Heute vor 189 Jahren wurde der Schriftsteller Charles-Pierre Baudelaire in Paris geboren: am 9. April 1821. Er starb dort am 31. August 1867. Er gilt heute als einer der großen Erneuerer der französischen Literatur im 19. Jahrhundert und bedeutender Theoretiker des Dandytums. Baudelaire selbst lebte materiell verschwenderisch und war sich seiner geistigen Überlegenheit bewusst.
Zur Erinnerung bringen wir einen Auszug aus dem Kapitel Der Dandy aus dem Aufsatz Der Maler des modernen Lebens über Constantin Guys, erstmalig erschienen im Figaro in drei Folgen Ende 1863.
DerMann des Reichtums und des Müßiggangs, der, bei aller Blasiertheit, keine andere Beschäftigung hat, als dem Glück nachzujagen; der Mann, der im Luxus aufgewachsen und seit seiner Jugend an den Gehorsam anderer Menschen gewöhnt ist; derjenige endlich, dessen einziger Beruf die Eleganz ist, wird sich stets, zu allen Zeiten, einer ausgeprägten, einer von allen anderen unterschiedenen Physiognomie erfreuen. Der Dandysmus ist eine schwer bestimmbare Einrichtung, ebenso absonderlich wie das Duell; eine sehr alte Einrichtung, denn schom Cäsar, Catilina, Alkibiades liefern uns auffällige Beispiele; sie ist allgemein verbreitet, denn Chateaubriand hat sie in den Wäldern und an dn Seegestaden der Neuen Welt entdeckt. Der Dandysmus, der als Einrichtung außerhalb der Gesetze steht, hat seine eigenen strengen Gesetze, denen all seine Untertanen unerbittlich unterworfen sind, ihr Charakter mag noch so ungestüm und auf Unabhängigkeit bedacht sein (…)
Der Dandysmus besteht nicht einmal, wie viele Personen von geringem Scharfsinn zu glauben scheinen, in einer maßlosen Vorliebe für gutes Aussehen und äußerliche Eleganz. Dergleichen ist dem vollkommenen Dandy lediglich ein symbolischer Ausdruck für die aristokratische Überlegenheit seines Geistes. Darum auch besteht, in seinen Augen, denen es vor allem um Distinktion geht, die Vollkommenheit des Anzugs in der absoluten Einfachheit, die in der Tat immer noch die beste Art ist, sich zu unterscheiden (…)
Der Dandysmus erscheint vor allem in Übergangszeiten, wenn die Demokratie noch nicht allmächtig, wenn die Aristokratie erst ins Wanken geraten ist und ihre Würde noch nicht gänzlich eingebüßt hat. In der Wirrnis dieser Zeiten können einige aus ihrer Bahn geratene, angewiderte, beschäftigungslose Männer, die doch alle reich sind an ursprünglicher Kraft, auf den Gedanken verfallen, eine neue Art von Adelsherrschaft zu gründen, die umso schwerer zu brechen ist, als sie auf den kostbarsten, den unzerstörbarsten Fähigkeiten ruht, und auf den Himmelsgaben, welche Arbeit und Geld nicht zu verleihen vermögen. Der Dandysmus ist das letzte heroische Sichaufbäumen in Zeiten des Verfalls (…)