fetischistische Geisteshaltung« anzukreiden. Der Beitrag von Georges Didi-Huberman ist in dem Band dokumentiert Bilder trotz allem, der 2007 im Wilhelm Fink Verlag erschien.

Nun legt der renommierte Münchner Philosophie-Verlag nach und bringt unter dem Titel Formlose Ähnlichkeit Didi-Hubermans großen Bataille-Essay, der in Frankreich 1995 erschien. Ausgehend von der Zeitschrift Documents, die Bataille zwischen 1929 und 1930 mit herausgab, untersucht er minutiös den Versuch Batailles, bisheriges Bild-Denken zu sprengen.

Bataille fungierte bei Documents als »Generalsekretär der Publikation« und versammelte hier die von dem Surrealisten André Breton aus der Bewegung Ausgestoßenen oder von sich aus Gegangenen: Michel Leiris, Georges Limbour, André Masson und Joan Miró gehörten zum elf-köpfigen Mitarbeiterteam. Didi-Huberman legt in atemberaubend-minutiöser Weise dar, wie Bataille über den Blickwinkel der Surrealisten weit hinausgeht, indem er deren Anspruch einer neuen Ästhetik im Sinne einer dadaistischen »Formlosigkeit« geradezu nietzscheanisch-radikal konterkariert: Bataille zeigt materielle , exzessive Ähnlichkeiten, fernab jedweder oberflächlichen oder geübt-konditionierten Sichtweise: »Wie ein verlängerter Riß, wie ein Riß, der mittels Berührung von Subjekt zu Subjekt und von Erfahrung zu Erfahrung geht«, nennt es Didi-Huberman.


 Batailles Zeitschrift Documents erschien nur 1930/ 31



Didi-Huberman geht in seiner wegweisenden Studie von der These von »Ähnlichkeit und Konformität« aus, die Bataille hätte zerreißen wollen. Er nimmt Batailles Begrifflichkeit im wahrsten Sinne ernst, indem er – genau wie Bataille selbst – zuerst die Begriffe durchleuchtet, um dann von ihnen ausgehend das weitere Wirken-Wollen zu untersuchen. Denn, so Didi-Huberman, »Batailles Projekt der Überschreitung in Bezug auf die idealistische Philosophie wollte sich auf die Begriffe nicht ‚stützen‘, sondern von ihnen ausgehen (…) und erst nach Durchquerung einer Art Hölle aus glühenden unkonventionellen und verwirrenden Wörtern und Anblicken zu ihnen zurückkehren«.

Weit über Bretons Surrealisten hinaus, die mit ihren Collagen ideologischen Anspruch und persönliche Eitelkeit verbanden, ging es Bataille um vielmehr: Was für die Kunst in ihrer gesamten Geschichte galt, galt ja auch für die der Surrealisten: Sie wurde gesammelt, gefördert, betrachtet und besessen. Bataille zerrte die Kunst auf eine andere, eine die Seele berührende Ebene. Die Kunst durfte nicht mehr tot sein. Zu ihr musste der Betrachter ein Verhältnis haben, – eine Beziehung sich eingestehen. »Er forderte sowohl Sein als auch erkennen, und darunter verstand er nichts anderes als eine ‚Erfahrung‘, eine Prüfung, das Ins-Spiel-Bringen und Aufs-Spiel-Setzen einer Beziehung und einer Zeitlichkeit – das Symptomale als solches -, die er als ‚Augenblick der gewaltsamen Berührung‘ bezeichnete«, schreibt Didi-Huberman.

Didi-Hubermans Gesamt-Untersuchung ist derart umfang- und detailreich, dass eine gewöhnliche Rezension nur anreißen kann – ohne der Arbeit auch nur annähernd gerecht zu werden. Didi-Huberman selbst spricht in seiner Vorbemerkung davon, der Essay werde »im Geiste eines Handbuches der antichristlichen Ikonographie oder sogar eines Jenseits des Ikonographieprinzips gelesen werden können«. Dies bestätigen wir nicht nur im formal-ästhetischen, sondern weit darüber hinaus auch im geistig-reflexiven Verständnis.


