Andy Warhol – 1950s Drawings

Andy Warhol, no Title (Dead Stop), c. 1954
ink and graphite on paper, 45,3 x 40,9 cm
Courtesy of Daniel Blau Munich/London
© Andy Warhol Foundation for the Visual Art Inc.

 

 

Andy Warhol, From Silverpoint to Silver Screen. 1950s Paintings.
Ausstellung
Louisiana Museum of Modern Art, Dänemark noch bis 21. Februar 2013.
Katalog hrsg. von Daniel Blau, Hirmer Verlag, München 2012, Deutsch/Englisch, 284 Seiten, gedruckt auf LuxoArt samt New, geb. mit Schutzumschlag, 39,90 Euro.

 

Dieser Fund gleicht einer Sensation: Oft werden diese Worte im überdrehten Kunstmarkt gebraucht. Hier dürften sie stimmen. Die frühen Zeichnungen von Andy Warhol.

 

Daniel Blau sitzt nicht zum ersten Mal in dem großen, kalten Vorführraum der Andy Warhol Foundation. Der Klappstuhl ist unbequem, und der riesige Metalltisch vor ihm strahlt Kälte ab. Die Zeichnungen, die man dem Münchner Kunsthändler zuvor präsentiert hat, waren nur noch Restbestände. Vieles ist inzwischen verkauft worden und öffentlich gezeigt. »Gibt es nicht vielleicht noch Früheres, etwas mit Kindern oder kommunistischen Demonstrationen«, fragt er beinahe flehentlich Vincent Fremont, der zwischen der Stiftung und den Händlern vermittelt.

 

Was nun – nach und nach – vor ihm ausgebreitet wird, verschlägt ihm die Sprache. Es sind Dutzende von Bogen mit frühen, sehr einfachen und konzentrierten Zeichnungen Warhols aus den 1950er Jahren. Dass diese für das Verstehen des wohl einflussreichsten Künstlers der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so bedeutenden Werke bislang unbehelligt dahinschlummern konnten, ist einem einfachen Umstand geschuldet: In den 1990er Jahren wurde Warhols letzter Nachlass registriert. Und alles wurde zwei Kategorien zugeordnet. »Kunst zum Verkauf« oder »Archivmaterial« waren die beiden einzigen Möglichkeiten. Die nun in Dänemark erstmalig gezeigten 200 Zeichnungen wurden als Archivmaterial eingeordnet – und landeten in Metallschubladen.

 

Diese Skizzen. Proben, Studien werden noch zu vielen Forschungen und Interpretationen Anlass geben. Interessant ist, dass die Pop-Ikone bereits in dieser frühen Phase – etwa 10 Jahre vor den ersten Siebdrucken – mit der Serie als Stilmittel arbeitet. So sind die Zeichnungen nicht einfach mit der Hand produziert. Vielmehr machte Andy Warhol von der noch frischen Darstellung einen Abdruck auf ein angehängtes zweites Blatt. Wenn man so will, ein früher Vorläufer seiner später zur kapitalistischen Perfektion entwickelten Serien-Produktion des Siebdrucks.

 

Die Ausstellung im dänischen Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk zeigt aus dem Gesamtschatz etwa 200 Arbeiten. Viele finden sich auf mehreren Papierblättern, die wieder zusammengefügt werden mussten. Mache entstanden auf Zeichenblöcken, wo sie von Warhol unachtsam herausgerissen wurden, so dass teilweise Ecken des Blattes fehlen. Den meisten dieser Zeichnungen lagen Photographien zugrunde von Edward Wallowitch. Heute nennt man sie street photography. Es finden sich schon die Motive, mit denen der Pop-Art-Künstler später so berühmt wurde und die allgemein mit ihm verbunden werden: Ein junger Mann in James Dean-Pose und charismatische Gesichter im Portrait.

 

Diese frühen Zeichnungen Warhols zeugen zugleich von Flüchtigkeit und Konzentration. Man kann spätere Szenen aus seinen Filmen erkennen. Man kann das Getriebensein eines Graphikers studieren, der gerade nach New York gekommen war, um die große Welt zu entdecken – und zu erobern. So sucht er gleichzeitig ausdrucksstarke Szenen gestalterisch zu bändigen, einzufangen, wie auch scheinbar möglichst effektiv darzustellen. Möglichst wenige Striche sollen genügen. Schnell muss es gehen. Sydney Picasso sieht in ihrem kurzen Beitrag im Katalog auch Warhols Sehnsucht als Ursache der für seine Eile, nun endlich an dem New Yorker Bohème-Leben teilzunehmen.

 

Der Katalog präsentiert alle ausgestellten Zeichnungen auf schwerem mattem Papier. Wenige instruktive Texte ergänzen die sammelwürdige Erstveröffentlichung. Bereits zu Anfang des Jahres 2013 ein Highlight der Kunstbücher!

 

Andy Warhol, no Title (James Dean Look-Alike), c. 1957
ink and graphite on paper
45,9 x 30 cm
Courtesy of Daniel Blau Munich/London
© Andy Warhol Foundation for the Visual Art Inc.

 

 

Andy Warhol, no Title (James Dean Look-Alike), c. 1957
ink and graphite on paper
45,9 x 30 cm
Courtesy of Daniel Blau Munich/London
© Andy Warhol Foundation for the Visual Art Inc.

 

 

 

Andy Warhol – Frühe Zeichnungen

Humlebæk, Louisiana Museum of Modern Art Dänemark, noch bis 21. Februar 2013.
2. Juni bis 1. September  2013 Teylers Museum, Haarlem, Niederlande
15. September bis 15. November 2013 Staatliche Graphische Sammlung München.