Paul Almásy – Paris
Mit einer Einführung von Ralf Hanselle
144 Seiten mit 117 Schwarz-Weiß-Photographien.
Neuausgabe, teNeues Verlag 2020, 19,90 €.
Paul Almásy gehörte zu den großen Photo-Reportern, die die Stadt Paris in unzähligen Schwarz-Weiß-Aufnahmen festhielten. teNeues veröffentlicht sein grandioses Buch über die europäische Kulturhauptstadt des 20. Jahrhunderts neu.
Paul Almásy (1906-2003) wurde in Budapest geboren und ging mit 17 Jahren zum Studium der Politischen Wissenschaften nach Deutschland und Österreich. Er wurde zunächst Journalist und schrieb Reportagen aus Rom. Um seine Artikel zu illustrieren, begann er 1935 bei einer Südamerika-Reise, Photographien anzufertigen. Dabei war der direkte Anlass dafür eher ein Zufall: Joachim Krack, Photograph der vor dem Zweiten Weltkrieg renommierten Berliner Illustrierten Zeitung, hatte dem talentierten Reporter eine Zusammenarbeit vorgeschlagen, aus der einige Reportagen hervorgingen. Kurz vor einer geplanten gemeinsamen Reise nach Finnland mußte Krack wegen einer Krankheit absagen und schlug seinem schreibenden Kollegen vor, doch selbst die Bilder zu machen. So tat der das dann auch.
Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Almásy für Schweizer Zeitungen Reportagen aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Nach dem Ende der deutschen Besatzung wählte er Paris als Wohnort. Von hier aus unternahm er ausgedehnte Reportage-Reisen in alle Teile der Welt. Beim Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren konnte Almásy von sich behaupten, in fast allen Ländern der Welt gewesen zu sein. In seiner Laufbahn hat der umtriebige Reporter insgesamt 1.560 Reportagen produziert.
Almásys Paris-Photos halten alltägliche Situationen fest. Es sind die Menschen, die den geschulten Reporter interessieren. Dabei gelingen ihm echte Schnappschüsse: So, wie sich ein Junge auf einer Treppe nach einer wartenden Prostituierten umdreht. Oder wie bei der Anlieferung von Käse in Les Halles ein Mitarbeiter auf den riesigen runden Stücken sitzt, als diese auf einem kleinen Wagen transportiert werden.
Neben den berührenden Straßen- und Alltagsszenen sind auch die Portraits von Pariser Persönlichkeiten hervorzuheben. Die Aufnahmen von Alberto Giacometti, Man Ray, André Breton oder Jean Cocteau erinnern an das besondere Paris der 1950er Jahre, das längst untergegangen ist.
Es ist eine Reise zurück in die mystifizierte Vergangenheit der Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, als Paris wieder erwachte. Der Stil von Almásys Photos ist der eines Neugierigen, dabei nicht unfrei von Humor. Nicht zufällig ist man als Betrachter an die Werke von den großen Photographen Kertész und Robert Diosneau erinnert, die ebenfalls ihrem geliebten Paris ein Gros ihres Werkes widmeten.
© Matthias Pierre Lubinsky 2020