Marcel Duchamp




Er war einer der wichtigsten Inspirateure für Andy Warhol. Seine Kunst verstörte, provozierte und brach den bisherigen Kunstbegriff, indem er Alltägliches verarbeitete. Sein Dandytum ist unerforscht: Marcel Duchamp.

Marcel Duchamp wurde am 28. Juli 1887 in Blainville-Crevon geboren und starb am 2. Oktober 1968 in Neuilly-sur-Seine. Der französische Künstler gilt als Mitbegründer von Dadaismus und Surrealismus.

Duchamp begann mit 15 Jahren zu malen. Bereits in der Jugend verkehrte er mit vielen Künstlern wie
Roger de La Fresnaye und Guillaume Appolinaire. An seiner ersten Ausstellung nahm er 1909 teil.
Nachdem er einige Zeit Karrikaturen für Zeitschriften gemacht hatte, wandte er sich wie seine Brüder 1911 dem Kubismus zu.

1913 zeigte er das Bild Nude Descending a Staircase (No. 2) in New York, wo die avantgardistischen Strömungen aus Europa en vugue waren. Das Werk führte zu einer heftigen Diskussion, die Duchamp in Amerika bekannt machte. 1919 kehre er nach Paris zurück, wo er die bedeutendsten Surrealisten André Breton, Louis Aragon, Paul Éluard und Philippe Soupault kennenlernte.
Am 8. Juni 1927 heiratete Duchamp Lydie Sarazin-Levassor (1903–1988), von der er sich bereits sechs Monate später wieder scheiden ließ. Es wurde kolportiert, dass Duchamp die Ehe nur aus finanziellen Gründen geschlossen hätte, da Lydie die Enkelin eines reichen Automobilfabrikanten war.


 Marcel Duchamp provozierte gern mit nackten Frauen



1942 emigrierte er wegen des Zweiten Weltkrieges nach New York. Am 30. Dezember 1955 wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. Duchamp starb am 2. Oktober 1968 nach einem Abend mit seiner Frau Teeny und den Freunden Robert Lebel und Man Ray. In seinem Testament hatte er verfügt, dass es solle keine Trauerfeier geben solle. Seine Asche wurde auf dem Cimetière Monumental de Rouen neben dem Familiengrab verstreut. Den Spruch auf dem Grabstein hatte er selbst entworfen: D’ailleurs, c’est toujours les autres, qui meurent“ („Im übrigen sind es immer die anderen, die sterben“).

Zum Verständnis von Marcel Duchamp:
http://www.understandingduchamp.com/


Four Famous Dandies

Jim Howard: Four Famous Dandies

Das Blog des Time Magazine stellt ein Dandy-Buch vor, das am 1. August 2010 in den Vereinigten Staaten erscheinen wird:
Jim Howard: Four Famous Dandies, Paper Studio Press, $12.

Jim Howard, old-school fashion illustrator, hatte nach eigener Aussage großen Spaß, über die vier Männer zu recherchieren und die Illustrationen für das Buch anzufertigen. Als Dandys stellt er darin vor Beau Brummell, Oscar Wilde, den Duke of Windsor und den zur Zeit wohl bekanntesten US-amerikanischen Dandy Patrick McDonald.

Der Stil von Oscar Wilde und Patrick McDonald von Jim Howard

http://tmagazine.blogs.nytimes.com/2010/07/27/doodled-dandies/#more-95100

© Alle Bilder beim Verlag/ Jim Howard. All rights reserved.

