Ernst Jünger und die bildende Kunst

Norbert Dietkas Buch zu Ernst Jünger
© Königshausen & Neumann 2017

 

 

 

Norbert Dietka, Ernst Jünger und die bildende Kunst
215 Seiten, Paperback, Königshausen & Neumann 2017, 34,80 €.

 

 

Ein neues Buch will das Verhältnis Ernst Jüngers zur bildenden Kunst beleuchten. Doch leider ist es nur eine Zitatensammlung, der ein innerer Zusammenhang fehlt.


Ernst Jünger sah die Aufgabe der Kunst als keine geringe: »Die eigentliche Aufgabe der Kunst ist nicht, dem Menschen Genuß zu spenden, sondern ihn über seine Endlichkeit hinwegzuheben: Auferstehung in der Zeit«, schrieb er 1995 ins Tagebuch.

 

Bereits der kurze Verlagstext auf dem Buchrücken macht skeptisch. Mit der Publikation werde »erstmalig der Versuch unternommen, systematisch das signifikante Verhältnis des Schriftstellers Ernst Jünger zur bildenden Kunst zu dokumentieren«. Sogleich folgt die Warnung an den Leser, nicht zu viel zu erwarten. Denn die »Dokumentation kann schon wegen der äußerst umfangreichen, noch nicht ausgewerteten Brief-Konvolute nur ein vorläufiges Ergebnis generieren«.

 

Präsentiert werden die Künstler, von denen sich Ernst Jünger portraitieren ließ oder die in anderer Form mit dem Jahrhundertschriftsteller zusammenarbeiteten. Der Graphiker Alfred Kubin (1877-1959) gehört zu den wenigen bildenden Künstlern, zu denen Jünger von sich aus den Kontakt suchte. Meist war es der Künstler, der sich mit einem Portrait des bedeutenden Autoren schmücken wollte und daher von sich aus den Kontakt suchte.

 

Man fragt sich ein wenig, an wen dieses Buch adressiert ist. Die echten Jüngerianer wissen um die hier dargestellten Kooperationen. Und diejenigen, die sich für Ernst Jünger erst anfangen zu interessieren, erfahren hier nichts, was ihnen diesen nicht ganz leicht zu greifenden Autoren eines beinahe das gesamte 20. Jahrhundert begleitenden Tagebuches näher bringt.

 

Dargestellt werden neben dem Maler Kubin auch die Kollegen A. Paul Weber, Rudolf Schlichter, Otto Dix und René Magritte. Von HAP Grieshaber erfährt der Leser, daß der trotz einer durch den Verleger Klett vermittelten Zusammenarbeit für ein Buchprojekt mit Jünger eigentlich nichts zu tun haben wollte. Mit Horst Janssen verband ihn hingegen eine Art Seelenverwandtschaft. Doch auch die kann Norbert Dietka nur durch das Zitieren anderer darstellen. So ist es das größte Manko dieser Publikation, daß sie zu vier Fünfteln aus Zitaten besteht. Das kann auch nicht durch die vorausgeschickte Bitte um Nachsicht auf dem Buchrücken entschuldigt werden.

 

Selbst das kurze Kapitel Künstler-Begegnungen während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich besteht praktisch nur aus Zitaten aus Jüngers bedeutendem Tagebuch Strahlungen über diese Zeit. Über die Besuche Jüngers bei den Malern Braque und Picasso kann Norbert Dietka nur schreiben, diese seien bereits vielfach »indiziert worden«; – was immer er damit auch meint. Daß Picasso sich politisch eindeutig links positioniert hatte und im Spanischen Bürgerkrieg die Republikanische Regierung aktiv mit Geld unterstützte, gehörte an dieser Stelle im Kontext interpretiert. Immerhin war Jünger als Besatzungsoffizier des nationalsozialistischen Deutschlands in Paris.

 

Daß Ernst Jünger und die bildende Kunst insgesamt mit heißer Nadel gestrickt worden ist und eines Lektorates ermangelt, wird ersichtlich durch die Vielzahl von Orthographie-Fehlern. Im Literaturverzeichnis finden sich so haarsträubende Fehler wie die Nennung von Ernst Jüngers Drogen und Rausch unter dem Titel Anmerkungen statt Annäherungen.

© Pierre Koslowski 2017