Hein Gorny, Ohne Titel (Krägen), 1928
Hein Gorny, Spectrum Photogalerie Hannover, 1972
Ausstellung in der Collection Regard, Berlin noch bis 14. Dezember 2012.
Katalog in der Collection Regard/ Marc Barbey, 48 Seiten, 19,80 Euro.
Die Collection Regard präsentiert im Rahmen des 5. Europäischen Monats der Fotografie Berlin ein photographie-historisches Highlight: 40 Jahre nach einer legendären Ausstellung von Hein Gorny (1904 – 1967) in Hannover zeigt Marc Barbey nun quasi eine Ausstellung zur Ausstellung. Schau und Katalog sind sehr gelungen.
Die spectrum Photogalerie Hannover war ein ambitioniertes Projekt von Heinrich Riebesehl und einigen anderen Photo-Enthusiasten. 1971 gründeten sie die Gesellschaft zur Förderung der Photographie. Deren Ziel war es, »einer breiten Öffentlichkeit in Hannover historische und zeitgenössische Tendenzen der Photographie« nahezubringen. Dazu gehörte damals auch, die Ausstellungsmöglichkeiten zu vergrößern, die für dieses Medium noch sehr begrenzt waren. Ihre erste Ausstellung widmeten sie dem Photographen Hein Gorny, der fünf Jahre zuvor verstorben war.
Gorny gehörte der Hannoverschen Avantgarde an, zu der Theodor Lessing, Erich Maria Remarque, Kurt Schwitters und der Verleger Paul Steegemann zählten. Gorny hatte das Glück, in Hannover auf einen aufgeschlossenen Zeitgeist zu treffen. So konnte er nach dem Ersten Weltkrieg für Bahlsens Keksfabrik und die Pelikan-Werke umfangreiche Werbephotographie produzieren. 1927 lernte er Albert-Renger Patzsch kennen, dessen Stil einer Neuen Sachlichkeit ihn beeinflusste. 1935 kaufte Gorny mit seiner Frau zunächst ein Photostudio in Berlin, da das Klima in Hannover für Avantgardisten sehr rau geworden war. Drei Jahre später emigrierten die Gornys in die USA. Jedoch bekam seine Frau keine Aufenthaltsgenehmigung. Während des Krieges sicherte sich Gorny seinen Lebensunterhalt durch Photos für Buchillustrationen.
Ähnlich der spectrum Photographie Hannover ist auch die Collection Regard ein ambitioniertes Projekt, dem es um die Photographie geht, genauer der (Wieder-)Entdeckung von bedeutenden Photographen, deren Einfluss in Vergessenheit zu geraten droht. Marc Barbey sagt zu seiner Motivation: »Ich möchte einen Ort des Dialogs und der fokussierten Auseinandersetzung mit Photographie schaffen, an den man gerne mehr als einmal zurückkehrt. Berlin ist für die Präsentation meiner Sammlung prädestiniert. Hier ist Geschichte, aber auch die rasante Entwicklung unserer Gesellschaft stets gleichzeitig präsent. In diesem Spannungsfeld möchte ich mit anderen Kunst- und Photographie-Begeisterten in Kontakt treten.« Die Ausstellung von Hein Gorny wird als Hommage an den Photokünstler verstanden, dessen Nachlass man verwaltet.
Für die Hein Gorny-Retrospektive haben die Ausstellungsmacher das Archiv des Photographen ausgewertet. So wurde es erstmals möglich, vorhandene Abzüge mit den bislang als verschollen geglaubten Vintage-Prints der 1972er Ausstellung zu vergleichen.
Ein besonderer Leckerbissen für Photo-Interessierte ist der Ausstellungs-Katalog, der gestalterisch an den Katalog der damaligen Schau angelehnt ist. Ein instruktiver Text führt in Leben und Werk von Hein Gorny ein. Der Bezug zu Heinrich Riebesehl wird erläutert. Zahlreiche Literaturhinweise lassen auch ein Weiterforschen zu. Drei Dutzend Schwarz-Weiß-Photos werden auf ganzseitigen Tafeln präsentiert. Prädikat: Sammelwürdig.
Zur Ausstellung veranstaltet die Collection Regard ein umfangreiches Begleitprogramm.
Der bibliophile Katalog ist über die Website zu bestellen.
Collection Regard
Steinstraße 12
10119 Berlin
Tel.: (030) 847 11 947
Ausstellung noch bis 14. Dezember 2012.
Geöffnet freitags 14 bis 18 Uhr oder nach vorheriger Vereinbarung.