Mad Men Season 4. Mad Men vierte Staffel

Minutiöse Rekonstruktion der 1960er Jahre: Mad Men

Dezent – jedoch nicht uniform: 1964 in New York

Fernsehen einmal erlaubt: Die US-amerikanische Fernsehserie Mad Men rekonstruiert die 1960er Jahre

Die Bild aus der vierten Staffel der Fersehserie Mad Men

Die vierte Staffel der Fernsehserie Mad Man startete der Sender AMC gerade. Man muss sie vielleicht nicht unbedingt sehen (Welcher Dandy hat schon einen TV-Apparat?) aber immerhin: Die Produzenten versuchen, so minutiös wie möglich, die Ästhetik der 1960er Jahre darzustellen. Das betrifft das Bühnenbild und die schönen dezenten Anzüge der New Yorker Gentlemen ebenso wie kulturelle und soziale Eigenschaften dieser ästhetisch priveligierten Zeit.

Die Handlung dreht sich um Don Draper, den erfolgreichen und smarten Mitarbeiter einer Werbeagentur. Die vierte Staffel spielt 1964.

Freundlichkeit

Adam Phillips/ Barbara Taylor: Freundlichkeit


Wir – das heißt die Bewohner der westlichen Welt – leben in einer Gesellschaft der Unfreundlichkeit, sagen Adam Phillips und Barbara Taylor. Eine Gesellschaft, die Erfolg ausschließlich am materiellen Eigentum messe, die brutal zwischen den sogenannt Erfolgreichen und den Verlierern trenne, stoße die Freundlichkeit von sich ab. Was heute zähle seien Coolness, Unabhängigkeit und Lifestyle. Dagegen setzen die Autoren ihr Plädoyer für die Tugend der Freundlichkeit mit dem Untertitel »Diskrete Anmerkungen zu einer unzeitgemäßen Tugend«. Tatsächlich scheint es so, als habe die Freundlichkeit es verdient, dass wir ihr ein wenig Aufmerksamkeit widmen. Aber was ist das überhaupt – Freundlichkeit? Und wenn überhaupt, wozu brauchen wir sie? Das Autorengespann begibt sich auf die Suche. In einer kurzen Geschichte der Freundlichkeit im zweiten Kapitel zeigt es die Entwicklung dieser Tugend. Man erfährt, wie sich ihr Wert und Ansehen über 2000 Jahre Menschheitsgeschichte verändert haben. Als Denker, der die Freundlichkeit diskeditiert habe und so in der Moderne zu ihrem Niedergang erheblich beigetragen habe, sehen sie Thomas Hobbes. Da der englische Philosoph im Menschen vor allem das egoistisch-brutale Tier gesehen habe, habe er im 17. Jahrhundert der Freundlichkeit nachhaltigen Schaden zugefügt, der sich bis heute auswirke. Die Autoren sind in der Lage zu differenzieren, sehen sie beispielsweise in der protestantischen caritas nach der Reformation eine Einschränkung von Freundlichkeit: Die Haltung der Freundlichkeit habe ihren wichtigen Rang im moralischen Selbstverständnis des Christentums eingebüßt. Schwerpunkt des Traktates über die Freundlichkeit ist die Haltung der Psychoanalyse zu ihr. Diese Ausführungen sind detailliert und kenntnisreich. Kein Wunder, ist doch Adam Phillips Psychoanalytiker in London und Herausgeber der englischen Gesamtausgabe von Sigmund Freud. So geraten diese Kapitel zu ausführlich, zu langatmig und auch zu Freud-lastig. Kaum ein Leser, der sich vom Titel des Büchleins angesprochen fühlte und zur Lektüre greift, wird derartig lange Schilderungen über die Psychoanalyse erwarten. Interessant wären Hinweise, wie die verschiedenen Religionen zur Freundlichkeit stehen. Was sagt die Bibel oder lassen sich biblische Aussagen als solche zur Freundlichkeit interpretieren? Auch eine - nennen wir sie spirituelle - Dimension fehlt. Bin ich freundlich, erhalte ich in der Regel eine freundliche Reaktion zurück. So könnte man die Tugend der Freundlichkeit auch als Fenster zu Gott ansehen. Dennoch ist das Büchlein eine gelungene Bresche für diese heute oft vergessene Verhaltensweise. Die Autoren bringen viele Facetten der Freundlichkeit, so auch deren Kehrseiten: »Die eigene Fähigkeit oder der Trieb, freundlich zu sein, kann unbewusst von dem Anteil in uns sabotiert werden, der vor zu großer mitmenschlicher Nähe zurückschreckt. Freundlichkeit verkompliziert gewissermaßen besonders subtil und befriedigend die zwischen- und mitmenschlichen Beziehungen, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wenn wir freundlich handeln, offenbaren wir unmissverständlich, dass wir verletzliche und abhängige Lebewesen sind«. Freundlich zu sein, zeugt von Bildung und Selbstbewusstsein.
Adam Phillips/ Barbara Taylor, Freundlichkeit. Diskrete Anmerkungen zu einer unzeitgemäßen Tugend. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2010, 163 Seiten, 16,90 Euro.

