Saki – Die Rumpelkammer

Das bibliophile Buch mit der Titelvignette von Karl Lagerfeld
© L.S.D. Verlag 2016

 

 

Saki, Die Rumpelkammer
Erzählungen
Auswahl und Nachwort von Monte Packham.
200 Seiten, Leinen mit Leseband und einer Titelvignette von Karl Lagerfeld, L.S.D. Verlag 2016, 18,- Euro.

 

 

Sakis Kurzgeschichten sind voller Lebensweisheit, Ironie, und Witz. Der L.S.D. Verlag bringt unter der Ägide von Karl Lagerfeld in bibliophiler Gestaltung nun eine Auswahl seiner Erzählungen. Ein Lesegenuß!


Sakis (1870-1916) Geschichten sind neun Seiten lang, oder nur sechs. In dem Buch ist keine länger als elf. Das mindert ihre Qualität allerdings nicht im geringsten. Saki ist ein Erzähler vom Feinsten. Der Brite braucht keine Anlaufzeit; er muß nicht seitenlang Charaktere entwickeln, um diese sich dann entfalten zu lassen. Saki kommt auf den Punkt, bevor der Leser überhaupt seine bequeme Position gefunden hat.

 

Beeindruckend ist seine Beschreibung von Personen:
»Leonard Bilsiter gehörte zu jenen Leuten, die dieser Welt nichts Begehrenswertes oder Interessantes abgewinnen konnten und einen Ausgleich in einer ‚unsichtbaren Welt‘ eigener Vorstellungen oder Einbildungen oder Erfindungen suchten«, beginnt die Geschichte mit dem Titel Die Wölfin. »Kindern gelingt so etwas, aber ihnen genügt es, selbst daran zu glauben, und sie tragen ihre Überzeugungen nicht zu Markte, indem sie versuchen, andere zu überzeugen. Leonard Bilsiters Überzeugungen waren ‚wenigen Auserwählten‘ vorbehalten, das heißt all denen, die bereit waren, ihm zuzuhören.«


Saki hieß eigentlich Hector Hugh Munro. Er wurde 1870 in Birma geboren, als das Land noch zum Britischen Empire gehörte. Sein Vater war Generalinspekteur der birmanischen Polizei. Als er zwei Jahre alt war, wurde seine Mutter von einer wildgewordenen Kuh getötet. Er wuchs bei gestrengen Tanten in Großbritannien auf. 1893 trat er der birmanischen Polizei bei, die er drei Jahre später wegen seiner schlechten Gesundheit wieder verlassen mußte. In England arbeitete er als Journalist . Von 1902 bis 1908 war Munro Auslandskorrespondent der Morning Post auf dem Balkan, in Rußland und in Paris.

 

Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig. Während eines nächtlichen Einsatzes bei Beaumont-Hamel in Frankreich wurde er von einem deutschen Scharfschützen erschossen. Nach der Überlieferung soll er einem Kameraden zugerufen haben, der solle seine Zigarette ausmachen. Die meisten seiner Bücher wurden erst posthum veröffentlicht.

 

Die Rumpelkammer versammelt knapp zwei Dutzend seiner süffisanten Kurzgeschichten. Viele berichten von klugen Kindern, die den einfältigen und manipulierenden Erwachsenen raffiniert ein Schnippchen schlagen. Dennoch ist Saki als Erzähler so routiniert, daß er sich nicht auf die Seite der Kinder schlagen muß. Stets behält er den Beobachterposten des Unbeteiligten bei. Dies und die erzählerische Raffinesse gepaart mit einer Prise britischen wits machen die Geschichtchen zu einem unterhaltsamen Lesevergnügen.

 

Wie stets beim Lagerfeld-Steidl-Druckereiverlag  (L.S.D.) kommt auch dies Buch in gediegenem Kleid daher: Gebunden in Leinen und ausgestattet mit Leseband. Schade, daß die staubanfälligen Bände nicht mehr in einen durchsichtigen Zellophan-Umschlag umhüllt sind. Nicht zu vergessen: Die Titelvignette stammt von Karl Lagerfeld himself.

www.steidl.de