Christophe Ono-dit-Biot – Die griechische Freundin

„Ich lege mich auf den Sand, er ist angenehm warm. Die Brise trocknet mich, die Natur tut mir gut. Ich kann besser atmen. Meine Bronchien sind frei. Ich denke an nichts. Mein Körper ist braun geworden. Er erwacht.“
Christophe Ono-dit-Biot
Procopius Strand, Naxos September 2018. © DANDY-CLUB 2018

 

 

 

 

 

Christophe Ono-dit-Biot: Die griechische Freundin
Übersetzt von Michael von Killisch-Horn.
240 Seiten, gebunden in Leinen, gedruckt auf Schleipen Fly 115 g.
L.S.D. Verlag im Steidl Verlag, Göttingen 2018, 20 €.

 

 

 

 

 

César will sterben. Der Pariser ist 40, Journalist, Vater eines sechsjährigen Sohnes – und seit Kurzem verwitwet. Der Tod seiner über alles geliebten Frau führt ihn in eine tiefe Depression, der er durch einen Freitod entgehen will. Dass alles komplett anders kommt liegt an der jungen griechischen Nachbarin, die just nach der vierten von zehn Schlaftabletten an der Tür klopft. Christophe Ono-dit-Biots Roman Die griechische Freundin ist dabei vielmehr als ein modernes Märchen: Eine Aufforderung, sich mit den Werten Europas zu beschäftigen. Eine Hommage.

 

 

 

 

 

César ist 40, Vater eines sechsjährigen Sohnes, lebt in Paris und ist erfolgreicher Journalist. Ein Traum eigentlich. Wäre nicht seine von ihm abgöttisch geliebte Frau vor kurzem gestorben. Er ist zutiefst verzweifelt. Selbst sein süßer und kluger kleiner Sohn kann ihn von seinen Depressionen und vom Leid nicht befreien. Das Leben ist für ihn vollkommen sinnlos geworden.

 

 

 

 

Christophe Ono-dit-Biot schildert in den ersten Kapiteln ungeheuer authentisch, wie César leidet. Der Witwer ist ständig den Tränen nahe, zieht sich zurück in seine Wohnung mit den vielen Büchern und meidet jedweden Kontakt. Da kommt seine neue Nachbarin gerade recht. Allerdings im für ihn denkbar unpassendsten Augenblick. Gerade hat er sich in die Küche gesetzt – der Sohn ist bei den Eltern untergebracht -, um in Ruhe die zehn Schlaftabletten, die er sich im Internet bestellt hatte, in Ruhe zu schlucken, da klopft es an seiner Wohnungstür.

 

 

 

 

Vier Tabletten hat er bereits intus. Das macht ihn träge und schläfrig. Zuerst will er das Klopfen ignorieren. Schließlich erwartet er niemanden. Aber es wird immer heftiger. Dann steht eine junge, bildhübsche Blondine in seiner Wohnung. Sie hat ihren Schlüssel vergessen und wartet angeblich auf ihren Bruder. Nana ist Mitte zwanzig, studiert und kommt aus Griechenland. Sie interessiert sich für die alten Griechen, von denen César eine ganze Bibliothek besitzt.

 

 

 

 

Nana ist ein wenig verrückt. Extrem lebenslustig. Gleichzeitig ist César von ihrer Bildung beeindruckt. Durch sie kommt er wieder ins Leben zurück. Kann wieder genießen und lässt sich nach anfänglichem Zögern auf Partys mitschleppen. All dies erzählt Christophe Ono-dit-Biot so hautnah, dass man als Leser meint, dabei zu sein. Die Lektüre dieses Buches ist ähnlich einem Kinobesuch, weil beim Lesen ständig Bilder entstehen. Noch besser gesagt: Man liest das ganze Buch eigentlich, als wäre es ein Film. Der Plot ist rasend schnell: Die Kapitel kurz und knackig. Der Autor braucht nicht viele Worte, um Situationen oder Orte entstehen zu lassen. Das ist eine – aber längst nicht die größte Stärke – des Buches.

 

 

 

 

Das berührende und kluge Buch ist erschienen im L.S.D. Verlag
© Photo: Steidl Verlag 2018

 

 

 

 

 

Ist die Geschichte auch extrem spannend, so bietet diese letztlich nur den Rahmen für Biots Erinnerung an die griechischen Mythen, an die alten Klassiker und die Antike an sich. Immer wieder werden griechische Klassiker zitiert. Das ist allerdings eher ein intellektuelles Aufblitzen. Der Autor nervt den modernen, hektischen Leser nicht mit langen Ausflügen in philosophische Tiefen. Aber gerade durch dieses nonchalante Fallenlassen von Gedanken oder Namen werden wir charmant erinnert, dass Europa sich wahrlich nicht zu verstecken braucht. Die Naturgeschichte von Plinius dem Älteren wird ebenso raffiniert in den Gegenwartskrimi eingebaut wie Quintus vom Smyrna, die Theogonie von Hesiod, Sokrates, Platon und und und…

 

 

 

 

Dennoch lässt der 1975 geborene Schriftsteller und Journalist die Gegenwart nicht aus: Die in Paris alltäglich gewordene Angst vor Terror, findet ebenso Platz wie das Thema Monotheismus.

 

 

 

 

Biots Message: Lest die alten Griechen, schaut Euch an, wie weit die Griechische Demokratie bereits vor 2.000 Jahren entwickelt war. Greift zu den alten Klassikern und verzweifelt nicht im Hier und Jetzt! Werdet Euch der europäischen Kultur bewusst und verteidigt sie! Auch in früheren Jahrhunderten glaubten die Menschen häufig, Europas Ende sei endgültig gekommen.

 

 

 

 

Christophe Ono-dit-Biots Roman ist ein Meisterwerk! Ihm gelingt eine grandiose Verknüpfung der nihilistischen Gegenwart mit den Fundamenten von Philosophie und Demokratie. Merci beaucoup K.L.!

 

Matthias Pierre Lubinsky 2018

 

 

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