Simon Strauß – Römische Tage

Rom, Piazza del Popolo, Gemälde von Caspar van Wittel, 1718

 

 

 

 

Simon Strauß, Römische Tage
142 Seiten, gebunden mit Lesebändchen, 18 €,
Tropen Verlag
Erscheint am 22. Juni 2019.

 

 

 

Das neue Buch von Simon Strauß, Römische Tage, erzählt vom zweimonatigen Rom-Aufenthalt des Theaterkritikers im vergangenen Jahr. Es ist eine beschwingte Eloge der italienischen Hauptstadt. Die Buchvorstellung geriet aufgrund römischer Temperaturen am italienischsten Platz Berlins zu einer adäquaten Präsentation.

 

 

 

Die Schizophrenie eines Landes zeigt sich am Umgang mit seinen Intellektuellen. Simon Strauß‘ erster Roman Sieben Nächte, 2017 erschienen, war eine zeitgemäße Bibel des dandysme: Der vor dem Erwachsenenleben stehende Ich-Erzähler will der Langeweile des politisch und sozial überkorrekten Erwerbslebens entfliehen, indem er in sieben Nächten die sieben Todsünden absolviert. Eine Reihe von Kritikern warf dem 1988 geborenen Autoren vor, mit seinem Ästhetizismus und Gefahrenkult protofaschistisch zu sein. Kleiner ging’s wohl nicht.

 

 

 

Man war unweigerlich erinnert an die Kampagne, die die Zeitschrift Theater Heute 25 Jahre zuvor initiiert hatte: Nachdem der Vater, Botho Strauß, einer der bedeutendsten Intellektuellen Deutschlands, in einem konservativen Buch seinen Essay Anschwellender Bocksgesang publiziert hatte, forderte die Fachzeitschrift allen Ernstes ein Spielverbot seiner Stücke. Dieser Zensur-Vorstoß ging damals gründlich nach hinten los. Viele Autoren und Regisseure solidarisierten sich mit Botho strauß

 

 

 

Römische Tage ist ein autobiographischer Reisebericht. Simon Strauß erkundet die italienische Metropole auf den Spuren seiner Literatur-Vorgänger von Goethe bis Ingeborg Bachmann. Zugleich ist das nur gute 100 Seiten schmale Buch eine Art Selbstsuche. Besonders interessierte Strauß, der Theaterkritiker bei der Frankfurter Allgemeinen ist, die Allgegenwärtigkeit des Gewesenen und der selbstverständliche Umgang der Römer damit. Rom repräsentiere für ihn, »das gelassene Nachdenken über Vergangenheit und Gegenwart«. Entstanden ist eine Melange aus Reportage, Essay und Empfindungsbericht, wie sie im 19. Jahrhundert üblich war.

 

 

 

Die Buchvorstellung hätte an keinem passenderen Platz stattfinden können. Die Buchhandlung Geistesblüten, die die erste Vorstellung des Buches in Deutschland ausrichtete, liegt am Walter-Benjamin-Platz in unmittelbarer Nähe zum Kurfürstendamm. Es ist wohl der am stärksten italienisches Lebensgefühl vermittelnde Ort Berlins. Die Mischung aus Restaurants, Cafés, die zum Draußensitzen einladen und ein begehbarer Springbrunnen boten das passende Ambiente für die dandyeske Lesung bei authentisch römischem Wetter.

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2019