Robert Haas – Der Blick auf zwei Welten

Robert Haas, Straßenszene, USA 1940
© Wien Museum/Sammlung Robert Haas

 

 

 

 

Robert Haas – Der Blick auf zwei Welten.
Ausstellung im Wien Museum
noch bis 26. Februar 2017.
Katalog im Hatje Cantz Verlag,
200 Seiten mit 219 Abbildungen, 35 €.

 

 

 

Die Stadt Wien ehrt ihren 1938 vertriebenen Photographen und Graphiker Robert Haas. In der ersten umfangreichen Retrospektive präsentiert das Wien Museum 250 Aufnahmen des bislang vergessenen Künstlers.



»Ein Meisterfotograf kehrt zurück«, schrieb die Wiener Presse über die Ausstellung und traf damit den Nagel auf den Kopf. Denn Robert Haas (1898-1997) mußte 1938 über London nach Amerika emigrieren, weil er Jude war. Jahrzehntelang erinnerte man sich in seiner Heimatstadt Wien nicht an das facettenreiche Werk des Sohnes – bis eine Mitarbeiterin des Wien Museums vor zwei Jahren mit den beiden in den USA lebenden Töchtern sprach. Im Rahmen von Recherchen zu der ebenfalls zur Emigration gezwungenen Wiener Photographin Trude Fleischmann, sprach sie auch mit den beiden Frauen, die dem Museum in der Folge den Nachlaß von Robert Haas übergaben. Nicht nur hunderte von Photos konnten so für die Nachwelt gerettet und erstmalig wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Auch hatten die Töchter mit ihrem Vater stundenlange Gespräche geführt als Bausteine einer Biographie, deren Tonbänder sie ebenfalls dem Museum übergaben.

 

 

Robert Haas, Hotel de l’Europe, Salzburg 1935
© Wien Museum/Sammlung Robert Haas

 

 

Im Gegensatz zu der drei Jahre älteren Trude Fleischmann, die zeitweilig Haas‘ Photo-Lehrerin gewesen war, gelang es diesem nicht, als Photograph in den USA zu reüssieren. Das ist bedauerlich, betrachtet man heute dessen Werk der Zwischenkriegszeit. Portraits von Künstlern, Street Art, Szenen des US-Alltags oder Millieustudien sprechen eine eigene Sprache und zeugen vom enigmatischen Blick ihres Schöpfers. Beeindruckend auch die Architekturstudien der Hochhäuser Manhattans. Hier suchte der Österreicher einen ungewohnten Blickwinkel, der eher dem des menschlichen Auges ähnelt als der bis dato üblichen Architektur-Photographie.

 

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte sich Robert Haas verstärkt auf Portrait-Serien. Eine Bekannte war mit Albert Einstein befreundet. Bei ihr ließ Haas sich erkundigen, ob der sich portraitieren lassen würde. Dazu kam es dann 1945. Als Einstein die Photos sah, soll er zu dem Photographen gesagt haben: »Sie sind ein Künstler!« Als Haas dies bescheiden verneinte und gesagt hätte, er wüßte nur, wann der Knopf zu drücken sei, habe Einstein ihn gefragt, woher er komme. Als er geantwortet hätte, aus Wien, hätte Einstein gesagt: »Alle Wiener sind Künstler!«



Die Ausstellung wird begleitet von einem empfehlenswerten und sammelwürdigen Katalogbuch aus dem Hatje Cantz Verlag. Es dokumentiert die ausgestellten Photoarbeiten und läßt den 20 Jahre nach seinem Tode geehrten zum ersten Mal in seinem gesamten Wirken faßbar werden.

 

 

Das Wien Museum hat mit dieser Schau eine Lücke in der österreichisch-amerikanischen Photographie-Geschichte geschlossen.

 

 

Robert Haas, Selbstportrait mit Rolleiflex, Wien 1935
© Wien Museum/Sammlung Robert Haas

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2017

 

 

 

Wien Museum Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz 8
Dienstag bis Sonntag & Feiertag, 10 bis 18 Uhr.