Dandy-Red




Ferrari Mittelmotor. Mit Spiegelung der Dachkonstruktion des Meilenwerks Berlin.

100 Jahre Liebermann-Villa

Die Villa von Max Liebermann ist heute Ausstellungs- und Veranstaltungsort

Die Max-Liebermann Gesellschaft Berlin begeht in diesem Jahr den 100. Jahrestag der Liebermann-Villa am Wansee:

1909 ließ sich Max Liebermann ein Sommerhaus am Wannsee bauen. Der Maler nannte es stolz sein „Schloß am See“. Hier fand er die nötige Ruhe von der Großstadt und die Motive für sein Spätwerk. In über 200 Gemälden hielt er den 7000 Quadratmeter großen Garten fest, den er nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten ließ.

Im Juli 1910 zog Liebermann in sein Sommerhaus am Wannsee ein. Dieses 100jährige Jubiläum feiert die Liebermann-Villa am Sonntag, den 25. Juli 2010 ab 11 Uhr mit einem umfangreichen Programm.

Sonntag, 25. Juli 2010, 11 – 22 Uhr
Jubiläumstag: 100 Jahre Liebermann-Villa

11 Uhr Jubiläumsauftakt

mit Grußworten von André Schmitz (Staatssekretär für Kultur) und Prof. Dr. Klaus-Peter Schuster (Generaldirektor emeritus, Staatliche Museen zu Berlin )

11:30 Uhr Eröffnung der Dokumentationsausstellung

14 und 16 Uhr Max Liebermann für Kinder

Kunstprogramm für Kinder von 5-11 Jahren mit Ingrid Heilmann

16:30 Uhr Klassische Musik im Wannsee-Garten

mit Jochen Hoffmann (Querflöte) und Helge Bartholomäus (Fagott), Deutsche Oper Berlin

18 Uhr Vom Sportlerheim zum Museum.

Prof. Dr. Rolf Budde, Irene Pahl und Wolfgang Immenhausen (Gründungsmitglieder der Max-Liebermann-Gesellschaft) sprechen über die Rettung der Liebermann-Villa.

19 – 21 Uhr Klanginstallation im Garten

20 Uhr Die Wiederherstellung der Villa und ihres Gartens.

Gespräch und Bildpräsentation mit Reinald Eckert (Landschaftsarchitekt) und Pedro Moreira (Architekt).

Führungen um 14 Uhr, 15 Uhr, 15:30 Uhr, 16 Uhr und 19 Uhr

Eintritt: 6 € / 4 €erm.

http://www.max-liebermann.de

Colomierstr. 3
14109 Berlin
Tel: (030) 805 85 90 0

info@liebermann-villa.de

Ted Partin

Ted Partin, San Fransisco II, 2004


Ted Partin photographiert mit einer 8 x 10 Zoll Deardorff Fachkamera. Diese Plattenkamera hat die Größe eines kleinen Fernsehers. Sie ist aus Holz, lässt sich aber für den Transport leicht zusammenklappen, wie der Künstler im Gespräch mit Sylvia Martin betont. Dieses aufschlussreiche Interview ist in dem Katalog-Buch dokumentiert, das zur Ausstattung in Krefeld (noch bis 19.09.2010)

erschienen ist. Das Buch ist Begleiter und Gedächtnis der Ausstellung, die der US-amerikanische Photo-Künstler selbst zusammengestellt hat.

