Robert Gottliebs Sarah Bernhardt-Biographie
mit der Titelvignette von Karl Lagerfeld
Robert Gottlieb, Sarah Bernhard – Die Göttliche.
L.S.D.-Verlag, Göttingen 2012, 288 Seiten, gebunden in Leinen, mit einer Titelvignette von Karl Lagerfeld.
Als 2010 Robert Gottliebs Sarah Bernhardt-Biographie in Amerika erschien, wurde ihr große Aufmerksamkeit zuteil. Und dies zu Recht. Mit Süffisanz und leichter Sprach-Ironie schildert der 1931 geborene Autor das außergewöhnliche Leben der zu ihrer Zeit bedeutendsten Schauspielerin, für die unter anderen die Dandys Oscar Wilde und Sacha Guitry eigene Stücke schrieben.
Die äußerst lesenswerte Lebensgeschichte wurde fürs Deutsche entdeckt von arbiter elegentiarum Karl Lagerfeld und dem Göttinger Verleger Gerhard Steidl. In ihrem dandyesken L.S.D.-Verlag editieren sie eine Buchreihe, deren ästhetisches Vorbild Bibliotheken wohlhabender Leser aus vorigen Jahrhunderten sind. Die ließen alle Bücher gleich einbinden, um ihrer Bibliothek ein einheitliches Erscheinungsbild zu geben. Karl Lagerfeld sagt: »Für L.S.D. haben wir uns von diesem Brauch einer zivilisierten Welt inspirieren lassen: all unsere Bücher haben ein einheitliches Format und sind in ein besonderes Leinen gebunden. Die Farben sind unterschiedlich – aber sie passen alle harmonisch zueinander, wenn sie gemeinsam in einem Bücherschrank oder Regal stehen.«
Robert Gottlieb suchte, aus der Autobiographie, die die Bernhardt schrieb, das herauszufinden, was glaubwürdig sein könnte. Das ist wohl nicht allzu viel. Nicht nur war die Schauspielerin auf der Bühne oder später vor der Kamera eine grandiose Darstellerin. Auch ihr Leben zelebrierte sie wie ein Dandy. Dazu gehörte auch, alle Details ihres Lebens und der Herkunft in ein strahlendes Licht zu rücken. Mit der Wahrheit nahm sie es dabei nicht allzu genau. Der US-amerikanische Biograph stellt sich dieser Aufgabe mit feiner humoristischer Distanz: »Sarah Bernhardt wurde im Juli oder im September oder im Oktober 1844 geboren. Oder war es 1843? Oder gar 1841?« Aber keine Angst, der Leser erfährt im Laufe des Buches eine ganze Menge über den Werdegang der Ausnahmekünstlerin, die ihr Leben lang getrieben war aufgrund der Tatsache, dass ihre Mutter eine Kurtisane war – und sie darüber hinaus als ungewolltes Kind nicht geliebt hat. Man weiß bis heute nicht, wer der Vater der Bernhardt war. Dafür konnte der Biograph einiges über die Arbeit ihrer Mutter in Erfahrung bringen: »Youle führte einen ungezwungenen Salon, zu dem sich eine ganze Reihe angesehener Herren einfand, unter anderem ihr Liebhaber Baron Larrey, der Leibarzt Kaiser Louis-Napoléons (schon sein Vater hatte als Militärarzt in der Großen Armee von Napoléon I. gedient), der Komponist Rossini, der Romancier und Dramatiker Dumas père sowie der Duc de Morny, der uneheliche Halbbruder Louis Napoléons und wohl einflussreichste Mann Frankreichs.«
Gottlieb bringt auf seinen knapp 300 Seiten viele Zitate und gleicht die Selbstaussagen der Bernhardt mit denen anderer Zeitgenossen ab. Eine Reihe von Schwarz-Weiß-Photos unterstreicht den bibliophilen Auftritt des in hellgraues Leinen eingeschlagenen Bandes. Das optische i-Tüpfelchen auch dieses L.S.D.-Buches ist die Titelvignette von Sarah Bernhardt, die K.L. eigens für dieses Buch schuf.
Ein ungeheures Leben konnte natürlich nicht medioker zuende gehen:
»Drei Tage lang defilierten Tausende an ihrem Leichnam vorbei, der in ihrem berühmten Sarg aufgebahrt lag, den Orden der Ehrenlegion an der Brust. Die Beisetzung wurde vom Pariser Stadtrat ausgerichtet. Hunderttausende – manche sprechen von einer halben Million – säumten die Straßen, etliche knieten und unzählige weinten, als der Sarg zunächst in die Kirche St. François de Sales und dann – nach kurzem Verweilen vor dem Théâtre Sarah Bernhardt – weiter zum Friedhof Père-Lachaise gebracht wurde. Seit dem Begräbnis von Victor Hugo hatte Paris nichts Vergleichbares erlebt.«
DANDY-CLUB Empfehlung!