Ob Sebastian Horsley tatsächlich zum Dandy genügt, sei dahingestellt. Immerhin wird er von den meisten Medien als solcher betitelt – was natürlich nix zu sagen hat. Bezeichnend für die deutschen Printmedien jedenfalls: Focus und Süddeutsche Zeitung bringen die identische dpa-Geschichte über die erste Präsentation seines Dandy in der Unterwelt-Buches in Deutschland. Zu Anfang traute sich der postmoderne Punk (wie wir ihn lieber nennen) nur in die Provinz, – nach Mainz:
„Seine extravagante Erscheinung – überdimensionaler Zylinder, Gehrock und rot lackierte Fingernägel – war schon im Foyer zu bestaunen“ schreibt die Nachrichtenagentur. „Nur wenige Zeilen las er bei der als Lesung angekündigten Veranstaltung tatsächlich aus seinem erstmals übersetzten Buch. An dem bereitgestellten Tisch, an dem vorab der Schauspieler Thomas Prazak ein Kapitel der deutschen Fassung vorgetragen hatte, nahm er keine Sekunde Platz. Stattdessen stolzierte er unentwegt durch den Raum und lieferte eine gut einstündige Performance und Lehrstunde in Sachen Dandytum voller Weisheiten und Frechheiten. Der Dandy, den der Millionärs- und Alkoholikersohn sowie selbst ernannte Nachfolger von Vorbildern wie Oscar Wilde und Arthur Rimbaud gibt, ist provokant, geistreich, witzig, arrogant, vulgär, pointiert, zynisch, selbstherrlich und vor allem niemals politisch korrekt. ‚Wenn ich irgendjemanden hier bis jetzt noch nicht beleidigt habe, tut es mir leid‘, meinte er nach seinem Eingangsmonolog, bei dem er schon mal die Zunge rausstreckte und den Mittelfinger zeigte.“
Interessant, dass dpa diese Verhaltensweisen für „geistreich“ hält. Aber der Nachrichtenlieferant widerpricht sich weiter in flockoiger Sprache: „Natürlich beleidigt ein Dandy niemals so, dass man ihm ernsthaft böse sein könnte, sondern immer mit einem charmanten Augenzwinkern. ‚Diese Bastarde haben mein eigentliches Vorwort zensiert‘, schimpfte er und zeigte auf die ihn begleitende Pressesprecherin seines Verlags um dann genau jenes Vorwort vorzutragen. Genüsslich schilderte Horsley seine Erlebnisse beim vergeblichen Einreiseversuch in die USA (…) Der Lebemann kokettierte, dass er gar nicht verstehe, warum Leute 20 Euro für sein Buch ausgeben, wo sie doch für weniger Geld Sex mit ihm haben könnten. (Etwa auch mit dpa?) Auch mit so ziemlich allen Drogen inklusive Crack und Heroin kennt sich Horsley aus eigener, im Buch sehr drastisch geschilderter Erfahrung bestens aus, bereut aber nichts: ‚Nicht die Drogen sind das Problem, sondern das Leben. Drogen sind die Lösung.‘ Bei allen Provokationen und Unverschämtheiten ist der in manchen Momenten verletzlich erscheinende Akteur auch fähig zur Selbstironie…“ ‚In Wirklichkeit bin ich gar kein Schriftsteller. Ich habe sogar ein Buch als Beweis“, schloss Horsley seinen Auftritt und lüftete das Geheimnis, das längst keines mehr war: ‚In Wirklichkeit bin ich ein Performer.!'“
http://www.badische-zeitung.de/dpa-panorama/exzentrischer-dandy-sebastian-horsley-liest
http://www.wz-newsline.de/?redid=558738