Nicht nur erinnert Ted Partins technische Vorgehensweise ans 19. Jahrhundert. Es führt zu ganz eigenen, ungewohnten Werken. Einerseits erfordern bereits der Aufbau und das Einrichten der Kamera einen erheblichen Zeitaufwand, der in der heutigen Zeit einer digitalen Massenphotographie noch rückwärtsgewandter wirken muss. Doch bleibt die ungeheure Wirkung dieser zutiefst reaktionären Arbeitsweise nicht aus: In der Phase der Vorbereitung erhalten Photograph und Motiv Gelegenheit, sich aufeinander einzuschwingen. Sich kennenzulernen. Der Mensch – das Motiv – erfährt davon, wahrgenommen zu werden.

Ted Partin sagt: »Die Langsamkeit und Überlegenheit des Aktes erzeugt so etwas wie ein Ereignis oder eine Zusammenarbeit.« Konzeptuell ginge es ihm darum, »aus der einmaligen Erfahrung mit der Person, die ich fotografiere, ein einmaliges Objekt zu erzeugen«. In Krefeld sind nun knapp 50 seiner Arbeiten aus den Jahren 2003 bis 2009 zu sehen. Alle sind im Buch reproduziert.

Ted Partin wurde 1977 in Tarrytown, New York, geboren und lebt in New York City. Er studierte bei dem berühmten street photographer Tod Papageorge und bei Gregory Crewdson. 



 Ted Partin, Mobile, 2003


Konzeptorisch entstehen durch die Entschleunigung des Aufbaus verbunden mit der teilweise extrem langen Belichtungszeit von bis zu mehreren Sekunden bestürzend-authentische Dokumente der gegenwärtigen US-amerikanischen Jugend. Teilweise im Drogen- und Prostituierten-Milieu, teilweise nackte, teilweise von Krankheiten gezeichnete Bewohner der modernen Welt. In der bestürzenden Präzision der Arbeiten geht es nicht um die soziale Schicht oder die Herkunft. Vielmehr zeugen die Aufnahmen von Individualitäts-Wollen und der Suche nach Selbst-Bewusstsein. Der Blick der Mittelstandskinder ist von derselben unbeklommenen Erwartung auf das Leben. Der Betrachter wird zum mundoffenen Stauner ob der augenblicklichen Plastizität. Und zugleich zum Voyeur. Unfreiwillig und peinlich berührt erwischt der Betrachter nackte Frauen und Männer im Bett liegen. Die Photographierten sind in völlig normalen Situationen. Sie sitzen auf der Couch oder im Auto. Die Motive sitzen am Straßenrand oder lesen ein Buch. Ted Partin dokumentiert ganz normale Blicke der photographierten Menschen und inszeniert zugleich den Blick in die Kamera, – der kein anderer ist, als wäre der riesige Photoapparat nicht vorhanden. Dies macht die ungeheure seelische Gegenwärtigkeit von Partins Arbeiten aus.
Die Ausstellung Eyes Look Through You zeigt neben Schwarz-Weiß-Aufnahmen auch einige der seit 2009 entstandenen Farbphotos. Sie ist die erste Präsentation von Ted Partins Weken im Museum.


 Ted Partin, Reykjavik, 2008




Ted Partin: Eyes Look Through You
13.06.2010 bis 19.09.2010
Museen Haus Lange – Haus Esters
Wilhelmshofallee 91-97
47800 Krefeld

Der Katalog zur Ausstellung: Hirmer Verlag, München 2010, 120 Seiten, gebunden, 34,90 Euro.
© Alle Photos: Ted Partin. All rights reserved.