Eugène Vernier

Eugène Vernier, Tania Mallet, Tourettes-sur-Loup, Vogue Juli 1960
© Eugène Vernier/Vogue © The Condé Nast Publications Ltd.

 

 

Vernier – Fashion, Femininity & Form. Edited by Alistair C. Layzell, 220 pages with 115 photographs, Hirmer Publishers 2012, 49,90 Euro.

 

Eugène Vernier war einer der bedeutendsten Mode-Photographen der 1950er- und 1960er-Jahre. Er kreierte einen völlig eigenen Stil. Selbst war er äußerst bescheiden und sah sich eher als Handwerker, der die Aufgabe habe, die Mode möglichst gut zur Geltung zu bringen. Ein ästhetischer Photoband erinnert nun an den großen Photographen.

Der Verleger von Vogue, Condé Nast, war stets auf der Suche nach den besten Photographen seiner Zeit. Dabei war ihm nicht wichtig, ob sie bereits Mode photographiert hatten oder für Zeitschriften gearbeitet. Im Jahr 1953 wurde der Verleger auf Eugène Vernier aufmerksam. Und der anspruchsvolle und kreative Zeitschriftenmacher hatte sich nicht geirrt: ‚Gene‘, wie Vernier von Weggefährten genannt wurde, erzählte dann in einem einzigen Bild jeweils eine ganze Geschichte. Model und Mode zusammen sind eingebettet in eine Umgebung. Hier gehört die Kleidung hin, spürt der Betrachter unterbewusst. Die Kompositionen sind so liebevoll arrangiert, dass sie quasi eigene Kunstwerke ergeben.

Vernier gab von sich selbst nicht gern etwas preis. Eine Mischung aus Anmut und Bescheidenheit. So machte er aus seiner Herkunft ein kleines Geheimnis. Er behauptete, 1920 in Südfrankreich geboren zu sein. Jedoch geht aus verschiedenen Dokumenten hervor, dass er in Biesdorf bei Berlin zur Welt gekommen war und deutsch-polnische Wurzeln hatte. Im Zweiten Weltkrieg tat er Dienst bei der französischen Armee,  wo er über einen Vorgesetzten zur Photographie gelangte. Nach dem Krieg wurde er für zwei Jahre Korrespondent der britischen Nachrichtensendung Pathé News. Alle seine Beiträge sind heute auf der Website von Pathé zu sehen. Zur Mode-Photographie kam Vernier durch seine Ehefrau Mollie, einem Photomodel.

Dieses Buch war überfällig: Noch kurz vor seinem Tod am 21. Dezember 2011 stellte Eugène Vernier 100 seiner besten Photos zusammen. Sie erscheinen nun unter dem Titel Eugène Vernier – fashion, femininity & form im Münchner Hirmer Verlag. Ergänzt werden die eindrucksvollen Mode-Aufnahmen durch verschiedene Text-Beiträge von Weggefährten, die die herausragende Rolle des Photographen erläutern. Eine reich bebilderte Biographie von Allistair C. Layzell lässt Leben und Werk von Vernier anschaulich werden. Alle Texte sind in Englisch.

Dass Vernier einen völlig anderen Zugang zur Mode-Photographie hatte, davon ist Tania Mallet, ein Model, mit dem er häufig zusammenarbeitete, überzeugt. Bekannt wurde sie als Bond-Girl in dem Film Goldfinger von 1964:
»Er verband die Photoreportage mit der Mode, und so entstand ein neuer Look. Er nahm nicht nur die Kleider auf, er photographierte das Mädchen, das die Kleider trug, und sie selbst, wie sie mit ihrer Umgebung in Verbindung trat. Das Model stand nicht mehr in einer Pose vor einem Hintergrund, es wurde vielmehr selbst Teil der Szenerie.«

Der ästhetische Photo-Band zeigt bedeutende Schwarz-Weiß-Aufnahmen für die britische Vogue aus den Jahren 1954 bis 1967. Ergänzt werden sie durch einige späte Farbphotos ab dem Ende der 1960er-Jahre. Sind diese in der originalen Erstveröffentlichung längst vergilbt, so kann der an der Mode(-Photographie) Interessierte sie sich nun auf 170-Gramm-Papier wieder anschauen und genießen. Die profunden Text-Beiträge machen das Buch auch für Mitarbeiter der Modebranche interessant.

Matthias Pierre Lubinsky