Edvard Munch, Selbstbildnis (mit Totenhand), 1895
Staatsgalerie Stuttgart
© The Munch Museum / The Munch Ellingsen Group / VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Edvar Munch in Stuttgart. Vom ersten Kuss bis un den Tod.
Ausstellung bis 6. Oktober 2013.
Katalog im Hirmer Verlag 2013, 120 Seiten mit 75 Farbabbildungen, gebunden, 29,90 Euro.
Norwegen feiert dieses Jahr den 150. Geburtstag seines vielleicht größten – in jedem Fall aber bekanntesten Künstlers: Der Maler Edvard Munch wurde am 12. Dezember 1863 in Adalsbruk geboren. König Harald eröffnete die umfangreichen Jubiläumsfeierlichkeiten stilgemäß mit einem Festakt im Rathaus von Oslo. Und die Königin eröffnete gerade die größte Munch-Ausstellung, die es jemals zu sehen gab im Nationalmuseum und im Munch Museum.
Auch die Staatsgalerie Stuttgart hat eine Munch-Tradition. Der fast 60-jährige Munch kam auf Anregung des Direktors des Kunsthauses Zürich im August 1923 zum ersten Mal nach Stuttgart. Er besuchte das Museum der Bildenden Künste, die heutige Staatsgalerie Stuttgart. Im folgenden Jahr fand eine erste Ausstellung mit Graphiken Munchs in Stuttgart statt. Die verschiedenen Direktoren waren sehr bemüht, vom Norweger Graphiken und Bilder zu erwerben. Zwischen 1927 und 1933 erwarb Theodor Musper fünf Blätter von Munch. Weitere Ankäufe konnten erst ab 1948 erfolgen. Die Nazis hatten den skandalumwitterten Maler auf ihre Liste der ‚Entarteten Kunst‘ gesetzt.
Nun zeigt die Staatsgalerie Stuttgart in einer hochkarätigen Ausstellung bis zum 6. Oktober 2013 einen Großteil der insgesamt 65 Werke, die sie besitzt. Unter dem Titel Edvard Munch in Stuttgart. Vom ersten Kuss bis in den Tod ist auch ein weltweit einmaliger Abzug des ursprünglich »Geschrei« genannten Bildes »Der Schrei« auf violettem Papier zu sehen. Die letzte Version dieses Motivs ist im vergangenen Jahr in New York für fast 120 Millionen Dollar (rund 90 Millionen Euro) versteigert worden. Auf der Rückseite des Blattes hat der Vorbesitzer, ein Kaffeeunternehmer, Tagebuchnotizen Munchs geschrieben. »Ich stand da, zitternd vor Angst und ich fühlte, wie ein langer unendlicher Schrei durch die Natur ging.«
Edvard Munch, Geschrei, 1895
Staatsgalerie Stuttgart
© The Munch Museum / The Munch Ellingsen Group / VG Bild-Kunst, Bonn 2012
So steht die Ausstellung unter dem Motto des Lebensthemas des Künstlers, der stets suchte, Seelenzustände des Menschen ins Bild zu transformieren. Sinnliche und emotionale Erfahrungen und Ausnahmezustände wollte er festhalten. In seinem Werk finden sich von insgesamt etwa 2.000 Graphiken, Bildern und Lithographien immer wieder die Motive von Angst, Nähe, Einsamkeit, Sinnlichkeit und Suizid.
Empfehlenswert ist für die Besucher das schön gestaltete Katalogbuch, das sämtliche ausgestellten Werke farbig und in hoher Druckqualität präsentiert. Eine Erläuterung gibt Hintergründe zum jeweiligen Werk und dessen Entstehungs-Kontext.
Ausstellung wie Katalog wollen dem Ausnahmekünstler möglichst nahekommen und sein Werk quasi aus seiner Seele ableiten. Munch selbst sagte einmal: »Wenn ich dasselbe Motiv verwendet habe, dann ausschließlich aus künstlerischen Gesichtspunkten und um mich in das Motiv zu vertiefen.« Diese Entschuldigung für seine häufigen Wiederholungen zeigen vom Seelenzustand des heute berühmtesten Norwegers. – Er zweifelte an vielem und hatte zugleich die Größe, den gesamten Kunstbetrieb um 1900 zu skandalisieren.
Seiner Verbindung von Melancholie und Experimentierfreude verdankt sich ein einzigartiges Œuvre.
Edvard Munch, Der Kuss, 1895
Staatsgalerie Stuttgart
© The Munch Museum / The Munch Ellingsen Group / VG Bild-Kunst, Bonn 2012