Esprit Montmartre

Ausstellungs-Highlight in diesem Frühjahr: Esprit Montmartre
© Schirn Kunsthalle / Hirmer 2014

 

 

Esprit Montmartre. Die Bohème in Paris um 1900.
Ausstellung:
Schirn Kunsthalle Frankfurt 7. Februar – 1. Juni 2014.
Katalog:
Hirmer Verlag München 2014, 320 Seiten mit 290 Farbabbildungen, Atelier-Karte und historischen Photos, 49,90 Euro.

 

Kaum ein Ort wird heute mit einem Künstler-Bohème-Leben verbunden und verklärt wie der Montmartre. Und das nicht von ungefähr, sind doch die Namen der Künstler, die sich auf dem Hügel am Rande von Paris niederließen, Legende: Picasso, Toulouse-Lautrec, Modigliani, Max Jacob sind nur die Bekanntesten, denen sich mühelos ein weiteres Dutzend berühmter Maler und Schriftsteller hinzufügen ließe.

 

Die Ausstellung Esprit Montmartre – Die Bohème in Paris um 1900 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt widmet sich nun der Zeit zwischen der Mitte der 1880-er Jahre bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, als viele der Künstler die Butte wieder verließen.

 

In verschiedenen Kapiteln lassen die aufwendige Schau und das Katalogbuch die Entwicklung nachvollziehbar werden. Denn nicht zufällig fanden sich junge Kunstschaffende hier ein. Man war ein Stück weg vom mondäneren und teuren Paris. Hier konnte man einem anderen Lebensstil frönen ohne aufzufallen. So legt die Ausstellung einen ihrer Schwerpunkte auf »Modell, Tänzerinnen und Prostituierte«. Mit ihnen verkehrte die Bohème. Dazu lebten auf dem ärmlichen Hügel Kleinkriminelle, Tagelöhner und Gestrauchelte. Toulouse-Lautrec, Edgar Degas und andere zeigten in ihren Bildern ausgiebig die Bordelle und ihre Frauen. Die sind nicht immer unbekleidet, sondern vielmehr oft angezogen und wartend. Alltag eben. Viele der Bilder müssen zur damaligen Zeit dennoch als ungeheure Provokation gewirkt haben. Zeigen sie doch die Damen beim Liebesakt oder gleich ganze Orgien.

 

 

Montmartre, Eingang des Moulin de la Galette, 1900
Collection Société d’Histoire Le Vieux Montmartre

 

 

In diesem Rahmen wirken die Gemälde und Zeichnungen jedoch nicht voyeuristisch. Sie geben einen Einblick in das Umfeld und das Leben dieser sogenannten Bohème. Mit über 200 gezeigten Werken von 26 Künstlern ist die Ausstellung eines der Highlights in diesem Frühjahr. Anschaulich macht sie deutlich, wie der Ort mit seiner Armut die daraus entstehende Kunst prägte.

 

Obwohl der Aufstand der Pariser Kommune von 1871 da schon drei Jahrzehnte zurücklag, dürfte er im kulturellen Gedächtnis gerade der armen Leute noch präsent gewesen sein. Schließlich ging diese 70 Tage dauernde Revolte vom Montmartre aus. Bei der brutalen Niederschlagung dieser sozialistischen Demokratiebestrebung wurden 30.000 Kommunarden getötet. Weitere 40.000 wurden inhaftiert oder des Landes verwiesen. Künstler wie Théophile-Alexandre Steinlen sahen sich mit dieser Vergangenheit verbunden und brachten sie in ihre Kunst ein. Symptomatisch für eine Künstlerkarriere ist dabei, dass Steinlein just berühmt wurde mit dem Gegenteil. Nicht eines seiner politischen Bilder machte ihn bekannt, sondern das Plakat für das Chat Noir, ein Werbeplakat für ein neu gegründetes Cabaret.

 

Henri Evenepoel, Le Café d’Harcourt à Paris, 1897
Städel Museum, Frankfurt am Main.
© U. Edelmann – Städel Museum – ARTOTHEK

 

 

Das empfehlenswerte Katalogbuch aus dem Hirmer Verlag präsentiert und erläutert die ausgestellten Werke großzügig auf Photopapier. Das ansprechend gestaltete Buch führt ein mit Original-Aufnahmen der Butte um 1900, die den Betrachter zurückholen in eine Zeit, als das Hügelchen, wie die Übersetzung lauten würden, noch nicht vollständig bebaut war. Aufsätze zur Bohème, die Lokale und einzelne herausragende Künstler werden ergänzt durch kurze Portraits der wichtigsten Protagonisten. Als Schmankerl liegt dem Band eine ausklappbare Karte bei, in der die Adressen der Ateliers von damals verzeichnet sind.

 

Ausstellung und Katalog: Frühjahrs-Highlights 2014!