Max Liebermann – Die Kunstsammlung

Max Liebermann in seinen Atelier am Pariser Paltz vor 1905
Photo: Nicola Perscheid

 

 

Max Liebermann – Die Kunstsammlung.
Hrsg. von Bärbel Hedinger u.a., Hirmer Verlag München 2013, 316 Seiten, 577 Abbildungen, 49,90 Euro.

 

Könnten eine Ausstellung und ein Handbuch aktueller sein? Im vergangenen Jahr war der Fund von über 1.000 Kunstwerken in einer Münchner Privatwohnung die Feuilleton-Sensation schlechthin. Die Entdeckung, die daraus resultierende vollständige Überforderung der deutschen Behörden und die neu entflammte Diskussion, wie mit sogenannter Raubkunst heute verfahren werden sollte, füllten Dutzende von Zeitungsseiten.

 

Nun veranstaltet die Liebermann-Villa am Berliner Wannsee eine Ausstellung, die die private Kunstsammlung von Max Liebermann rekonstruiert. Begleitet wird sie von gleich zwei profunden Katalogen. – Weil sich das Forscherteam zerstritt.

 

Der Katalog Max Liebermann – Die Kunstsammlung aus dem Münchner Hirmer Verlag ist beinahe so etwas wie ein Handbuch, versucht er doch möglichst vollständig die gesamte Kunstsammlung zu rekonstruieren. Auf über 300 Seiten werden nicht nur 268 Stücke aufgelistet und so weit möglich, mit genauer Bezeichnung, Herkunft und Verbleib portraitiert. Die Stärke des schönen Bandes ist die jeweilige Zuordnung von Gemälden, Plastiken und sogar Teppichen zu den Räumen, wo sie einst Liebermanns Wohnung schmückten. Richtiger müsste man von ‚Wohnungen‘ sprechen, denn die Werke befanden sich in der Privatwohnung am Pariser Platz und dem Wochenenddomizil, der Villa am Wannsee, die heute ein Liebermann-Museum ist.

 

Eine zweite Publikation im Berliner Nicolai Verlag berücksichtigt auch die Rückgabeforderungen an bestimmte Werke der umfangreichen Sammlung. Nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten schwante Liebermann, was ihm blühte. Also ließ er die wertvollsten Stücke – Gemälde von Manet, Cézanne und Degas – ins Depot des Kunsthauses Zürich bringen. Liebermann selbst starb 1935 zutiefst frustriert über seine persönliche Lage und die Lage Deutschlands. Er war persönlich isoliert. Und er wusste, dass alles noch viel schlimmer kommen würde. Seine Frau nahm sich 1943, der Deportation zuvorkommend, das Leben.

 

Der Katalog aus dem Hirmer Verlag

 

 

Die SS beschlagnahmte danach umgehend alles, was sich noch in der Wohnung befand. Ein Bild von  Blechen und einen Menzel sandte Hitlers persönliche Schutzstaffel in das österreichische Linz. Hier sollte das »Führermuseum« entstehen. Wie der übrige Teil der Sammlung, verschwand auch der noch verbliebene Rest unter bislang ungeklärten Umständen. Nach dem Kriegsende tauchte manches im Kunsthandel wieder auf. Ein Reiterbild von Liebermann hing Jahrzehnte im Wohnzimmer der Münchner Wohnung.

 

Max Liebermanns Kunstsammlung war die Sammlung eines Liebhabers, eines Connaisseurs. Der Maler begann erst spät zu sammeln, mit Mitte Vierzig. Er schuf jedoch nicht bloß eine abstrakte Sammlung. Vielmehr lebte er mit der Kunst. Liebermann umgab sich regelrecht mit den Werken seiner Vorgänger und Kollegen. Er ließ sich von den Franzosen für sein eigenes Schaffen inspirieren und empfahl deren Werke auf verschiedenen Wegen den Deutschen. Ob in der Berliner Secession oder in Zeitschriften-Beiträgen.

 

Die Herausgeber schreiben im Vorwort des Katalogs, sie wollten die Kunstsammlung Liebermanns wieder eindringlich sichtbar werden lassen. Vielleicht ist es ja langfristig doch nicht nur ein Traum: Welch Vorstellung: Die Sammlung ist in großen Teilen wieder zusammengeführt und steht dem Publikum im Liebermann-Haus am Pariser Platz, Mitten im Herzen Deutschlands, wieder zur Besichtigung offen. In den Räumen, die so original wie möglich rekonstruiert worden sind.