Ein Interview mit John Cage

Klein und subversiv:
Das Buch mit dem Interview von Thomas Wulffen mit John Cage
© Verlag für moderne Kunst Nürnberg 2012

 

 

John Cage, Thomas Wulffen, Rrose to the Occasion. Eine Veröffentlichung der Kunsthalle Marcel Duchamp.
Deutsch/ Englisch/ Französisch, Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2012,  20 Euro.

 

Am 8. September 1984 gab der berühmte Musik-Anarchist John Cage (1912-1992) ein Konzert in der Berliner Akademie der Künste. Thomas Wulffen, damals 30 Jahre alt und an Person und Werk des Avantgardisten interessiert, arbeitete für den Berliner Tagesspiegel als Kulturredakteur, fuhr aber ohne Auftrag in den Tiergarten: »Ich wollte mit diesem ungewöhnlichen Komponisten und Künstler unbedingt sprechen, um herauszufinden, was ihn tatsächlich zu seinem konsequenten Werk befähigte«, schreibt Wulffen, der heute als Kunstkritiker und Kurator tätig ist.

Das lesenswerte Interview ist nun erstmals veröffentlicht worden: »RRose to the Occasion. Ein Gespräch« ist der Titel des kleinen Buches in der Reihe der Kunsthalle Marcel Duchamp.

Als Tenor über dem Gespräch könnte die Aussage von John Cage stehen, die er darin macht: »Joyce sagte: ‚Wahrhaftig zu sein, heißt, in Mysterien eingebunden zu sein und nicht in Verstehen.«

Der 1912 in Los Angeles geborene John Cage entpuppte sich schnell als Ausnahmetalent. Mit 19 Jahren veröffentlichte er seine erste Komposition. 1949 erhielt er ein Stipendium der Guggenheim-Stiftung. Sein Kunstverständnis war nie nur auf Musik oder nur auf Poesie bezogen. Er bestritt jedwede Trennungslinien. Er experimentierte mit geschriebener Sprache, indem er die technischen Mittel von Computern in seinen Prozess der Gliederung der Worte integrierte. Ähnlich wie die Surrealisten einige Jahrzehnte zuvor, versuchte er durch Zuhilfenahme technischer Mittel, Zufälle bei der Ordnung der Sprache zuzulassen.

In der Musik sprengte er bisherige Rahmen: Sein Klavierkonzert aus dem Jahr 1957 beruht auf Zufallsoperationen. Der Komponist überlässt auf 63 Blättern dem Interpreten viele musikalische Details, darunter die Wahl der Klangerzeugung, der Dynamik und er Tonhöhe. John Cage: »Es interessiert mich nicht, Musik zu schreiben, bei welcher ich das Ergebnis von vornherein kenne.«

Eine schöne Ergänzung der bisherigen kleinen und feinen Reihe der Kunsthalle Marcel Duchamp ist dies intelligente Gespräch, fühlte sich doch der US-amerikanische Klangtüftler der Position seines französischen Vorfahren verpflichtet: Das Kunstwerk werde vom Betrachter/Hörer erst vervollständigt.

John Cage sagte über sich: »I have nothing to say and I’m saying it.«