Eva-Maria Fahrner-Tutsek – Havana

Calle San Ignacio, La Habana Vieja
© Eva-Maria Fahrner-Tutsek

 

 

 

Eva-Maria Fahrner-Tutsek:
Havana – Short Shadows
164 Seiten mit 60 Farb-Abbildungen,
mit Essays von Michael Freeman und Leonardo Padura,
Hirmer Verlag, München 2018, 29,90 € (D).

 

 

 

 

Die kubanische Hauptstadt Havanna bildet ein eigenes Genre innerhalb der immer stärker gesammelten Photo-Bücher. Stehen bei den meisten die verfallenden Villen oder US-amerikanischen Straßenkreuzer der 1950er Jahre im Mittelpunkt, widmet sich die Münchnerin Eva-Maria Fahrner-Tutsek den Menschen.

 

 

 

Seit vielen Jahren bedienen Photo-Bücher über Kuba und noch spezieller über die kubanische Hauptstadt Havanna eine Sehnsucht. Die Mischung aus architektonischer Morbidität durch die zerfallenden aristokratischen Villen und einer postrevolutionären Atmosphäre beflügeln die Sehnsuchts-Phantasien der west-europäischen Konsumenten-Gesellschaften.

 

 

 

 

Calle Benazza, La Habana Vieja
© Eva-Maria Fahrner-Tutsek

 

 

 

 

In den vergangenen Jahren sind dennoch gelungene Photo-Bücher unterschiedlicher Colour erschienen. Havanna hat aufgrund seiner Geschichte und Armut seinen ganz eigenen Reiz. Bernhard Hartmann zeigt in seinem großformatigen Havana diese sehr individuelle Stadt in ungewohnten Ansichten, die keineswegs abgedroschen sind. Elliott Erwitts Cuba ist schon allein deshalb besonders, weil der 1928 geborene berühmte Photograph der Agentur Magnum im Jahre 1964 auf Einladung von Fidel Castro eine Woche auf Kuba verbrachte. Seine ikonographischen Aufnahmen prägen bis heute unser Bild des karibischen Inselstaates.

 

 

 

Eva-Maria Fahrner-Tutsek wählt in ihrem Photo-Buch Havana – Short Shadows einen anderen Blick: Sie portraitiert die Menschen. Ein Zwiegespräch bei geöffneter Wohnungstür. Eine Mutter sitzt auf einem Stuhl an der Treppe ihres völlig baufälligen Hauses und spricht mit ihrer Tochter, Kinder balgen sorgenlos auf der Straße und immer wieder die Bewohner der kubanischen Hauptstadt – wie zufällig abgelichtet – bei ihren Alltags-Besorgungen.

 

 

 

 

 

Calle Concordia, Centro Havana, Cuba
© Eva-Maria Fahrner-Tutsek

 

 

 

 

Dazu stellt die 1952 in Hamburg geborene Weltreisende und Photographin den Prado oder ein menschenleeres  Klassenzimmer des Kubanischen National-Balletts. So ergibt sich ein eindrückliches Bild des aktuellen Kuba. Einem Staat, der sechs Jahrzehnte nach der siegreichen Revolution und zwei Jahre nach dem Tod des noch heute allgegenwärtigen Fidel Castro nach seinem Weg sucht zwischen den beiden Polen, die Errungenschaften der sozialistischen Revolution zu retten und gleichzeitig sich dem Kapitalismus zu öffnen.

 

 

 

Das auch gestalterisch gelungene Buch ergänzt die sublimen Photographien von Eva-Maria Fahrner-Tutsek durch Essays von Michael Freeman zu den Kuba-Photos und von Leonardo Padura, einem der erfolgreichsten kubanischen Schriftsteller.

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2018